Der Strompreis muss runter – für alle
Beim Strompreis sind die Maßnahmen der Politik – oder besser das Unterlassen von Maßnahmen – nicht die Lösung, sondern das Problem.
Kurz vor der Kabinettsklausur in Schloss Meseberg machte der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie e.V. (GKV) seinem Ärger und seiner Unzufriedenheit mit der aktuellen Bundesregierung Luft – vor allem, was den Strompreis für die Industrie betrifft. GKV-Präsidentin Dr. Helen Fürst bezeichnete die Regierungskoalition auf Bundesebene bei wichtigen Anliegen der Industrie als „uneinig oder erkennbar gänzlich unwillig“.
Abwanderung der Industrie in andere Länder droht
Fürst ließ auch keinen Zweifel aufkommen, welche Folgen drohen, wenn die Bundesregierung nicht „mindestens einen Gang hochschaltet“: „In der aktuellen Verfassung droht dem Industrieland Deutschland die massenhafte Abwanderung von Produktion in andere Länder.“
Der Kern der aktuellen Misere – und da sind sich GKV, das Institut der deutschen Wirtschaft IW und viele andere Verbände einig – sind die in Deutschland nicht wettbewerbsfähigen Energiepreise. „Hier muss der Staat zügig helfen, sonst droht die Deindustrialisierung“, heißt es vom IW.
Doch obwohl die Politiker in Meseberg bemüht waren, Einigkeit zu demonstrieren, gilt beim Energiepreis weiterhin, was Fürst schon vorher kritisierte: Die Regierungsvertreter sind in diesem Punkt auch weiterhin „uneinig oder erkennbar gänzlich unwillig“.
Weniger Stromsteuer würde der gesamten Industrie helfen
Dabei wäre eine Lösung, die nicht nur einigen wenigen Strom-Großverbrauchern, sondern der gesamten Industrie und vor allem dem Mittelstand helfen würde, so einfach: „Die Stromsteuer muss auf das europäische Mindestniveau abgesenkt werden. Es wäre sinnvoll, dass der Bund die Netzentgelte vollständig in den Bundeshaushalt übernimmt“, so GKV-Präsidentin Dr. Helen Fürst.
Wer genauer hinsieht, erkennt auch, dass aktuell die Maßnahmen der Politik – oder besser das Unterlassen von Maßnahmen – nicht die Lösung, sondern das Problem sind: Nach Berechnungen von Statista betrug der Strompreis für die Industrie in Deutschland im Jahr 2021 ohne auferlegte Steuern rund 9,08 Cent pro Kilowattstunde. Damit könnte die Industrie prima leben.
Industrie-Strompreis besteht zu 48 % aus Steuern und Umlagen
Doch staatliche Steuern und Umlagen, die heute 48 % des Strompreises ausmachen, und die Netzentgelte der Netzbetreiber, für die weitere 28 % anfallen, sorgten dafür, dass die Industrie 2022 einen Strompreis von gewaltigen 26,64 Cent pro Kilowattstunde berappen musste und damit einen erheblichen Teil ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit einbüßte.
Damit war der Strom für deutsche Unternehmen 2022 der teuerste in der ganzen Welt – mehr als dreimal so teuer wie in der Schweiz, doppelt so teuer wie in Großbritannien und zehnmal so teuer wie in China. Falls unsere Politiker angesichts dieser Fakten jetzt nicht endlich schnell und entschlossen handeln, muss man zwangsläufig den beiden Kritikpunkten von Dr. Helen Fürst „uneinig“ und „unwillig“ einen dritten hinzufügen, und zwar „unfähig“.
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