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Technik 24. November 2023

Roboterhand aus dem 3D-Drucker

Forschern der ETH Zürich und eines US-Start-ups ist es gelungen, eine Roboterhand mit Knochen, Bändern und Sehnen aus weichen, elastischen und festen Polymeren in einem einzigen Durchgang zu drucken

Diese menschenähnliche Roboterhand wurde mit dem neuen Verfahren in einem einzigen Durchgang aus unterschiedlich festen beziehungsweise elastischen Polymeren 3D-gedruckt.
Diese menschenähnliche Roboterhand wurde mit dem neuen Verfahren in einem einzigen Durchgang aus unterschiedlich festen beziehungsweise elastischen Polymeren 3D-gedruckt.

Die Additive Fertigung – heute meist 3D-Druck genannt – entwickelt sich rasant weiter. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist eine neue Laserscanning-Technik, mit der sich dank neuartiger, äußerst elastischer Kunststoffe menschenähnliche Strukturen 3D-drucken lassen.

Neue elastische und robuste Polymere

Mit dem Verfahren hat die Palette an Materialien, die für den 3D-Druck verwendet werden können, einen entscheidenden Zuwachs bekommen. Während die Technologie bisher auf schnell härtende Kunststoffe beschränkt war, können dank einer Weiterentwicklung jetzt auch langsam härtende Kunststoffe verwendet werden. Und diese haben entscheidende Vorteile: Sie haben bessere elastische Eigenschaften, sind dauerhafter und robuster.

Möglich macht den Einsatz solcher Polymere eine neue Technologie von Wissenschaftlern der ETH Zürich und eines amerikanischen Start-ups. Damit lassen sich nun auch komplexe, widerstandsfähigere Roboter aus unterschiedlichen, qualitativ hochwertigen Materialien im 3D-Druck herstellen. Und dies in einem einzigen Durchgang. Zudem lassen sich damit problemlos weiche, elastische und feste Materialien kombinieren. Auch beliebige Teile mit Hohlräumen und filigrane Strukturen können die Forscher damit erstellen.

Verschiedene Polymere in einem Durchgang 3D-drucken

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Mit der neuen Technologie gelang es den Forschern der ETH Zürich erstmals, eine Roboterhand mit Knochen, Bändern und Sehnen aus verschiedenen Polymeren in einem Durchgang zu drucken. „Mit den schnell härtenden Polyacrylaten, die wir bisher beim 3D-Druck verwendeten, hätten wir diese Hand nicht herstellen können“, erklärt Thomas Buchner, Doktorand in der Gruppe von ETH-Robotik-Professor Robert Katzschmann.

„Wir verwenden neue, langsam härtende Thiolen-Polymere. Diese haben sehr gute elastische Eigenschaften und springen nach dem Verbiegen viel schneller in den Ausgangszustand zurück als Polyacrylate. Daher eignen sich die Thiolen-Polymere hervorragend, um die elastischen Bänder der Roboterhand herzustellen“, erklärt Buchner.

Steifigkeit fein einstellbar

Außerdem lässt sich nach Erfahrung der Wissenschaftler die Steifigkeit von Thiolen sehr fein einstellen und somit den Erfordernissen von Soft-Robotern anpassen. „Roboter aus weichen Materialien wie die von uns entwickelte Hand haben Vorteile gegenüber herkömmlichen Robotern aus Metall: Weil sie weich sind, sinkt die Verletzungsgefahr, wenn sie mit Menschen zusammenarbeiten, und sie eignen sich besser für den Umgang mit zerbrechlichen Gütern“, ergänzt ETH-Professor Katzschmann.

3D-Drucker stellen Gegenstände generell Schicht für Schicht her: Bei den 3D-Druckverfahren, auf denen die neue Lösung basiert, tragen Düsen an jeder Stelle das gewünschte Material in dickflüssiger Form auf. Eine UV-Lampe härtet jede Schicht sogleich. Bisher werden die unvermeidbaren Unebenheiten mit einer Vorrichtung nach jedem Härtungsschritt abgeschabt. Das funktioniert allerdings nur mit schnell härtenden Polyacrylaten. Langsam härtende Polymere wie die Thiolene und Epoxide würden eine Abschabvorrichtung verkleben.

Unebenheiten werden gescannt und automatisch ausgeglichen

Damit die Wissenschaftler auch langsam härtende Polymere verwenden konnten, haben sie den 3D-Druck weiterentwickelt: Bei dem neuen Verfahren prüft ein 3D-Laser-Scanner jede gedruckte Schicht sofort auf Unebenheiten. „Ein Feedback-Mechanismus gleicht diese Unebenheiten beim Druck der nächsten Schicht aus, indem er in Echtzeit punktgenau nötige Anpassungen der zu druckenden Materialmengen berechnet“, erklärt Wojciech Matusik, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA. Das heißt, die neue Technologie ebnet Unebenheiten nicht mehr aus, sondern berücksichtigt sie beim Druck der nächsten Schicht einfach mit.

Für die Entwicklung der neuen Drucktechnologie war die Firma Inkbit, ein Spin-off des MIT verantwortlich. Die Forscher der ETH Zürich entwickelten mehrere Roboter-Anwendungen und halfen, die Drucktechnologie für die Verwendung der langsam härtenden Polymere zu optimieren.

An der ETH Zürich wird die Gruppe um Prof. Robert Katzschmann die Technologie nutzen, um weitere Möglichkeiten auszuloten, noch ausgefeiltere Strukturen zu entwerfen und zusätzliche Anwendungen zu entwickeln. Die Firma Inkbit plant, mit der neuen Technologie einerseits Kunden einen 3D-Druck-Service anzubieten und andererseits die entsprechenden Drucker zu verkaufen.

Die K-ZEITUNG hat schon mehrfach über interessante ETH-Projekte aus dem Gebiet der Additiven Fertigung berichtet, so auch über ein 3D-gedrucktes Silikonherz, das ähnlich wie ein menschliches Herz aussieht und funktioniert oder den 4D-Druck, mit dem sich Objekte einfach 3D-drucken lassen, sich aber zeitabhängig verändern können. Forscher­ der ETH Zürich haben diesen Ansatz einen entscheidenden Schritt weitergebracht – mit einem Konstruktions­prinzip, das tragfähige und vorhersagbare Strukturen ermöglicht. gk

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