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Additive Fertigung 6. Oktober 2023

3D-Druck – die ideale Ergänzung

Markus Kaltenbrunner, Geschäftsführer von Evo-Tech, erklärt, warum und wo der 3D-Druck eine ideale Ergänzung zum Spritzguss und zur Extrusion sein kann.

Markus Kaltenbrunner, Gründer und Geschäftsführer von Evo-Tech: „Wenn es um die Serienfertigung mit 3D-Druck geht, werden unsere FDM-Drucker eher in der Automatisierung oder für die Herstellung von Hilfsmitteln eingesetzt.“
Markus Kaltenbrunner, Gründer und Geschäftsführer von Evo-Tech: „Wenn es um die Serienfertigung mit 3D-Druck geht, werden unsere FDM-Drucker eher in der Automatisierung oder für die Herstellung von Hilfsmitteln eingesetzt.“

Bei der Frage nach sinnvollen Einsatzbereichen wird der 3D-Druck oft mit dem Spritzguss verglichen und es werden Grenzen diskutiert, ab/bis zu welcher Stückzahl welches Verfahren Sinn macht. Markus Kaltenbrunner, Gründer und Geschäftsführer des österreichischen 3D-Drucker-Herstellers Evo-Tech, ist das aber gar nicht so wichtig. Er sieht den 3D-Druck, speziell die FDM/FFF Technologie, als ideale Ergänzung, und zwar nicht nur für den Spritzguss, sondern sogar für die Extrusion.

Herr Kaltenbrunner, wenn sich ein Unternehmen für einen Evo-Tech 3D-Drucker interessiert: Wie häufig mussten Sie mit Ihrem Drucker gegen das Spritzgießen antreten?

Markus Kaltenbrunner: Sehr selten – bei den meisten Kunden, bei denen heute einer unserer Drucker installiert ist, steht eine Montage dahinter, eine Qualitätskontrolle oder eine Automatisierung. 3D-Drucker von uns sind sogar bei großen Herstellern von Spritzgießmaschinen im Einsatz, um individuelle Greifer für die Roboterautomatisierung herzustellen.

Es geht also gar nicht darum, dass der 3D-Druck den Spritzguss verdrängt, sondern es bestätigt sich, dass der 3D-Druck eine wichtige Ergänzung ist. Zum Beispiel, um Vorrichtungen, Greifer und andere Hilfsmittel zu bauen, die man auch bei der Herstellung von großen Serien nur in kleinen Stückzahlen braucht.

Oder für die Herstellung von Spritzgussformen?

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Kaltenbrunner: In diesem Punkt bin ich eher skeptisch. Durch die hohen Temperaturen beim Spritzguss wird es für Formen aus Kunststoff sehr schwierig. Da muss man sich die Temperaturen des 3D-Druck-Werkstoffes schon sehr genau ansehen. Denn oft werden von den Herstellern irgendwelche hohen Temperaturen angegeben, die für diesen Einsatz gar nicht relevant sind. Was zählt, ist die Glasübergangstemperatur, und die ist meist deutlich niedriger.

Wichtig ist zudem die Oberfläche der gedruckten Werkzeuge. Die Oberflächen beim FDM/FFF-Druck sind zum Beispiel viel zu schlecht, um damit Spritzgusswerkzeuge herzustellen, weil sich die Bauteile in den rauen Oberflächen des Werkzeugs verkrallen und sich nicht mehr entformen lassen. Besser geeignet sind hierfür Verfahren auf Photopolymerbasis.

Aber man könnte die Werkzeuge doch nachbearbeiten…

Kaltenbrunner: Stimmt, aber der Aufwand ist dann oft so hoch, dass es sich nicht mehr lohnt.

Also doch gleich echte Serienteile 3D-drucken…

Kaltenbrunner: Für die Herstellung von Einzelstücken ist der 3D-Druck auf jeden Fall die erste Wahl. Der 3D-Druck wird inzwischen auch von vielen Industrieunternehmen als Fertigungsverfahren akzeptiert. Wir haben auch einen Kunden, der sogar auf der Fakuma ausstellt, und der für einen Hersteller von Luxusfahrzeugen echte Serienteile auf unseren FDM-Maschinen produziert. Aber das ist doch eher die Ausnahme. Wie gesagt: Wenn es um die Serienfertigung mit 3D-Druck geht, werden unsere FDM/FFF-Drucker eher in der Automatisierung oder für die Herstellung von Hilfsmitteln eingesetzt.

Aber es gibt sie doch, die echte Serienfertigung mit 3D-Druck…

Kaltenbrunner: Natürlich. Ein Hersteller von Optik-Geräten hat zum Beispiel mit einem 3D-Drucker von Evo-Tech schon mehrere Tausend kleiner Bauteile 3D-gedruckt, die nicht im Sichtbereich liegen und die in Kundengeräten verbaut wurden. Wie wichtig der 3D-Druck für das Unternehmen heute ist, zeigt die Tatsache, dass unser 3D-Drucker nach zwei Jahren schon 6.000 Betriebsstunden erreicht hat.

Entstanden ist die Zusammenarbeit aber über die Herstellung von Prototypenteilen. Wir haben hier zum Beispiel große Prototypenteile für Messen hergestellt, die aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzt wurden und bei denen man nach der Oberflächenbehandlung nicht mehr sehen konnte, dass die Bauteile nicht aus einem Stück bestehen.

Gibt es denn Anwendungen, die perfekt geschaffen für den Einsatz des 3D-Drucks sind?

Kaltenbrunner: Es gibt ein sehr schönes Beispiel aus der Extrusion. Das Anfahren von Extrusionslinien nach einem Profilwechsel und vor allem das sogenannte „Profilaufstellen“, bei dem sich das Profil durch die Torsionskraft in eine aufrechte Position dreht, ist gefährlich und zeitaufwendig. Exelliq, die ehemalige Greiner Extrusion Group, hat dafür eine revolutionäre, 3D-gedruckte Lösung entwickelt: den Profile Raiser, soweit ich weiß, das erste 3D-gedruckte Bauteil, das in der Profilextrusion zum Einsatz kommt.

Der Profile Raiser wird einfach in das Extrusionswerkzeug geschoben und bewirkt, dass sich das Profil beim Anfahren von selbst aufstellt, denn er stützt das Profil bereits zu Beginn der Extrusion in der richtigen schrägen Einlaufposition. Nimmt das Profil dann langsam seine Form an, legt es sich aufgrund der Torsionskraft automatisch und sanft in die aufrechte Position. Bei einem Großteil der Profilgeometrien ist dadurch kein Eingriff mehr durch das Personal notwendig.

Das ist für mich eine perfekte 3D-Druck Anwendung. Denn das Prinzip ist zwar immer gleich, aber durch die unterschiedlichen Profilgeometrien ist jedes Teil anders. Zudem liegt das Profil als CAD-Geometrie vor, und so ist es ein Leichtes, individuelle Bauteile zum Profilaufstellen mit 3D-Druck herzustellen – und zwar ohne überlegen zu müssen, ob und wie ein Fräser die entsprechenden Bearbeitungsstellen erreichen kann. Inzwischen wurden von Exelliq schon viele Werkzeuge hergestellt und mit einem 3D-gedruckten Profile Raiser ausgeliefert.

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