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News 11. September 2023

Rapperswiler Kunststoffforum zeigt neueste Entwicklungen

Mit 160 Teilnehmern und vielen Neuerungen war das 18. Rapperswiler Kunststoffforum auch in diesem Jahr wieder ein Fixpunkt der Schweizer Kunststoffbranche.

In neuen Techpark der Ostschweizer Fachhochschule OST konnten sich die 160 Teilnehmer des 18. Rapperswiler Kunststoffforums  über die neuesten Entwicklungen für die Kunststoffbranche informieren.
In neuen Techpark der Ostschweizer Fachhochschule OST konnten sich die 160 Teilnehmer des 18. Rapperswiler Kunststoffforums  über die neuesten Entwicklungen für die Kunststoffbranche informieren.

Rund 160 Vertreterinnen und Vertreter der kunststoffverarbeitenden Industrie aus der Schweiz und dem nahen Ausland nutzten die Gelegenheit, sich beim Rapperswiler Kunststoffforum mit Expertinnen und Experten des Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung IWK an der Ostschweizer Fachhochschule OST auszutauschen und einen Einblick in die neuesten Entwicklungen und Technologien für die Kunststoffverarbeitung zu erhalten.

Eindrucksvolle Beispiele aus aktuellen Industrieentwicklungen

Im Fokus standen neue Technologien, aktuelle Trends und Innovationen aus den Bereichen der Werkstoffentwicklung, der Produktions- und Verarbeitungsmethoden, sowie der Qualitätssicherung. Neben Fachvorträgen und Themen aus der Branche standen auch wieder Laborpräsentationen mit eindrucksvollen Beispielen aus aktuellen Projekten mit der Industrie im Mittelpunkt.

Schweizer Kunststoffbranche innovationsfreudig und nachhaltig

In diesem Jahr zeigte sich eindrücklich, wie innovationsfreudig die Kunststoffbranche ist und wie sie aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit durch Werkstoffrückführung oder den Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz in der Produktion und in der Qualitätssicherung aufgreift. Bei den Fachvorträgen in der Aula dominierten die beiden Themenfelder ebenso wie in den Laborpräsentation im Techpark in Rapperswil-Jona.

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Die Fachvorträge fanden in der Aula der OST statt. Danach ging es mit dem Bus zum Techpark.
Die Fachvorträge fanden in der Aula der OST statt. Danach ging es mit dem Bus zum Techpark.

Nach den Fachvorträgen in der Aula der OST wechselten die Teilnehmenden im Bus zum zweiten Teil der Veranstaltung in den Techpark der OST, wo Werkstätten, der IWK-Maschinenpark und die Robotik-Labors des Schwester-Instituts ILT Institut für Laborautomation und Mechatronik seit 2022 ein neues, modernes Zuhause gefunden haben.

Aktuelle Technologien auf dem Rapperswiler Kunststoffforum

In den Labors wurden die neuesten Entwicklungen und Technologien der IWK-Fachbereiche Spritzgießen/PUR, Compoundierung/Extrusion, Faserverbundtechnik/Leichtbau, Verbindungstechnik, Fertigungstechnik Metall sowie Simulation und Design vorgestellt. Zur Demonstration aktueller Projekte waren die verschiedenen Kunststoffverarbeitungsmaschinen live in Betrieb. In Form von Kurzvorträgen wurden ausgewählte Entwicklungen präsentiert.

Berührungslose Qualitätskontrolle mit Nahinfrarot-Spektrometrie

Der Fachbereich Compoundierung/Extrusion griff das Thema Materialcharakterisierung mittels Nahinfrarot-Spektrometrie auf. Mit dem Verfahren werden nicht nur die Kunststofftypen, sondern auch Verunreinigungen und sogar rheologische Eigenschaften berührungslos ermittelt. Das Prüfverfahren wurde im Rahmen eines Innosuisse-Projektes mit der Firma Metrohm entwickelt. Auf der 5-Schicht-Blasfolienanlage wurden Folien aus 100 % Rezyklat gezeigt und es wurde Ergebnisse eines Innosuisse-Projektes zusammen mit dem Partner Dimpora zur Entwicklung einer halogenfreien, atmungsaktiven und wasserdichten Membrane gezeigt.

Beim Geruchstest konnten sich die Teilnehmer einen Eindruck von den heutigen Möglichkeiten zur Geruchsreduzierung von Polyolefinen verschaffen.
Beim Geruchstest konnten sich die Teilnehmer einen Eindruck von den heutigen Möglichkeiten zur Geruchsreduzierung von Polyolefinen verschaffen.

Geruchsreduzierung von Polyolefinen

Auf der Compoundieranlage wurden Möglichkeiten zur Geruchsreduzierung von Polyolefinen gezeigt und Musterbauteile ausgestellt – beim Geruchstest konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer abstimmen, welche Varianten am besten bzw. am geruchsneutralsten waren. Abgerundet wurden die Vorführungen mit einem robotergeführter Strangauftrag zur Herstellung eines biobaubaren Verbissschutzes für Bäume.

Künstliche Intelligenz beim Spritzgießen

Im Fachbereich Spritzgießen stand als zentrales Thema auch in diesem Jahr die Digitalisierung im Vordergrund. An einer Messzelle der Firma Kistler wurde vorgeführt, wie in einem automatisierten Prozess Qualitätsmerkmale von im Spritzgießverfahren hergestellten Bauteile ermittelt werden können. Kombiniert mit den Prozessdaten ermöglicht diese Datenbasis ein Training von Modellen auf Basis künstlicher Intelligenz zur Vorhersage der Bauteilqualität bereits während der Produktion der Teile auf der Spritzgießmaschine. Die Zuordnung der Qualitätsdaten zu jedem einzelnen Bauteil erfolgt heute üblicherweise über eine Markierung auf dem Bauteil. Hier wurde ein neuartiger Ansatz der Firma Polysecure vorgestellt, bei dem durch Zugabe von fluoreszierenden Markerpartikel und durch Erkennung derer Verteilung im Bauteil eine eindeutige Identifizierung des jeweiligen Bauteils möglich wird.

In den Labors wurden die neuesten Entwicklungen und Technologien der IWK-Fachbereiche Spritzgießen/PUR, Compoundierung/Extrusion, Faserverbundtechnik/Leichtbau, Verbindungstechnik, Fertigungstechnik Metall sowie Simulation und Design vorgestellt.
In den Labors wurden die neuesten Entwicklungen und Technologien der IWK-Fachbereiche Spritzgießen/PUR, Compoundierung/Extrusion, Faserverbundtechnik/Leichtbau, Verbindungstechnik, Fertigungstechnik Metall sowie Simulation und Design vorgestellt.

Nachhaltig: rPET für technische Bauteile

Das zweite große Thema bei Spritzgussprodukten war wenig überraschend die Nachhaltigkeit, insbesondere die Möglichkeiten mit dem Material rPET zur Verwendung für technische Bauteile. Die Teilnehmenden konnten beispielsweise erfahren, wie durch das Hinterspritzen von unidirektionalen, endlosfaserverstärkten rPET-Tapes mit rPET auch hochsteife Bauteile aus nachhaltigen Materialien realisiert werden können. Ebenfalls vorgestellt wurde die Herstellung eines Schälprüfkörpers im 2K-Verfahren, bei dem auch die Weichkomponente aus einem PCR-Material bestand und das potentielle Anwendungen für nachhaltige Gehäuse mit Dichtfunktionen bietet.

Automatisierte Konstruktion für die Additive Fertigung

Als Fortsetzung der Aulapräsentationen stellte der Fachbereich 3D-Druck / Additive Fertigung die neuesten Entwicklungen mittels verschiedener Laborexponate vor. Seit Anfang des Jahres wird die Gruppe von Daniel Omidvarkarjan geleitet. Einerseits wurde anhand von verschiedenen Fallbeispielen das Potenzial von automatisierter Konstruktion für die Additive Fertigung demonstriert. Darüber hinaus wurde ein neuartiger 5-Achs-Filamentdrucker vorgestellt. Einblicke in die Entwicklung neuer Materialien für das selektive Lasersintern (SLS) rundeten den Rundgang durch den Fachbereich 3D-Druck / Additive Fertigung ab.

Hochleistungslaser repariert Spritzgießwerkzeuge

Innovation stand im Fachbereich Metall im Vordergrund. Die fortschreitende Technologie hat die Art und Weise, wie wir Werkzeuge herstellen und reparieren, revolutioniert. Eine der innovativsten Methoden, die in der modernen Fertigungsindustrie Anwendung findet, ist das Laser Metal Deposition (LMD). Diese Technik ermöglicht es, Spritzgießwerkzeuge auf eine Weise zu reparieren, die in der Vergangenheit undenkbar gewesen wäre. Laser Metal Deposition ist ein Verfahren, bei dem ein Hochleistungslaser verwendet wird, um Metallpulver schichtweise auf das beschädigte Werkzeug aufzutragen. Der Laser schmilzt das Metallpulver, das dann sofort auf die Oberfläche des Werkzeugs aufgetragen wird. Dieser Prozess ermöglicht eine präzise und gezielte Reparatur von Schäden, ohne das gesamte Werkzeug ersetzen zu müssen.

Werkzeuge mit Kühlkanälen aus dem 3D-Drucker

Neben der Reparatur war auch die Herstellung von Werkzeugen ein zentrales Thema. Fused Filament Fabrication (FFF) hat die Herstellung von Werkzeugen mit komplexen internen Strukturen wie Kühlkanälen erheblich erleichtert. Mit dieser Technologie können Werkzeuge schichtweise aus Kunststoff oder Metall aufgebaut werden, wobei interne Hohlräume und Kanäle problemlos integriert werden können. Die Möglichkeit, Werkzeuge mit Kühlkanälen direkt aus dem 3D-Drucker herzustellen, bietet eine verbesserte Kühlleistung und erhöht die Produktionsgeschwindigkeit. Dies trägt dazu bei, die Lebensdauer der Werkzeuge zu verlängern und die Effizienz in der Spritzgießfertigung erheblich zu steigern.

Wasserstrahl bearbeitet Werkzeugoberflächen

Die Oberflächenqualität von Spritzgießwerkzeugen spielt dabei eine entscheidende Rolle für die Qualität der Endprodukte. Das Abrasiv-Wasserstrahlverfahren hat sich als äußerst effektive Methode zur Oberflächenbearbeitung von Werkzeugen etabliert. Bei diesem Verfahren wird ein Hochdruckwasserstrahl mit Abrasivmittel verwendet, um die Werkzeugoberfläche zu bearbeiten. Dies ermöglicht die Entfernung von Verunreinigungen, Rost, Graten und anderen Unregelmäßigkeiten, die die Produktqualität beeinträchtigen könnten. Das Abrasiv-Wasserstrahlverfahren ist schonend für das Werkzeugmaterial und ermöglicht präzise Oberflächenbearbeitung, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Die Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, sich mit Expertinnen und Experten des Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung IWK an der Ostschweizer Fachhochschule OST auszutauschen.
Die Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, sich mit Expertinnen und Experten des Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung IWK an der Ostschweizer Fachhochschule OST auszutauschen.

Faserverbund optimiert Seilbahnwartung

Ein Highlight aus dem Bereich Faserverbundtechnik/Leichtbau ist die neuartige Seilbahnwartungsplattform, bei der das IWK die Firma Colombo Seilbahnrevisionen unterstützt hat, eine noch leichtere und damit für fast alle Anlagen geeignete Version zu entwickeln. Dank konsequentem Leichtbau ist es erstmals möglich, die Rollenbatterien zerstörungsfrei zu prüfen ohne das Zugseil zu entfernen – eine enorme Zeit- und Kostenersparnis. Die Plattform wird dazu einfach am Seil befestigt und von Mast zu Mast bewegt, die Prüfung findet direkt dort statt.

Kostengünstige Strukturteile aus PET-PU-Sandwich

Im kürzlich abgeschlossenen Eureka-Projekt "PUR Connect" wurden Strukturbauteile basierend auf einer Faserverstärkung und Polyurethan als Matrix entwickelt. Dank der sehr effizienten Verarbeitung der hochreaktiven PU-Systeme und deren vergleichsweise niedrigen Kosten resultieren Bauteile, die für verschiedene Anwendungen geeignet sind. Zusammen mit 3A Composites Core Materials wurden PET-PU Sandwichbauteile entwickelt, welche insbesondere durch ihre extrem kurzen Zykluszeiten im RTM-Prozess bestechen.

Demontierbare Klebeverbindung für die Windenergie

Der Fachbereich Verbindungstechnik präsentierte die letzten Innovationen in den Bereichen Klebe- und Schweißtechnik, und wie Sie zentrale Themen wie Recycling und CO2-Reduktion in der Zukunft weiterbringen können. In zwei Laborvorträgen zeigte der Fachbereich die experimentellen Grundlagen der Klebetechnik, sowie einen wertvollen Beitrag zu demontierbaren Klebeverbindung für die Windenergie. Der erste Vortrag zeigte, was die Herausforderungen der Klebetechnik für unerfahrene Anwender sind, und wie sie beherrscht werden können, um eine dauerhafte Klebeverbindung mit einwandfreien Adhäsionseigenschaften zu erreichen. Im zweiten Vortrag erfuhren die Teilnehmenden, wie eine Klebeverbindung auf Windkraftanlagen montiert und demontiert werden kann, um MEMs-basierte IOT Messsysteme (zur Überwachung von Oberflächendruck und Akustisch) reversibel zu installieren.

Schweißen in vielen Facetten

Im Labor wurden verschiedene Verfahren wie Laserschweißen, Ultraschallschweißen, Induktionsschweißen, Schweißen mittels Heizelemente und Reibrührschweißen anhand von Projektbeispielen erläutert. Unter anderem wurde im Prüflabor eine Prüfvorrichtung zur Auswertung des mechanischen Verhaltens von verklebten Sandwich-Bauteilen bei Hoch- und Tief-Temperatur aufgestellt. Dies unterstützt die Entwicklung von neuartigen, verklebten Lösungen für den Bereich Elektromobilität, bei der das Temperaturmanagement ein zentrales Thema ist.

Simulation für kunststoffgerechtere Bauteilauslegung

Der Fachbereich Simulation und Design präsentierte konkrete Anwendungen zur Erweiterung von Simulationsprogrammen hinsichtlich benutzerdefinierter Ergebnisse. So konnte die kürzlich von der VDI veröffentlichte Richtlinie für die Auslegung von Kunststoffbauteilen (VDI 2016) in die Simulationsumgebung von Ansys Workbench implementiert werden. Dies ermöglicht den Berechnungsingenieuren zukünftig eine kunststoffgerechtere Bauteilauslegung und eine vereinfachte Visualisierung kritischer Bereiche. Neben dem wurde ein neuer Ansatz zur physikbasierten Prozessüberwachung vorgestellt, der es ermöglicht, mit minimalem experimentellem Aufwand die Formteilentstehungsgeschichte beim Spritzgießen zu "simulieren" und daraus Qualitätsaussagen abzuleiten. Drittes Thema aus dem Fachbereich Simulation und Design stellte das OPTx dar, welche das PLM beim Spritzgießen auf digitaler Basis ermöglicht und um einige Funktionen erweitert wurde. gk

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