Kautschukindustrie beklagt Standortnachteile
Angesichts der Nachfrageschwäche und sinkender Produktionszahlen fordert jetzt auch die deutsche Kautschukindustrie die Bundesregierung zum Handeln auf.
Angesichts der jüngsten Wirtschaftsdaten der Branche schlägt jetzt auch der Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (WDK) Alarm. „Der Produktionsrückgang zeigt ganz deutlich, dass außereuropäische Unternehmen mittlerweile zunehmend Marktanteile zulasten der qualitätsorientierten und bürokratiebelasteten heimischen Industrie gewinnen“, erklärte WDK-Präsident Michael Klein anlässlich der Vorstellung der Branchen-Jahresbilanz in Frankfurt am Main. „Deshalb muss die Bundesregierung jetzt handeln! Wir brauchen niedrigere Unternehmenssteuern, wettbewerbsfähige Energiepreise, weniger Bürokratie und endlich eine flächendeckend funktionierende Marktüberwachung.“
Klein verwies bei der Vorstellung der Jahresbilanz auf die Rolle der Kautschukindustrie als Indikator: „Die deutsche Kautschukindustrie ist die mittelständische Referenzbranche in Deutschland. Sowohl nach quantitativen als auch nach qualitativen Kriterien sind ihre Unternehmen in ihrer Gesamtheit ‚typisch‘ für die deutsche mittelständische Wirtschaft. Wenn in unserer Branche Produktion und Beschäftigung in einem nachhaltigen Trend zurückgehen, dann ist das ein Seismograph für die künftige Entwicklung im gesamten industriellen Mittelstand in Deutschland. Und hier sehen unsere Werte alles andere als gut aus.“
Kostenbelastung der Kautschukindustrie auf historisch hohem Niveau
Den vorliegenden konjunkturellen Eckdaten des Jahres 2023 zufolge bleibt die Kostenbelastung der Unternehmen der deutschen Kautschukindustrie trotz sinkender Energie- und Rohstoffpreise auf einem historisch hohen Niveau. Selbst ein Zuwachs des Branchenumsatzes von gut 10 % – bei sinkenden Mengenabsätzen – reicht nicht zur vollständigen Kompensation.
Die Ertragslage in der Branche bleibt nach Angaben von WDK-Chefvolkswirt Michael Berthel überaus angespannt. „Wir liegen im internationalen Vergleich mit unseren externen Kostenbelastungen in Deutschland einfach zu hoch. Und die Folgen für unseren Industriestandort und die Beschäftigung sind dramatisch: Durch Standortverlagerungen ins Ausland verliert allein unsere Branche in den nächsten zwei Jahren fünf Prozent aller Beschäftigten.“ Betroffen sind insbesondere Hersteller von Mobilitätskomponenten.
Die Absatz- und Umsatzzuwächse im Automobilzuliefergeschäft basierten ausschließlich auf einem Basiseffekt. Das Jahr 2022 war demnach von einem historisch schlechten Produktionsvolumen geprägt. Trotz zweistelligem Zuwachs habe auch die Produktion 2023 auf niedrigem Niveau gelegen.
Auch bei non-automotiven technischen Gummiprodukten setze sich die Nachfrageschwäche des Vorjahres fort. „Mittlerweile liegen Absatz und Umsatz unter dem Vorjahr. Baunahe Anwendungen aus Gummi finden angesichts der Krise im Baugewerbe schon seit dem vergangenen Jahr kaum noch Abnehmer“, so Berthel. „Immerhin stabilisieren die dem Verbrauchersegment zuzuordnenden Gummiartikel mit niedrigeren Inflationsraten allmählich Absatz und Umsatz.“
Trotz schwieriger Lage mehr Geld für Forschung und Entwicklung
Für das laufende Jahr erwartet der WDK eine parallele Entwicklung von Um- und Absätzen, die sich bei einer Belebung der Geschäftstätigkeit im Jahresverlauf auf 1 bis 2 % kumulieren könnte. Die Kapazitätsauslastung in der Branche bleibe niedrig und das Investitionsverhalten zurückhaltend. Trotzdem stiegen die Budgets für Forschung und Entwicklung. Zumindest das, so der WDK-Konjunkturexperte, sei ein „Hoffnungsschimmer“. gk
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