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Recycling 8. September 2023

Neuer Mindeststandard für Druckfarben auf PE-Folien

Bei Verwendung von Nitrozellulose-basierten Druckfarben im Zwischenlagendruck von großformatigen PE-Folien gelten die Folien nicht mehr als recyclingfähig.

Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft bei der IK: „Der Mindeststandard richtet sich ausschließlich an die Dualen Systeme. Er ist – anders als teilweise wahrgenommen – kein verbindlicher „Design for Recycling“-Leitfaden für die Wirtschaft“
Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft bei der IK: „Der Mindeststandard richtet sich ausschließlich an die Dualen Systeme. Er ist – anders als teilweise wahrgenommen – kein verbindlicher „Design for Recycling“-Leitfaden für die Wirtschaft“

Der von der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) veröffentlichte neue „Mindeststandard zur Bemessung der Recyclingfähigkeit systembeteiligungspflichtiger Verpackungen nach §21 Verpackungsgesetz“ enthält für Kunststoffverpackungen eine wesentliche Änderung: Ab sofort führt die Verwendung von Nitrozellulose(NC)-basierten Druckfarben im Zwischenlagendruck von großformatigen PE-Folien dazu, dass diese nach dem Mindeststandard nicht mehr als recyclingfähig bewertet werden.

PP-Folien und kleine PE-Folien nicht betroffen

Begründet wird dieser Schritt damit, dass NC-Farben sich bei hohen Temperaturen leicht zersetzen und deshalb zu einer Beeinträchtigung der Qualität im Rezyklat führen können. Betroffen von der Änderung sind bislang ausschließlich Folien aus Polyethylen (PE) in einem Format größer als DIN A4, nicht kleinere PE-Folien sowie generell PP-Folien. Auch der Direktdruck ist nicht betroffen.

Die ZSVR hat aber bereits angekündigt, die Einstufung im kommenden Jahr gegebenenfalls auszuweiten. Dass vorerst nur ein relativ kleines Marktsegment betroffen ist, könnte so gesehen als „Gelbe Karte“ für NC-Farben gewertet werden.

Die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen IK weist ausdrücklich darauf hin, dass die neue Einstufung keinen Einfluss auf die Vermarktungsfähigkeit der PE-Folien hat. „Der Mindeststandard richtet sich ausschließlich an die Dualen Systeme. Er ist – anders als teilweise wahrgenommen – kein verbindlicher „Design for Recycling“-Leitfaden für die Wirtschaft“, erklärt Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft bei der IK.

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Auch finanzielle Nachteile im Rahmen der Beteiligungsentgelte bei den Dualen Systemen sind gegenwärtig nicht zu erwarten. Letzteres könnte sich allerdings ändern, wenn die Bundesregierung die angekündigte Reform des Paragrafen 21 Verpackungsgesetz abschließt.

IK: Mindeststandard muss transparenter werden

„Die Hersteller von Kunststoffverpackungen haben zweifellos ein großes Interesse an Qualitätsverbesserungen beim Rezyklat, um dieses auch selbst wieder einsetzen zu können. Dennoch hätten wir uns bei der jetzt beschlossenen Änderung ein transparenteres Vorgehen und die Berücksichtigung derzeit laufender Untersuchungen auf europäischer Ebene gewünscht“, bemängelt Schmidt. Sie empfiehlt, dass für jede Fraktion im Mindeststandard die Anwendungsmärkte für die Sekundärrohstoffe und die limitierenden Qualitätsanforderungen beschrieben werden sollten. Für die Einstufung einzelner Komponenten als Recyclingunverträglichkeit sollten außerdem Tests auf der Basis von Prüfprotokollen durchgeführt werden. Auch regt sie an, die Empfehlungen des eigens bei der ZSVR eingerichteten Expertenkreises der Wirtschaft öffentlich zu machen.

Übergangszeiträume für Anpassungen nötig

Die IK schlägt zudem eine Frühwarnfunktion oder Übergangszeiträume für Anpassungen im Mindeststandard vor. „Auch wenn die Änderungen keine rechtlichen Folgen mit sich bringen, müssen Unternehmen, die die Recyclingfähigkeit ihrer Verpackungen nach dem Mindeststandard zum Ziel erklärt haben, quasi über Nacht eine Neubewertung vornehmen“, erläutert Schmidt. „Die Umstellung auf andere Druckfarbensysteme ist mit technischen Herausforderungen und Investitionen verbunden.“ Der Verband rechnet damit, dass die Umstellung des Gesamtmarkts mehrere Jahre benötigen würde, weil die Kapazitäten in der Druckfarbenproduktion erst auf diesen Bedarf ausgerichtet werden müssten.

Anforderungen an das Design-for-Recycling steigen

Schmidt rechnet indes mit weiter steigenden Anforderungen an das Design-for-Recycling. „Mit dem Wiedereinsatz von Rezyklaten in Verpackungen steigen auch die Anforderungen an die Qualität der Rezyklate. Gerade Farben und Gerüche spielen hier eine große Rolle“, erläutert Schmidt. Auch die Verfahren müssen weiterentwickelt werden. Heißwäschen, De-Inking-Verfahren und Farbsortierung können die Rezyklatqualitäten im mechanischen Recycling entscheidend verbessern, sind aber auch zusätzliche Kostentreiber. Welchen Beitrag chemische Recyclingverfahren in technologischer und wirtschaftlicher Hinsicht leisten können, muss sich noch zeigen. „So oder so, das Design-for-Recycling von Verpackungen bleibt auch in Zukunft eine entscheidende Stellschraube für die Wirtschaftlichkeit und die Qualität des Recyclings“, prognostiziert Schmidt.

Europäische Harmonisierung in Sicht

Die aktuellen Änderungen erfolgen vor dem Hintergrund einer europäischen Harmonisierung des Design-for-Recyclings von Verpackungen: So erarbeitet die Wirtschaft unter dem Dach des europäischen Normungsinstituts CEN derzeit einen europäischen Standard für das Design-for-Recycling von Kunststoffverpackungen. Die noch im Entwurf befindliche EU-Verpackungsverordnung wird wahrscheinlich ab dem Jahr 2030 europaweit einheitliche Design-for-Recycling-Vorgaben für alle Verpackungsarten in Europa verbindlich vorschreiben. Verpackungen, die diesen Vorgaben nicht entsprechen, wären in der EU dann nicht mehr marktfähig.

Wie wichtig das Recycling von Kunststoffverpackungen heute ist, zeigt die aktuelle Recyclingquote von 65,5 % für werkstoffliche Recycling von Kunststoffverpackungen im Dualen System – der höchste jemals erreichte Wert, der aller Voraussicht nach im nächsten Jahr erneut übertroffen werden wird. Mehr dazu in diesem Beitrag der K-ZEITUNG. gk

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