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Unternehmen 17. Oktober 2023

Arburg: Optimismus trotz schlechter Auftragslage

Vorsichtig optimistisch war die Arburg-Geschäftsführung zu Fakuma-Beginn – trotz rückläufiger Auftragseingänge und Umsätze sowie anstehender Kurzarbeit.

Die Arburg-Geschäftsführung auf der Pressekonferenz am ersten Tag der Fakuma in guter Stimmung (von links): Guido Frohnhaus, Gerhard Böhm, Jürgen Boll und Michael Hehl.
Die Arburg-Geschäftsführung auf der Pressekonferenz am ersten Tag der Fakuma in guter Stimmung (von links): Guido Frohnhaus, Gerhard Böhm, Jürgen Boll und Michael Hehl.

„Derzeit befinden wir uns aufgrund der deutlich zurückgegangenen Auftragseingänge – wie alle anderen Unternehmen in der Branche auch – in einer herausfordernden Situation“, sagte Jürgen Boll, Arburg-Geschäftsführer Finanzen, Controlling und IT am ersten Tag der Fakuma. „Ein Rückgang bei den Auftragseingängen war schon in der zweiten Jahreshälfte 2022 spürbar. Diese Entwicklung hat sich im Jahr 2023 leider fortgesetzt.“ Stand heute geht Boll davon aus, dass der Maschinenbauer aus Loßburg im Jahr 2023 einen konsolidierten Umsatz von rund 750 Mio. EUR erzielen wird. Dies entspricht einem Minus von 14 % gegenüber dem Vorjahr.

Gerhard Böhm, Geschäftsführer Vertrieb und After Sales, bestätigte, dass die Auftragseingänge aktuell auf einem niedrigen Niveau liegen und dass „eine deutliche, kurzfristige Verbesserung der Situation bislang leider nicht in Sicht“ sei. Als einen der wichtigen Einflussfaktoren identifizierte er den Consumer-Bereich: „Dieser hat in den Jahren 2021/2022 einen extremen Hype erlebt – weit über alle Steigerungsraten aus der Vergangenheit hinaus. Erwartungsgemäß hat sich die Nachfrage nun deutlich abgeschwächt und der Bedarf ist entsprechend zurückgegangen. Das spüren unsere Kunden deutlich – und damit auch wir.“ Zudem mindern laut Böhm die hohen Energiepreise die Investitionsfreude. „Und die Investitionen beschränken sich im Wesentlichen auf neu anlaufende Projekte und unbedingt erforderliche Kapazitätserweiterungen.“

Deutscher Markt aktuell besonders zurückhaltend

Das spiele sich in allen Absatzmärkten wider: „In Deutschland ist man ja bekanntermaßen besonders vorsichtig. Dementsprechend wirkt sich die aktuelle Situation hier besonders stark aus. Ähnlich sieht es in den anderen Ländern in Europa aus – mit Ausnahme von Italien, Polen und der Türkei, die im Vergleich etwas besser dastehen.“ Der asiatische Markt sei ebenfalls schwach. Auch im zuvor sehr stabilen US-Markt gab es für Arburg 2023 einen Rückgang – wenn auch weniger deutlich als in den anderen Ländern. „Zudem scheint hier zumindest eine kleine Erholung in Sicht zu sein“, so Böhm.

Mit Blick auf die Branchen erkennt Böhm keine Unterschiede: „Die Branche Mobility ist immer noch im Wandel und dabei immer noch weit von der bisherigen Größe entfernt – zumindest mit europäischen Augen betrachtet. Auf die Elektronik-/Elektrobranche wirkt sich die angesprochene sinkende Nachfrage im Consumer-Bereich aus. Gleiches gilt für den Packaging-Sektor.“ Der Medical-Markt habe sich nach dem Covid-Boom „beruhigt“ und sei für Arburg damit im Verhältnis zu den anderen Branchen noch „einigermaßen“ dabei. Die Baubranche hingegen leide derzeit unter dem hohen Zinsniveau.

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Schlechte Auftragslage zwingt Arburg zur Kurzarbeit

Boll verriet, dass aktuell aufgrund der schlechten Auftragslage die Zeitkonten der Mitarbeiter abgeschmolzen werden. Ab Anfang Januar wird Arburg dann mit Kurzarbeit beginnen, die man in Stufen hochfahren werde. „Doch es wird nicht für alle Bereiche Kurzarbeit geben“, so Boll. „Wir wollen neue Projekte schließlich weiter vorantreiben.“

Jürgen Boll, Geschäftsführer Finanzen, Controlling und IT: „Ein Rückgang bei den Auftragseingängen war schon in der zweiten Jahreshälfte 2022 spürbar. Diese Entwicklung hat sich im Jahr 2023 leider fortgesetzt.“
Jürgen Boll, Geschäftsführer Finanzen, Controlling und IT: „Ein Rückgang bei den Auftragseingängen war schon in der zweiten Jahreshälfte 2022 spürbar. Diese Entwicklung hat sich im Jahr 2023 leider fortgesetzt.“

„Doch Arburg wäre nicht Arburg, wenn wir trotz des schwierigen Umfelds nicht positiv in die Zukunft blicken würden“, so Boll weiter. Das Unternehmen investiert daher antizyklisch in Technologie, Infrastruktur und Personal. So hat Arburg in den vergangenen 12 Monaten die Personaldecke um 6 % auf 3.800 Mitarbeiter weltweit aufgestockt. Zudem wurde in diesem Jahr wieder stark in Fertigungstechnik, Produktionslogistik und Infrastruktur investiert. Dazu gehören Investitionen in neue Schweißroboter und ein Biegezentrum, in eine neue 3D-Großmessmaschine und einen 3D-Scanner, ein flexibles Fertigungssystem mit fünf neuen Maschinenbearbeitungszentren sowie ein fahrerloses Transportsystem.

CO2-Footprint im Jahr 2022 um 8 % reduziert

Michael Hehl, Geschäftsführender Gesellschafter und Sprecher der Geschäftsführung, betonte, dass Arburg seit 2022 an einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie arbeitet. Die Erfolge können sich sehen lassen: So hat Arburg seinen CO2-Footprint im Jahr 2022 um 8 % reduziert – statt der geforderten 4,7 %. Dazu haben der Ausbau der Photovoltaik-Anlagen, Geothermie und die direkte Nutzung von Windenergie eigener Windräder für die Produktion beigetragen. „In Sachen Photovoltaik sind wir nun aber an unsere Grenzen gestoßen“, so Hehl. „Wir müssten praktisch eine neue Halle bauen, um neue Photovoltaik-Panels installieren zu können. Das kann aber auch nicht im Sinne des Erfinders sein.“ Stolz ist Arburg darauf, in diesem Jahr im Nachhaltigkeitsranking von Ecovadis die Auszeichnung in Gold erhalten zu haben. „Damit gehört Arburg nun zu den besten fünf Prozent der weltweit nachhaltigsten Industrieunternehmen“, sagt Hehl.

Arburg gründet Beirat, um sich für die Zukunft aufzustellen

Michael Hehl, Geschäftsführender Gesellschafter und Sprecher der Geschäftsführung: „Arburg war, ist und bleibt ein unabhängiges Unternehmen in Familienhand. Daher wird es künftig einen Beirat geben, der aus Angehörigen der Gesellschafterfamilien und externen Mitgliedern bestehen wird.“
Michael Hehl, Geschäftsführender Gesellschafter und Sprecher der Geschäftsführung: „Arburg war, ist und bleibt ein unabhängiges Unternehmen in Familienhand. Daher wird es künftig einen Beirat geben, der aus Angehörigen der Gesellschafterfamilien und externen Mitgliedern bestehen wird.“

Hehl blickte auch noch weiter in die Zukunft: „Arburg war, ist und bleibt ein unabhängiges Unternehmen in Familienhand“, stellte er klar. „Um diese Absicht langfristig und nachhaltig abzusichern, stellen wir derzeit die Weichen: Es wird künftig einen Beirat geben, der aus Angehörigen der Gesellschafterfamilien und externen Mitgliedern bestehen wird. Selbstverständlich werden auch weiterhin Gesellschafter als geschäftsführende Gesellschafter in der Geschäftsleitung aktiv sein. Das Gremium befindet sich derzeit in der Entstehungsphase.“ Daher wollte er noch keine Details zu den konkreten Aufgaben des Beirats nennen. Er solle sich aber unter anderem mit der Nachfolge in der Geschäftsführung befassen. Hehl: „Meine Schwester Juliane und ich bleiben weiterhin in der Geschäftsführung, während meine Cousine Renate Keinath bald von Bord gehen wird. Die nächste Generation in unserer Familie steht aber bereits in den Startlöchern.“

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