3D-Druck: Gefahr oder Zukunft der Kunststoffbranche?
Was sind die Auswirkungen des 3D-Drucks auf den Spritzguss? Ein Kommentar von Thomas Kalenbach, Anwendungstechniker 3D-Druck & Spritzgusssimulation bei der Barlog Gruppe.
Im internationalen Vergleich ist die deutsche Wirtschaft, allen voran die Kunststoffbranche, bereits ein Vorreiter in der Nutzung von 3D-Druck. Jedoch sollten wir uns hierauf nicht ausruhen: Um sich langfristig am Markt zu behaupten, ist es wichtig, nicht nur offen für neue Technologien zu sein, sondern deren Entwicklung aktiv mitzugestalten. Zwar ist es noch unklar, inwieweit sich 3D-Druck neben dem Spritzguss etablieren wird, doch schon jetzt lässt sich das enorme Potenzial in vielen Bereichen nutzen – insbesondere im Prototyping.
3D-Druck in der Kunststoffbranche
Zahlreiche Verfahren und unterschiedliche Materialien bieten ein breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten für 3D-gedruckte Bauteile – beispielsweise als Prototypen, Musterteile für Messen, Bauteile für Funktionstests kleinerer Baugruppen sowie Konstruktionsentwürfe und Vorrichtungen für die Fertigung. Einsatzgebiete gibt es vom Automobil- und Fahrzeugbau über das Bauwesen, die Elektrotechnik, die Luft- und Raumfahrt sowie den Maschinenbau bis hin zur Medizintechnik.
3D-Druck als Alternative zum Spritzguss?
Klarer Vorteil des 3D-Drucks gegenüber dem Spritzguss ist die deutlich schnellere und kostengünstigere Herstellung der Bauteile bei geringen Stückzahlen. Dazu kommt die Designfreiheit, sodass weitaus komplexere Modelle konstruiert und umgesetzt werden können. Allerdings fehlt es häufig noch an der entsprechenden Ausbildung von Konstrukteuren, um das Potenzial von 3D-Druck voll ausnutzen zu können. Ein weiterer Vorteil sind die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten durch Material- und Farbwechsel sowie Geometrievarianten.
Es gibt im Vergleich zum Spritzguss aber auch Nachteile: Gerade in Bezug auf die Stückzahlen beschränkt sich der 3D-Druck eher auf Einzelteile oder Kleinserien. Zudem ist die Oberfläche der Modelle vom Verfahren abhängig und kann sich je nach Geometrie in Aufbaurichtung stufenartig ausbilden. Dieser stufenartige Aufbau kann in einigen Fällen zu Einschränkungen in den mechanischen Eigenschaften führen. Im Allgemeinen besitzen 3D-Druck-Teile unabhängig vom Verfahren in der Regel schlechtere mechanische Eigenschaften als Spritzgussteile.
Materialien für den 3D-Druck
Außerdem besteht noch Potenzial bei der Weiterentwicklung von Materialien für den 3D-Druck. Je nach Verfahren sind die Auswahl an Werkstoffen und die Möglichkeit zur Anpassung an die Anforderungen noch sehr eingeschränkt. Insbesondere für den Filament-3D-Druck (FDM/FFF-Verfahren) entwickelt die Barlog Gruppe zurzeit spezielle Filamente, um diese Lücke zukünftig weiter schließen zu können.
3D-Druck als Ergänzung
Barlog sieht daher den 3D-Druck auf dem aktuellen Stand der Technik daher weniger als Alternative, sondern mehr als eine Ergänzung zum Spritzguss. Diese ermöglicht es, einzelne Entwicklungsschritte besser und effizienter zu machen sowie kostengünstig Prototypen für Kleinserien herzustellen. So lassen sich im Vorfeld Erfahrungen sammeln, mögliche Fehler frühzeitig erkennen und direkt vermeiden. Die Auswirkungen des 3D-Drucks auf die Spritzgussbranche betrachtet die Barlog Gruppe deshalb als sehr positiv – nicht etwa als Bedrohung.
Für das Dienstleistungsangebot bei Bahsys, einem Unternehmen der Barlog-Gruppe, ist die Technologie eine große Unterstützung bei Prozessen wie Designfindung, Entwicklung von Bauteilkonstruktionen, Funktionstests von Baugruppen und der Entwicklung von Werkzeugkonzepten. Bahsys berät Kunden zunächst intensiv, ob Spritzguss oder 3D-Druck für ihre Wünsche und Anforderungen das geeignete Herstellungsverfahren ist. Gemeinsam lässt sich dann die beste Lösung entwickeln.
Das große Potenzial des 3D-Drucks für die Industrie liegt heute aufgrund der häufigen Verwendung für Prototypen und Anschauungsobjekte, der überschaubaren Stückzahlen und der Designfreiheit ganz besonders in der Forschung und Entwicklung- Das betrifft den Automobilbau, Maschinenbau oder die Anlagentechnik. Ob der 3D-Druck in der Zukunft einmal den Spritzguss ablösen kann, hängt von der Technologieentwicklung ab. Sicher ist, dass die Barlog Gruppe auch darauf vorbereitet ist.
mg
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