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Technik 12. Januar 2018

PET-Flaschen und Weichmacher künftig aus Zucker?

Forscher des Thünen-Instituts für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (TI) haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich die Basischemikalie 5-Hydroxymethylfurfural (HMF) aus Kohlenhydraten wie Fructose effizient und kostengünstig gewinnen lässt.
Werden PET-Flaschen bald auf der Basis von Zucker hergestellt?
Werden PET-Flaschen bald auf der Basis von Zucker hergestellt?

Forscher des Thünen-Instituts für Ländliche Räume, Wald und Fischerei (TI) haben ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich die Basischemikalie 5-Hydroxymethylfurfural (HMF) aus Kohlenhydraten wie Fructose effizient und kostengünstig gewinnen lässt.

Die Herstellung der industriell wichtigen Basischemikalie 5-Hydroxymethylfurfural (HMF) aus Kohlenhydraten stellt Chemiker seit über 100 Jahren vor Probleme. Bei der Verwendung des Lösemittels Wasser kommt es zu unerwünschten Nebenreaktionen, beim Einsatz wasserfreier Lösemittel ist hingegen die Abtrennung des gewonnenen HMFs schwierig. Forscher des TI haben nun ein Verfahren entwickelt, das auf das neuartige Extraktionsmittel Hexafluorisopropanol setzt (HFIP). HFIP weist im Gegensatz zu den bisher verwendeten Stoffen einen niedrigen Siedepunkt von 58°C und ein hohes Extraktionsvermögen für HMF auf.

Die Wissenschaftler konnten in einem Reaktionssystem mit HFIP und Wasser rund 90-prozentige HMF-Ausbeuten realisieren – die höchsten in diesem Bereich bislang bekannten Werte. Auch die Rückgewinnung des HFIP war aufgrund des geringen Siedepunktes energiesparend durch Destillation möglich, ebenso wie die Wiederverwendung der sauren, wässrigen Reaktionsphase. Schließlich gelang dem Forscherteam die Übertragung in ein einphasiges Wasser/HFIP-System im 1-Liter-Maßstab und in einen kontinuierlichen Festbettreaktor.

In ersten Versuchen zeigte sich außerdem, dass in dem HFIP-Reaktionssystem grundsätzlich auch andere Synthesen möglich sind. Dazu zählen die Synthesen von Xylose zu Furfural, von 3-Hydroxypropionaldehyd zu Acrolein, von 1,4-Butandiol zu Tetrahydrofuran und von 2,3-Butandiol zu Methylethylketon. Im nächsten Schritt wollen die Forscher das Verfahren in den Pilotmaßstab skalieren. Dafür suchen sie aktuell nach Industriepartnern. Aufgrund der positiven Ergebnisse und der großen Marktpotenziale meldeten sie HFIP als Extraktionsmittel zum Patent an.

Über Hydroxymethylfurfural

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HMF gehört zu den Top 10 biobasierter Basischemikalien. Durch seine verschiedenen funktionellen Gruppen lassen sich aus HMF vielfältige Produkte gewinnen. So kann die daraus herstellbare 2,5-Furandicarbonsäure petrochemische Bausteine in Polyamiden, Polyestern, Polyurethanen und Weichmachern ersetzen. Auch die Produktion von PET-Einwegflaschen, üblicherweise aus erdölbasiertem Terephthalat produziert, ist mit 2,5-Furandicarbonsäure möglich. Bislang war das Herstellungsverfahren von HMF jedoch nicht wirtschaftlich genug, um eine biobasierte Folgechemie im industriellen Maßstab zu etablieren. Dabei sind die Ausgangsstoffe für HMF – Kohlenhydrate wie Fructose – weltweit in großen Mengen verfügbar. Voraussetzung für ein Scale-up der HMF-Synthese ist allerdings eine ausreichende Verfügbarkeit von HFIP. Noch ist dieses Nischenprodukt der chemischen Industrie relativ teuer.

Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Der Abschlussbericht steht auf fnr.de unter dem Förderkennzeichen 22003813 zur Verfügung.

Lesen Sie in einer der kommenden Ausgaben der K-ZEITUNG mehr zu diesem Thema.

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