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Technik 6. April 2018

Polymilchsäure wird konkurrenzfähig

Verbundprojekt Techplastic optimiert PLA-Compounds für technische Anwendungen. So entsteht ein neuer Markt für diesen Biokunststoff.
Schalter mit Steckdose: Ziel des Projekts Techplastic ist, den Biokunststoff Polymilchsäure auch für technische Produkte des Elektronik- und Bausektors fit zu machen.
Schalter mit Steckdose: Ziel des Projekts Techplastic ist, den Biokunststoff Polymilchsäure auch für technische Produkte des Elektronik- und Bausektors fit zu machen.

Verbundprojekt Techplastic optimiert PLA-Compounds für technische Anwendungen. So entsteht ein neuer Markt für diesen Biokunststoff.

Je nach Einsatzgebiet müssen Kunststoffe unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Speziell für die Elektroindustrie und Transportmittel werden technische Bauteile verwendet, die flammgeschützt, wärmeformbeständig und schlagzäh sind. Noch werden diese Materialien zumeist auf Erdölbasis hergestellt. Ein Projektkonsortium aus Industrie und Forschung entwickelt unter der Koordination von Fraunhofer Umsicht eine umweltgerechte und marktfähige Alternative aus Polymilchsäure (PLA) – mit konkurrenzfähigen Werkstoffeigenschaften.

Um die Produktion von Kunststoffen nachhaltig und in den geforderten Mengen sicherzustellen, bedarf es Alternativen zum Ausgangsprodukt Erdöl. Denn: dessen Vorräte sind begrenzt. Immer häufiger kommt der Biokunststoff PLA zum Einsatz. PLA stammt aus nachwachsenden Rohstoffen, ist biologisch abbaubar und mittlerweile in hohen Mengen und unterschiedlichen Qualitäten verfügbar. Hinzu kommt ein konkurrenzfähiger Materialpreis im Vergleich zu konventionellen Kunststoffen.

Flammschutz bislang ein Problem

"Um vermarktungsfähige Biokunststoffe aus PLA für technische Produkte herzustellen, müssen wir die Werkstoffeigenschaften anpassen und verbessern", erklärt Hendrik Roch, Abteilung Biobasierte Kunststoffe bei Fraunhofer Umsicht. Dazu zählen eine hohe Wärmeformbeständigkeit, eine hohe Schlagzähigkeit sowie eine effiziente und halogenfreie Flammschutzausrüstung. "Allerdings geht der Flammschutz meistens zu Lasten der mechanischen Eigenschaften, d. h. Schlagzähigkeit und Bruchdehnung verschlechtern sich", fügt Roch hinzu.

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Im Fall von PLA werde die ohnehin bestehende hohe Sprödigkeit durch die Flammschutzmittelzugabe zum Teil noch weiter verstärkt. Ein weiteres Problem stelle die langsame Kristallisation von PLA dar. Sie verhindere eine hinreichende Wärmeformbeständigkeit, sodass ein wirtschaftlicher Einsatz in technischen Spritzgussprodukten bisher nicht möglich war.

Schwachstellen von PLA beseitigen

Im Verbundprojekt Techplastic soll ein flammgeschütztes PLA-Compound für Spritzgussanwendungen entwickelt werden, das als Alternative zu konventionellen Kunststoffen eingesetzt werden kann. Zusammen mit den Projektpartnern Evonik, FKUR und IKV der RWTH Aachen sowie mit Unterstützung durch Gira Giersiepen, ICL Industrial Products, Nabaltec und Alfred Pracht Lichttechnik untersuchen die Fraunhofer-Forscher die relevanten materialtechnischen Schwachstellen von PLA und optimieren sie. Dafür werden eine Brandschutzklassifizierung UL94-V0 und eine Formbeständigkeit über 100 °C angestrebt. Parallel dazu steht die Verfahrenstechnik des Spritzgießens auf dem Prüfstand. Roch: "Dadurch können wir sowohl aus Material- als auch Prozesssicht wirtschaftlich und technisch tragfähige Lösungen erarbeiten."

Von Beginn an arbeiten im Projekt Techplastic Industrieunternehmen und Forschungsinstitute eng zusammen. Das gewährleistet eine möglichst praxisnahe Entwicklung und einen schnellen Transfer der Ergebnisse in die Industrie. Der Anwendungsfokus des PLA-Compounds liegt zunächst auf technischen Produkten des Elektronik- und Bausektors wie beispielsweise Leuchten oder Schalter und Tasten in der Gebäudetechnik.

mg

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