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Spritzgießmaschinen 13. März 2023

Composites: Organomelt in der Luftfahrt angekommen

Auf der JEC World 2023 zeigt Engel, dass auch die Luftfahrt das Organomelt-Verfahren für die Herstellung von Composite-Bauteilen in hohen Stückzahlen nutzt.

Auf der JEC World 2023 produziert Engel diese Revisionsklappen für Passagierflugzeuge im Organomelt-Verfahren – eine nachhaltige und kosteneffiziente Thermoplast-Alternative zur bisherigen duroplastischen Lösung mit angeschraubten Aluminiumfrästeilen
Auf der JEC World 2023 produziert Engel diese Revisionsklappen für Passagierflugzeuge im Organomelt-Verfahren – eine nachhaltige und kosteneffiziente Thermoplast-Alternative zur bisherigen duroplastischen Lösung mit angeschraubten Aluminiumfrästeilen

Anhand von Composite-Revisionsklappen für Flugzeuge demonstriert Engel auf der Messe in Paris vom 25. bis 27. April 2023, wie sich mit dem Organomelt-Verfahren eine hohe Produktionseffizienz und Wirtschaftlichkeit mit Nachhaltigkeit vereinen lässt. Im Organomelt Verfahren von Engel werden in einem integrierten Prozessschritt thermoplastische Faserverbund-Halbzeuge – zum Beispiel Organobleche und UD-Tapes – umgeformt und funktionalisiert. Versteifungsrippen oder Montageelemente werden unmittelbar nach dem Umformen im selben Werkzeug mit einem Thermoplast aus der Gruppe des Matrixmaterials des Organoblechs angespritzt.

Thermoplastischer Monomaterialansatz vereinfacht das Recycling

Dies ermöglicht nicht nur einen sehr effizienten und vollständig automatisierten Produktionsprozess, sondern leistet darüber hinaus einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Der konsequent thermoplastische Monomaterialansatz vereinfacht das spätere Recycling der Bauteile.

Auf der JEC World werden live auf einer Victory 660/160 Spritzgießmaschine automatisiert mit einem Easix Knickarmroboter – beides von Engel – Revisionsklappen für den Rumpf von Passagierflugzeugen produziert. Die Produktionszelle umfasst außerdem einen Infrarot (IR) Ofen, der ebenfalls aus der eigenen Entwicklung und Produktion von Engel stammt. Um das breite Einsatzspektrum sowohl im Bereich Flugzeugbau als auch Automobil zu präsentieren, werden während der drei Messetage im Wechsel zwei unterschiedliche Materialsysteme verarbeitet. Zum einen werden Organobleche mit PEEK-Matrix mit einem PEEK umspritzt und zum anderen werden PPA-basierte Organobleche in Kombination mit PPA verarbeitet.

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Integrierte Lösung von Engel für die Composite-Herstellung

Prozessintegration ist der Schlüssel, die Produktionskosten zu senken. Die holmlose Victory Spritzgießmaschine bietet hierfür viel Flexibilität.
Prozessintegration ist der Schlüssel, die Produktionskosten zu senken. Die holmlose Victory Spritzgießmaschine bietet hierfür viel Flexibilität.

Die Organobleche werden im IR-Ofen erwärmt, vom Roboter ins Werkzeug eingelegt, dort umgeformt und unmittelbar umspritzt. Es werden Versteifungsrippen sowie ein Montage-Clip ausgeformt. Das Aufheizen des Organoblechs ist ein zykluszeitbestimmender und zugleich qualitätsrelevanter Prozessschritt. Von der Dicke des Halbzeugs hängen Aufheizdauer und Abkühlzeit ab. Wichtig sind ein schnelles und materialschonendes Aufheizen sowie kurze Wege für den Transport des aufgeheizten Organoblechs zum Formgebungswerkzeug, damit es auf dem Weg dorthin nicht wieder erkaltet und seine Formbarkeit verliert. Hier spielt die holmlose Bauweise der Victory Maschine ihre Stärke aus: Der barrierefreie Zugang zum Werkzeugraum macht es möglich, den IR-Ofen sehr nah am Werkzeug zu platzieren. Zudem kann der Roboter auf kürzestem Weg das Werkzeug erreichen, ohne Störkonturen zu umfahren.

In integrierten Systemlösungen von Engel sind Roboter und IR-Ofen in die CC300 Steuerung der Spritzgießmaschine integriert. Damit lässt sich der Gesamtprozess zentral über das Maschinendisplay bedienen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Spritzgießmaschine, Roboter und IR-Ofen auf eine gemeinsame Datenbasis zugreifen und ihre Abläufe aufeinander abstimmen. In vielen Anwendungen reduziert das die Zykluszeit.

Großes Potenzial in allen Bereichen der Mobilität

Entwickelt für die effiziente Großserienproduktion, hat sich das Organomelt-Verfahren in der Automobilindustrie schnell etabliert, erfährt aber auch aus anderen Bereichen großes Interesse. „Wir bekommen zunehmend Anfragen aus der Luftfahrtindustrie“, berichtet Christian Wolfsberger, Business Development Manager Composite Technologies von Engel. „In der Luftfahrtindustrie werden duroplastische Materialien immer häufiger durch Thermoplaste substituiert.“ Die Revisionsdeckel für den Flugzeugrumpf sind dafür das beste Beispiel. Sie werden bislang als duroplastisches Sandwichbauteil mit aufgeschraubten Aluminium-Frästeilen produziert. Wo üblicherweise verschiedene Materialsysteme und mehrere voneinander unabhängige Produktionsschritte erforderlich sind, braucht Organomelt nur eine einzige integrierte Produktionszelle.

Treiber dieser Entwicklung sind unter anderem der Kostendruck und die Nachhaltigkeitsziele. Der konsequent thermoplastische Materialansatz ermöglicht ein hohes Maß an Prozessintegration für eine sehr einfache Funktionalisierung der Bauteile, was den Zeitaufwand, den Rohmaterialeinsatz und den Energiebedarf reduziert.

Engel präsentiert die Herstellung der Revisionsklappen auf der JEC World 2023 gemeinsam mit seinem Kunden, dem Aerospace-Zulieferer Facc. Weitere Projektpartner sind Ensinger, Victrex und Kuraray für die Rohmaterialien sowie Neue Materialien Fürth in Deutschland für die Bauteilauslegung und Simulation.

Niedrigere Arbeitskosten durch Organomelt

Ebenfalls im Organomelt-Verfahren produziert: Die Composite-Frontend-Modulträger der neuen Elektrofahrzeuge Air von Lucid Motors.
Ebenfalls im Organomelt-Verfahren produziert: Die Composite-Frontend-Modulträger der neuen Elektrofahrzeuge Air von Lucid Motors.

In einem Expert Corner zeigt Engel zudem eine Automobilanwendungen mit Organomelt: Präsentiert wird unter anderem der mit einem SPE-Award ausgezeichnete Frontend-Modulträger von Lucid Motors. Das Bauteil wird vom Automobilzulieferer Elring Klinger im Organomelt-Verfahren in Serie produziert. Der Frontend-Modulträger fungiert je nach Fahrzeugtyp als Träger für den Ladeluftkühler, die Scheinwerfermodule, den Spritzwasserbehälter, das Signalhorn, das Abstandsradar-Modul oder die Luftansaugung. Darüber hinaus stützt er die Motorhaube durch die Anbindung von Haubenschlössern ab.

Elring Klinger ist es trotz insgesamt 37 Einlegeteilen gelungen, die Anzahl der Vor- und Nachbearbeitungsschritte sowie die Kosten zu minimieren. Durch die extrem hohe Funktionsintegration in den Spritzgießprozess entsteht ein geringerer Montageaufwand und dadurch bedingt niedrigere Arbeitskosten. Anwendung findet der Frontend-Modulträger im ersten elektrischen Fahrzeugmodell „Air“ des US-Automobilherstellers Lucid Motors. sk

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