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Technik 26. Februar 2024

Mikro-Nano-Strukturierung: So haften Polymere besser

Die Haftungseigenschaften von Polymeren lassen sich mit der kombinierten Mikro-Nano-Strukturierung von Werkzeugen deutlich verbessern.

In dieser Rasterelektronenmikroskop-Darstellung ist die hierarchische Struktur einer Polycarbonat-Oberfläche sichtbar. Das Verfahren des Fraunhofer IMWS sorgt für verbesserte Haftungseigenschaften von Polymeren.
In dieser Rasterelektronenmikroskop-Darstellung ist die hierarchische Struktur einer Polycarbonat-Oberfläche sichtbar. Das Verfahren des Fraunhofer IMWS sorgt für verbesserte Haftungseigenschaften von Polymeren.

Ein entsprechendes Verfahren zur signifikanten Verbesserung der Haftungseigenschaften von Polymeren hat das Fraunhofer IMWS entwickelt. Dabei hat sich das Institut mit Sitz in Halle (Saale) von Geckos inspirieren lassen: Wenn ein Gecko die Wände hochklettert, gelingt das durch die große Kontaktfläche der hierarchischen und fibrillären Strukturen seiner Füße mit dem Untergrund. Für die Oberflächen von Polymeren heißt das, dass diese durch Heißprägen in eine hierarchische Struktur gebracht werden. Dabei hat das Fraunhofer IMWS Prägewerkzeuge aus Aluminiumoxid eingesetzt, die zuvor mit einem Laser und durch ein selbstorganisierendes elektrochemisches Verfahren mikro- und nanostrukturiert wurden.

Anwendbar für unterschiedlichste Polymere

Das Verfahren eignet sich für die Strukturierung unterschiedlicher Kunststoffe wie thermoplastische Elastomere (TPE), thermoplastische Polyurethane (TPU), Polycarbonat (PC), Polymethylmethacrylat (PMMA), Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE). Die Prägewerkzeuge aus Aluminiumoxid lassen sich einfach in bestehende Produktionsverfahren der Kunststoffverarbeitung wie Heißprägen oder Spritzgießen integrieren. Das Abformen erfolgt bei hohen Temperaturen und niedrigem Druck. Nach dem Auskühlen unter Belastung erfolgt die Entformung durch Abziehen des Polymermaterials vom Prägewerkzeug.

Haftungseigenschaften um bis zu 85 % erhöht

Um den Prozess zu optimieren, wurden vom Fraunhofer-Team die passenden Verarbeitungstemperaturen auf Basis der durch Differenzialkalorimetrie (DSC) erhaltenen Glasübergangs- und Schmelztemperaturen ermittelt. Die Mikro-/Nanostruktur der Prägewerkzeuge und die damit erzeugte Invers-Struktur der Polymeroberfläche mit feinsten Nanofilamenten wurde mit Rasterelektronenmikroskopie (SEM) untersucht. Auf nassen Oberflächen (Keramik, Glas, Metall) konnte mit der Gecko-Methode eine Erhöhung der Haftkraft um bis zu 85,4 % erreicht werden.

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Die Oberflächenstrukturen lassen sich durch entsprechend gefertigte Werkzeuge individuell und zielgerichtet anpassen, was eine große Bandbreite an Anwendungsmöglichkeiten eröffnet. Naheliegend sind neue Lösungen für die Verpackungsindustrie zur Verbesserung der Haftung von Klebern und Druckfarben auf Folien, ebenso wie neue Ansätze, mit denen sich das Beschlagen von Kunststoffoberflächen verhindern lässt, etwa in der optischen Industrie.

Vorteile auch für die Recyclingfähigkeit

Auch für die Benetzbarkeit, optische Reflexion, Hydrophobie sowie die Recyclingfähigkeit bringt das patentierten Verfahren Vorteile. „Ein großes Plus ist auch, dass wir unterschiedliche Oberflächenstrukturen und damit neue Materialeigenschaften erzielen können, ohne zusätzliche Elemente wie Additive oder Beschichtungen einzubringen. So können die Werkstoffe sortenrein bleiben, was das spätere Recycling erheblich vereinfacht“, sagt Dr. Andrea Friedmann, Gruppenleiterin „Biofunktionale Materialien für Medizin und Umwelt“ am Fraunhofer IMWS. „Auch langwierige und kostspielige Zulassungsverfahren werden vermieden, weil die Mikro-Nano-Strukturierung auf bereits zugelassenen und chemisch nicht veränderten Materialien erfolgt. So können Unternehmen viel Zeit und hohe Kosten bei der Einführung verbesserter Produkte sparen.“ sk

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