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Technik 13. März 2024

PUR-Verarbeitung: Mit präzisen Daten und KI perfekt dosieren

Hochpräzise Messungen der Prozessparameter in Kombination mit KI eröffnen neue Dimensionen beim exakten Dosieren von Hochdruck-Dosiermaschinen in der PUR-Verarbeitung.

Ein neues Modul von Hennecke erfasst mittels hochpräziser Durchflussmessung umfangreiche Prozessdaten. In Kombination mit einem intelligenten Algorithmus und KI lässt sich die Dosiermenge bei der PUR-Verarbeitung perfektionieren.
Ein neues Modul von Hennecke erfasst mittels hochpräziser Durchflussmessung umfangreiche Prozessdaten. In Kombination mit einem intelligenten Algorithmus und KI lässt sich die Dosiermenge bei der PUR-Verarbeitung perfektionieren.

Die Polyurethan-Experten von Hennecke verfeinern und erweitern derzeit die Prozessdatenerfassung bei der PUR-Verarbeitung und werten die Daten mittels KI für eine optimale Dosierung aus. Natürliche Schwankungen und Ungenauigkeiten im Dosierbetrieb von Hochdruck-Dosiermaschinen ließen sich so eliminieren. In Kombination mit der neuen Hennecke Steuerungssoftware Foamatic bei Stand-Alone-Dosiermaschinen bzw. der Foamware bei Anlagen zeichnen sich damit ganz neue Möglichkeiten der Prozessdatenerfassung und deren Auswertung innerhalb der PUR-Verarbeitung ab.

Messdaten präzise erfassen und mit KI auswerten

Herzstück der laufenden Entwicklung ist ein neues Modul, das in den Schaltschrank integriert wird und die Messdaten der bereits in der Anlage vorhandenen Sensoren erfasst und interpretiert. Diese werden mit einem Algorithmus, der mit künstlicher Intelligenz (KI) arbeitet und lernfähig ist, aufbereitet. Die so verfügbaren Daten sind dynamischer, präziser und umfassender als alle derzeit vorhandenen Prozessdaten.

„Für Anwendungen, bei denen es auf hohe Präzision ankommt, ist das nicht nur eine Weiterentwicklung, sondern ein echter Meilenstein. Mit dieser Entwicklung werden wir die Produktionsprozesse bei der PUR-Verarbeitung spürbar verbessern“, verspricht Tobias Santos Barros, Project Leader Systems- and Software Engineering bei Hennecke.

4-Kanal-Messung bringt Präzision und Dynamik

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Die Neuerung basiert auf einer Reihe von Veränderungen. Für einen Dosiervorgang sind viele Daten relevant: Volumenstrom, Massestrom, Materialdichte (abhängig von Temperatur und Mediendruck), aktuelles Mischungsverhältnis, Schusslänge, Dosiermenge pro Schuss sowie verschiedene mischkopfabhängige Zeiten.

Der Volumenstrom wird mit einem Zahnradzähler ermittelt. Dabei sendet jeder Zahn, der sich über den Sensor bewegt, einen elektrischen Impuls – üblicherweise nur einkanalig. Hierbei erfasst ein Sensor die ansteigende Flanke des elektrischen Impulses. Dabei sind im Zahnradzähler zwei Sensoren verbaut, die jetzt – und das ist neu, mithilfe des Moduls beide genutzt werden. Zudem erfassen sie nicht nur die jeweils die steigende, sondern auch die fallende Flanke der Impulse. Somit entsteht eine 4-Kanal-Messung, die deutlich mehr und dynamischere Daten erfasst als die klassische 1-Kanal-Messung.

Dadurch entfällt die bisherige Interpolation zwischen den Signalen, auch das Messrauschen lässt sich durch einen ausgeklügelten Algorithmus stark reduzieren. So lassen sich auch kleinste Fertigungs- oder Drehwinkelfehler der Zahnräder erkennen und von der Software unmittelbar automatisch korrigieren. Dazu lernt der Algorithmus mithilfe von KI zwischen Messrauschen und tatsächlichen äußeren Einflüssen zu unterscheiden. Ebenso kann die Software eine Veränderung aufgrund einer Fertigungsstreuung zwischen zwei Zahnrädern erkennen und ausgleichen, etwa wenn ein Zahnrad oder der Zahnradzähler ausgetauscht wurde.

Aufzeichnung des Massenstromsignals: Wesentliche Verbesserung des Signal-Rauschverhältnisses durch KI-unterstützte Signalverarbeitung.
Aufzeichnung des Massenstromsignals: Wesentliche Verbesserung des Signal-Rauschverhältnisses durch KI-unterstützte Signalverarbeitung.

Intelligente Live-Berechnung der korrekten Dosiermenge

Basierend auf kontinuierlich ermittelten Temperaturwerten und dem jeweiligen Mediendruck ermittelt das Modul zudem stets die aktuelle Mediendichte. Ein weiteres Highlight ist die erstmalig absolut exakte Erfassung der Schusslänge, also der Dauer eines Dosiervorgangs, mithilfe des Drucksignals. Denn dieses zeigt jeweils eindeutig den Beginn und das Ende der Dosierung – entscheidend ist dabei, dass der Drucksensor im Mikrosekundenbereich reagiert.

Im herkömmlichen Verfahren gibt es unbestimmbare, kleine Verzögerungen zwischen dem Auslösen in der Steuerung und dem tatsächlichen Start eines Einschusses. Auch lässt sich das Ende eines Schusses nicht genau erkennen. Dank der neuen, hochpräzisen Daten der Druckmessung kann die Schussdauer nun exakt ermittelt werden. In Kombination mit dem Massedurchfluss errechnet die Software daraus die korrekte Dosiermenge.

„Erstmals können wir sicherstellen, dass gemessene und gewogene Menge wirklich übereinstimmen“, freut sich Lars Etschenberg, Head of Operational Excellence Engineering. Denn mit der Neuentwicklung können die Ingenieure die bisher übliche Messtoleranz von 1 % bis 1,5 % auf Werte zwischen 0,1 % und 0,5 % deutlich reduzieren.

Vielfältige Vorteile in der PUR-Verarbeitung

Jeder einzelne Dosiervorgang lässt sich in Bezug auf Menge, Dauer und Gewicht hochauflösend darstellen und auswerten. Von dieser neuen Präzision profitiert der Anwender in vielfältiger Weise. So lassen sich Unregelmäßigkeiten in der Produktion oder mögliche Fehlteile direkt erkennen. Bei der Herstellung von Sicherheitsbauteilen ist es dank des neuen Moduls nun endlich möglich, eine Prozessregelkarte für das Qualitätsmanagement zu erstellen. Auch die Effizienz lässt sich steigern, denn aufgrund der genaueren Messwerte müssen weniger Rohstoffe eingesetzt werden, um das erforderliche Mindestvolumen zu erreichen.

„Ich bin überzeugt, dass unsere Kunden noch viele weitere Anwendungen finden werden, bei denen sie von den präzisen Messdaten profitieren können“, ist sich Lars Etschenberg sicher.

Zudem lassen sich durch die Langzeitaufzeichnung der Prozessdaten auch Veränderungen in der Produktion oder im Material, etwa durch Verschleiß, ablesen. Wertvolle Erkenntnisse, die sich in den Bereichen Wartung und Instandhaltung auszahlen. Darüber hinaus entfällt die Kalibrierung bzw. Laufzeitkorrektur des Mischkopfes bei Produktionsstart.

Produktentwicklung kurz vor dem Abschluss

Die Hard- und Software-Komponenten der hochpräzisen Durchflussmessung stehen kurz vor der Marktreife. Das Patent ist bereits angemeldet, die Tests laufen, und außer dem Modul ist keine aufwendige Hardware nötig.

„Wir holen aus der vorhandenen Sensorik mittels KI viel mehr heraus. Unsere Kunden werden vermutlich bereits im dritten Quartal 2024 davon profitieren“, betont Tobias Santos Barros. Die Technik wird einfach in bestehende Anlagen integriert, indem sie die Daten an die SPS weiterleitet. Dabei lässt sich die Schnittstellenlogik per BUS-Adapter an verschiedene Automatisierungssysteme, wie sie auch bei Hennecke im Einsatz sind, anpassen, sodass auch der US-Markt von der Technologie profitieren wird. mg

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