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News 26. Juli 2023

EU benachteiligt Kunststoffverpackungen

Industrieverbände schlagen Alarm und beklagen eine ungerechtfertigte Benachteiligung von Kunststoffverpackungen durch die Taxonomie-Kriterien der EU.

Nach Überzeugung der Verbände BVSE, GKV, IK und VDMA sind Kunststoffverpackungen für eine effizientere Ressourcennutzung und die Reduktion von Verpackungsabfällen unersetzlich und dürfen von der EU nicht benachteiligt werden.
Nach Überzeugung der Verbände BVSE, GKV, IK und VDMA sind Kunststoffverpackungen für eine effizientere Ressourcennutzung und die Reduktion von Verpackungsabfällen unersetzlich und dürfen von der EU nicht benachteiligt werden.

Eigentlich sollten die EU-Taxonomie-Regeln materialneutral sein, doch leider sieht die Realität anders aus. In einem gemeinsamen Schreiben an das Bundesfinanz- und das Bundesumweltministerium haben deshalb der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV), die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK), der VDMA Kunststoff- und Gummimaschinen und der BVSE-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung vor einer ungerechtfertigten Benachteiligung von Kunststoffverpackungen durch die Taxonomie-Regeln der Europäischen Kommission gewarnt.

Mehr noch: Die Verbände halten die Einführung dieser Taxonomie-Kriterien für Verpackungen generell für verfrüht, weil solche Kriterien im Einklang mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen für Verpackungen stehen müssen, die jedoch gerade vollständig überarbeitet werden.

In dem Schreiben heißt es daher wörtlich: "Wir wären Ihnen daher dankbar, wenn Sie sich gegen die von der Kommission beschlossenen Kriterien für Kunststoffverpackungen und für Taxonomie-Kriterien für Verpackungen generell aussprechen würden."

Die Anforderungen, um als Hersteller von Kunststoffverpackungen „nachhaltig“ im Sinne der Taxonomie zu gelten, sind nach Überzeugung der Verbände unrealistisch hoch: Entweder müssen Kunststoffverpackungen ab 2024 einen hohen Anteil an Kunststoff-Rezyklaten oder Biorohstoffen aufweisen oder wiederverwendbar sein. Außerdem gelten weitere – von den Herstellern kaum belegbare – Kriterien, die dafür sorgen sollen, dass die Verpackungen auch „in großem Umfang“ recycelt werden.

Vorgehen der EU gleich in mehrfacher Hinsicht problematisch

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Diese Vorgaben nehmen zwar Bezug auf den Vorschlag der Kommission für eine EU-Verpackungsverordnung (PPWR), die derzeit im Europäischen Parlament und Rat beraten wird. Allerdings ist dieses Vorgehen nach Überzeugung der Verbände gleich in mehrfacher Hinsicht problematisch: Zum einen werden die Taxonomie-Kriterien dem PPWR-Vorschlag nicht gerecht. Zum Beispiel bleiben Ausnahmen von den Rezyklateinsatzquoten, die im PPWR-Vorschlag vorgesehen sind, bei den Taxonomie-Kriterien unberücksichtigt. Außerdem sollen die Wiederverwendungsquoten in der PPWR nur für bestimmte Verpackungsformate und nicht für sämtliche Verpackungen gelten. Zudem findet der Vorschlag, dass mindestens 65 % der Kunststoffverpackung aus Biomaterialien bestehen soll, in der PPWR keine Entsprechung.

Taxonomie-Kriterien ohne wissenschaftliche Grundlage

"Hier rächt sich, dass die Taxonomie-Kriterien nicht auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt wurden. Zum anderen dauert die Diskussion um die PPWR an, sodass noch unklar ist, welche Vorgaben zukünftig für Verpackungen gelten werden", betonen die Verbände. Es bestehe daher die große Gefahr, dass die Taxonomie-Kriterien im Widerspruch zu den Regelungen der PPWR stehen werden.

EU gefährdet Kreislaufwirtschaft für Kunststoffverpackungen

Ein solcher Widerspruch gefährdet jedoch die Rechts- und Planungssicherheit und damit die notwendigen Investitionen der gesamten Wertschöpfungskette für Kunststoffverpackungen auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft.

Wörtlich heißt es: "Unsere Mitgliedsunternehmen haben die Sorge, dass aufgrund der überambitionierten Taxonomie-Kriterien ab 2024 ihr Zugang zu notwendigen Investitionen in besseres Produktdesign, neue Materialien und den Ausbau der Recycling- und Sortierverfahren deutlich erschwert wird."

Unrealistisch hohe Anforderungen nur für Kunststoffverpackungen

Auf Unverständnis trifft vor allem, dass die unrealistisch hohen Anforderungen der Taxonomie-Kriterien, die ausschließlich für Kunststoffverpackungen gelten, diese gegenüber Verpackungen aus anderen Materialien benachteiligen, ohne dass diese Ungleichbehandlung begründet wird.

Die Verbände weisen deshalb darauf hin, dass Kunststoffverpackungen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 24 g pro kg verpacktem Produkt deutlich materialeffizienter als sämtliche anderen Verpackungsmaterialien (durchschnittlich 116 g/kg Produkt) sind. Kunststoffverpackungen sind daher für eine effizientere Ressourcennutzung und die Reduktion von Verpackungsabfällen unersetzlich, lautet das Fazit.

Die Forderung von GKV, IK, VDMA und BVSE an das Bundesfinanz- und Bundesumweltministerium ist daher eindeutig: „Angesichts der Bedeutung der Taxonomie-Kriterien für die Finanzierung der Transformation in eine Kreislaufwirtschaft und der Notwendigkeit von Rechts- und Planungssicherheit für die Unternehmen bitten wir Sie, sich im Rat dafür einzusetzen, dass die Taxonomie-Kriterien für Kunststoffverpackungen in der jetzigen Form abgelehnt werden. Die Kommission sollte aufgefordert werden, nach Verabschiedung der PPWR neue Taxonomie-Kriterien für Verpackungen generell vorzulegen."

EU-Taxonomie klassifiziert nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten

Laut Definition des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ist die Taxonomie ein EU-weit gültiges System zur Klassifizierung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten. Sie soll Anlegerinnen und Anlegern Orientierung geben und Kapital für den grünen Umbau von Energieproduktion und Wirtschaft anreizen. Das Finanzsystem spielt eine Schlüsselrolle im Übergang zu einer emissionsarmen, ressourcenschonenden Wirtschaft. Die Europäische Kommission hat daher bereits im Juni 2021 erste Kriterien vorgelegt, die dazu beitragen sollen, in der Europäischen Union mehr Geld in nachhaltige, klimaschonende Tätigkeiten zu lenken und die Umweltbilanz in Unternehmensberichten sichtbarer zu machen.

Die Mehrzahl der Verbraucher hat übrigens die Fortschritte bei der Nachhaltigkeit von Verpackungen bereits realisiert. Mehr dazu in diesem Beitrag der K-ZEITUNG

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