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Leichtbau 23. Januar 2023

Beim Composite-Recycling ist noch viel zu tun

Die Composites-Recycling-Studie 2023 der AVK beleuchtet den Markt und die Möglichkeiten der Composites, deckt aber auch Handlungsbedarf beim Recycling auf.

Die vielfältigen möglichen Kombinationen von Verstärkungsfasern und Kunststoffmatrices in Composites – hier im Bild verschiedene CFK-Bauteile – decken eine breite Palette an Materialeigenschaften ab, stellen jedoch eine große Herausforderung für das Recycling dar.
Die vielfältigen möglichen Kombinationen von Verstärkungsfasern und Kunststoffmatrices in Composites – hier im Bild verschiedene CFK-Bauteile – decken eine breite Palette an Materialeigenschaften ab, stellen jedoch eine große Herausforderung für das Recycling dar.

Wo Composites heute eingesetzt werden, aber auch wo wieviel Composite-Abfall entsteht und was mit diesem Abfall passiert, hat die AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e. V. gemeinsam mit dem IKK, Institut für Kunststoff und Kreislaufwirtschaft der Leibniz-Universität Hannover, mit einer umfassenden Studie zum Composites-Recycling untersucht.

Pro Jahr werden weltweit über 12 Mio. t Composites hergestellt

Laut Studie beträgt die globale Composites-Produktion für das Jahr 2021 etwas über 12 Mio. t. Europa, Nordamerika, China und das sonstige Asien teilen sich diesen Markt zu folgenden Anteilen: Asien knapp 50 %, EMEA und Amerika jeweils ca. 25 %. Der Composites-Markt in Europa betrug für das Jahr 2021 fast 3 Mio. t. Deutschland hat mit 0,6 Mio. t daran den größten Länderanteil innerhalb der EU.

Das zunehmende Umweltbewusstsein und gesetzlichen Regelungen und Vorschriften fördern die Entwicklung von neuen Konstruktionsansätzen, um die Ressourceneffizienz zu verbessern. Faserverbundkunststoffe bzw. Composites sind dabei prädestinierte Werkstoffe, bei denen die Ressourceneffizienz insbesondere mit Gewichtseinsparung verbunden ist. Das gilt vor allem für die Bereiche (Wind-)Energie, Konstruktion, Transport und Sport.

Lebensende der Composites bislang wenig im Fokus

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Die Entwicklungen im Bereich der Verbundwerkstoffe waren dabei bisher überwiegend auf die Aspekte Bauteilgestaltung, -herstellung und -performance fokussiert. Das Lebensende, also eine möglichst nachhaltige Entsorgung oder ein Recycling von Composites-Abfällen war bisher weniger im Fokus. Nach Überzeugung der Autoren der Studie besteht jedoch ein zunehmender Handlungsbedarf für ein effektives und effizientes werkstoffliches oder rohstoffliches Recycling zur Minimierung der energetisch verwerteten oder deponierten bzw. unsachgemäß entsorgten Abfälle sowie zur Steigerung der Rohstoffeffizienz.

Die nun vorliegende Studie will deshalb eine systematische und umfassende Übersicht über die in den verschiedenen Industriebranchen anfallenden Abfallmengen auf der einen Seite und die aktuell, kurz-, mittel- und langfristig verfügbaren kommerziell umsetzbaren Lösungen zum hochwertigen Recycling von diversen Composites bzw. Faserverbundkunststoffen, insbesondere glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) und carbonfaserverstärkten Kunststoffen (CFK) auf der anderen Seite zu erstellen.

Beim Composite-Recycling sind zahlreiche gesetzliche Vorgaben und Normen zu beachten.
Beim Composite-Recycling sind zahlreiche gesetzliche Vorgaben und Normen zu beachten.

Schwerpunkte der Studie sind eine ausführliche Marktübersicht zu den verschiedenen Composites einschließlich der jeweiligen Hauptanwendungen, resultierende Abfallmengen, existierende Recyclingtechnologien für die unterschiedlichen Composites-Produkte und -Materialien, einschließlich deren technologischem Reifegrad. Teil der Studie sind auch die Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren, Bewertung der Technologien und des jeweiligen Outputs, Einschätzungen zu Anlagenkapazitäten, sowie eine Darstellung von für das Composites-Recycling relevanten gesetzlichen Vorgaben und Normen.

Vielfältige Kombinationen erschweren das Recycling

Zusammenfassend lässt sich sagen, so die Autoren, dass die vielfältigen möglichen Kombinationen von Verstärkungsfasern und Kunststoffmatrices in Composites zwar eine breite Palette an Materialeigenschaften und eine hohe Funktionsintegration für verschiedenste Anwendungen ermöglichen und dadurch den Markterfolg von Composites sicherstellen, jedoch auch eine große Herausforderung für das Recycling darstellen. Gleichzeitig gibt es noch wenige Ansätze für ein umfassendes industrielles Recycling von Verbundwerkstoffen.

Die Studie deckt Marktinformationen über die anwendungs-, werkstoff- und verfahrensspezifischen Produktionsmengen an Composites, erwartete Abfallmengen in diesen Kategorien und entsprechende Verordnungen für Entsorgung sowie technologische Recyclinglösungen ab. Bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden insbesondere die Europäische Abfallrahmenrichtlinie, das Deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz, die Europäische Abfall- und Deponieverordnung im Hinblick auf Ihre Relevanz für das Composites-Recycling näher betrachtet. Bei den Composites-Abfallmengen wurde zwischen Produktions- und Endverbraucherabfällen für die unterschiedlichen Industriebranchen unterschieden.

Ein Bottleneck beim Composites-Recycling sind die für die verschiedenen Composites noch nicht weit genug entwickelten Recyclingtechnologien sowie der niedrige Preis an Neuware bei GF bzw. GFK sowie die geringe Materialmenge bei CFK. Zwar gibt es diverse Recyclingtechnologien für eine effektive Verwertung von thermoplastischen und duroplastischen kurz- sowie lang- oder endlosfaserverstärkten CFK und GFK. Aber es gibt derzeit noch keine werkstoffliche Recyclingtechnologie, die eine wirtschaftlich und in größerem industriellen Maßstab technisch umgesetzte Lösung bietet.

Mechanisch, lösemittelbasiert oder chemisch recyceln

Grundsätzlich können beim Composites-Recycling – ähnlich wie beim Recycling konventioneller Kunststoffe – drei übergeordnete Hauptansätze unterschieden werden in mechanische Recyclingverfahren, lösemittelbasierte Verfahren und chemische Recyclingverfahren.

Allgemein gilt für die verschiedenen Ansätze, dass der technische Aufwand sowie der Energie und Ressourceneinsatz von den mechanischen über die lösemittelbasierten Verfahren bis hin zu den chemischen Recyclingtechnologien zunehmen. Die verschiedenen Recycling-Verfahren werden und wurden schon von einigen Unternehmen erfolgreich an die speziellen Herausforderungen des Composites-Recyclings adaptiert. Gleichzeitig gibt es aber aktuell keine Technologie, die ein Recycling ohne einen zumindest leichten Downcycling-Effekt ermöglicht, um dadurch ein (multiples) Closed-Loop Recycling zu realisieren.

Viele erfolgversprechende Möglichkeiten für Composite-Recycling

Die Studie zeigt aber auch, dass es viele erfolgversprechende Möglichkeiten gibt, um das Recycling von Composites zu erhöhen. Doch hier müsste auch eine Art Pionierarbeit geleistet werden, um zum Beispiel interdisziplinäre Geschäftsmodelle auszuarbeiten. Gleichzeitig gibt es Anwendungen für Composites, die schon heute aus technischer Sicht einfach zu recyceln wären, bei denen es aber noch an der Logistik und dem Willen fehlt. Aber auch der Gesetzgeber ist gefragt, um eine Harmonisierung von Gesetzen und Normen zu erreichen, so die Autoren der Studie.

Die Composites-Recycling-Studie ist ab sofort für 799 EUR (zzgl. MwSt.) bei der AVK im PDF-Format erhältlich. AVK-Mitglieder erhalten die Studie zum ermäßigten Preis von 399 EUR (zzgl. MwSt.)

gk

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