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Märkte 19. Juni 2023

Transformation in schwierigem Umfeld

Auftragseingänge im Kunststoff- und Gummimaschinenbau brechen in einem in mehr als schwierigem Umfeld im ersten Quartal 2023 um rund 30 % ein.

Transformation: Dekarbonisierung und Defossilisierung sind bestimmende Faktoren im Kunststoff- und Gummimaschinenbau.
Transformation: Dekarbonisierung und Defossilisierung sind bestimmende Faktoren im Kunststoff- und Gummimaschinenbau.

Die Dekarbonisierung und Defossilisierung sind die bestimmenden Faktoren der Transformation im Kunststoff- und Gummimaschinenbau, welcher sich aktuell in einem schwierigen Umfeld bewegt. Die deutschen Kunststoff- und Gummimaschinenbauer konnten das Jahr 2022 noch mit einem preisbereinigten Umsatzplus von 10 % abschließen. Nominal belief sich das Plus auf 18 %. „Dieses Wachstum kommt durch die vielen Aufträge zustande, die in den vergangenen Jahren akquiriert werden konnten und zeigt, dass sich die Lieferketten etwas entspannt haben“, erläutert Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen im VDMA. Aktuell sind die Auftragsbücher immer noch gut gefüllt, was auf ein vergleichbar gutes Umsatzjahr 2023 deutet.

„Aktuell sind die Auftragsbücher immer noch gut gefüllt, was auf ein vergleichbar gutes Umsatzjahr 2023 deutet“, sagt Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen im VDMA.
„Aktuell sind die Auftragsbücher immer noch gut gefüllt, was auf ein vergleichbar gutes Umsatzjahr 2023 deutet“, sagt Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen im VDMA.

Gedämpfte Erwartungen für 2024

Zurückhaltend sind die Erwartungen an die Umsatzentwicklung ab 2024. „Uns sind neue Aufträge im vergangenen Jahr mit einem preisbereinigten Minus von 13 Prozent weggebrochen und im ersten Quartal 2023 sogar nochmals deutlicher um Minus 33 Prozent“, sagt Thorsten Kühmann, Geschäftsführer des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen. „Das bedeutet für 2024 wahrscheinlich in Summe weniger Bestandsaufträge in den Büchern, die abgearbeitet und in Umsatz gebracht werden können.“

Thorsten Kühmann, Geschäftsführer des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen sagt, dass man sehr zurückhaltende Erwartungen an die Umsatzentwicklung ab 2024 in der Branche hat.
Thorsten Kühmann, Geschäftsführer des Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen sagt, dass man sehr zurückhaltende Erwartungen an die Umsatzentwicklung ab 2024 in der Branche hat.
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Schwieriges Umfeld: Hohe Inflation und hohe Zinsen

Viel Hoffnung, dass die Nachfrage kurzfristig wieder anziehen wird, besteht nicht. Das weltweite Konjunkturklima mit niedrigem Wachstum, hoher Inflation und dementsprechend hohen Zinsen verunsichert die Investoren. Durch das amerikanische Konjunkturpaket IRA (Inflation Reduction Act) werden zwar auch die Kunststoff- und Gummimaschinenbauer profitieren, aber ob das ausreicht, um die Weltwirtschaft wieder anzukurbeln, bleibt abzuwarten. Die Bereiche E-Mobilität und Verpackungen versprechen noch am ehesten Wachstumschancen. Gerade in China verläuft die Transformation zur Elektrifizierung der Fahrzeuge mit enormer Geschwindigkeit und durch die steigende weltweite Bevölkerungsentwicklung nimmt auch der Bedarf an verpackten Lebensmitteln zu. In beiden Fällen kann Kunststoff seine Vorteile ausspielen.

Transformation: Dekarbonisierung und Defossilisierung als bestimmende Faktoren

Vor diesem Hintergrund stellen sich die großen Aufgaben der Dekarbonisierung und der Defossilisierung der Kunststoffindustrie noch herausfordernder dar: Die Kunststoffindustrie ist bereits mitten im Transformationsprozess in Richtung Kreislaufwirtschaft. Das zahlt auf die Ziele der beiden genannten Mega-Trends ein. Doch CO2-Emissionen zu reduzieren oder gar eine CO2-neutrale Produktion zu etablieren, benötigt Investitionen und Umstrukturierungen.

Dem steht derzeit Planungsunsicherheit entgegen, die viele Unternehmen und Kundengruppen verspüren. Dabei geht es insbesondere um Fragen der Energieversorgung und deren Kosten.

Strategische Weichenstellung für die Branche

Für den Fachverband und dessen Vorstand steht daher die strategische Weichenstellung für die Branche der Kunststoff- und Gummimaschinenbauer und deren Partner entlang der Wertschöpfungskette im Mittelpunkt. Folgende Handlungsfelder gehören dazu:

Nachwuchsgewinnung

Engagierten Nachwuchs für den Maschinenbau und im Besonderen für die Kunststoffindustrie zu gewinnen, ist ein Gemeinschaftsprojekt. Der Fachverband arbeitet intensiv mit der VDMA-Abteilung Bildung zusammen. Die dort erhobenen Zahlen zeigen, dass der Fachkräftemangel als größtes Risiko im Maschinenbau gesehen wird. Ursache ist zum einen der demographische Wandel, zum anderen die Konkurrenz zu anderen, für junge Menschen attraktiver scheinende Branchen. Sie haben sehr häufig kein klares Bild vom Maschinenbau, nicht von seinen Leistungen für den Klimaschutz und auch nicht von den beruflichen Möglichkeiten. Das gilt noch mehr für die Kunststoffindustrie mit ihrem Imageproblem. Andererseits ist die Zufriedenheitsrate der technischen Auszubildenden mit ihren Unternehmen und ihrem Arbeitsplatz sehr hoch.

In diesem Spannungsfeld kamen die Repräsentanten der Verbände von „Wir sind Kunststoff“, GKV, Plastics Europe und VDMA zusammen, um auch hier das Thema Nachwuchs gemeinsam anzugehen. Es gibt erste Ideen: zum Beispiel, wie man durch gute Vorbilder über alle Ebenen des Unternehmens und Netzwerke mehr Frauen für die Kunststoffindustrie gewinnen kann. Ein weiteres Aktionsfeld ist, Mitarbeitende aus dem Ausland zu gewinnen. Hier ist der Maschinenbau mit seinen internationalen Netzwerken gut aufgestellt.

Technologie ist der Schlüssel zum weltweiten Erfolg

Wenn Kreislaufwirtschaft wirksam funktionieren soll, muss sie global gedacht werden. Klimawandel, Ressourcenknappheit oder die Vermeidung von Umweltschäden durch Kunststoffe sind kein lokales Problem. Der Maschinenbau spielt bei der Umsetzung eine zentrale Rolle. Der Fachverband hat daher ein Veranstaltungsformat entwickelt, bei dem Mitgliedsunternehmen in einer Gemeinschaftsaktion ihr technologisches Know-how als Systemanbieter zugespitzt auf Kunststoffrecycling und die Verarbeitung von Rezyklaten auf wichtigen Absatzmärkten präsentieren können. Wichtig hierbei ist, die lokalen Spezifika zu berücksichtigen und die Akteure vor Ort einzubinden. Erster Austragungsort soll Mumbai in Indien sein.

Digitalisierung als Enabler der CO2-neutralen Produktion

Produktionsprozesse sollen immer ressourceneffizienter werden, CO2-Emissionen sollen reduziert oder ganz vermieden werden. Um die Einsparpotentiale zu finden und die Effizienzen messbar zu machen, müssen die einzelnen Prozessschritte untereinander digital vernetzt werden. Im besten Falle über die gesamte Wertschöpfungs- und auch Lieferkette. Das unterstützt die Anwender nicht nur bei den immer strenger werdenden Dokumentations- und Reportingpflichten. Auch in der Konzeptionsphase neuer Produkttypen kann eine digitale Testversion Energieeinsatz und Material einsparen. Das kann bei der Verwendung alternativer Materialien zu fossilen Rohstoffen deren Marktfähigkeit vorantreiben. Digitalisierung hilft jedoch auch am Ende der Lebensphase beim Sortieren des Kunststoffabfalls in sortenreine Materialströme.

Digitalisierung der Produktion hat noch einen weiteren Aspekt: Arbeitsstrukturen ändern sich durch mehr Automatisierung. Das hilft den Unternehmen bei fehlenden Arbeitskräften. Sie benötigen weniger, dafür besser ausgebildete Fachkräfte. sl

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