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Management 26. Januar 2021

New Work im Betriebsalltag mit Leben füllen

Change-Prozess im Betriebsalltag: So verändert New Work neben den Unternehmensstrukturen auch die Kulturebene eines Unternehmens.
Viele Angestellte gehen heute Tätigkeiten nach, die mit entsprechenden digitalen Lösungen problemlos auch vom Home-Office aus erledigen lassen.
Viele Angestellte gehen heute Tätigkeiten nach, die mit entsprechenden digitalen Lösungen problemlos auch vom Home-Office aus erledigen lassen.

Change-Prozess im Betriebsalltag: So verändert New Work neben den Unternehmensstrukturen auch die Kulturebene eines Unternehmens.

Eine neue Form der (Zusammen-)Arbeit – New Work – im Betriebsalltag eines Unternehmen zu etablieren, ist ein Change-Prozess, der außer der Struktur-, auch die Kulturebene umfasst. Das zeigen unter anderem die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie. „Wie wollen wir künftig in unserem Unternehmen (zusammen-)arbeiten?“ Mit dieser Frage beschäftigten sich Personalverantwortliche schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Eine zentrale Ursache hierfür war die Erkenntnis, dass die bereits vorhandenen – sowie künftigen – jungen Mitarbeiter aus den Generationen X, Y und Z oft anders „ticken“ als die älteren. Sie wollen mit ihrer Erwerbstätigkeit zwar auch ihren Lebensunterhalt verdienen, doch ein „gutes Gehalt“ allein genügt ihnen nicht. Sie wollen zudem eine „sinnvolle“ Arbeit verrichten, bei der sie sich verwirklichen können. Und bei allem Engagement im Job, legen sie mehr Wert auf ihre Work-Life-Balance als vorherige Generationen. Die Unternehmen befassten sich mit dem Thema „New Work“ also primär aus Personalmarketing-Gründen. Entsprechend stark kokettierten sie in ihrer Außendarstellung mit solchen „Nice-to-have-Faktoren“ wie einem Billardtisch, flexiblen Arbeitszeitmodellen sowie der Möglichkeit, auch mal eine Auszeit zu nehmen. Bezogen auf die Arbeitsorganisation und -gestaltung im Arbeitsalltag änderte sich indes meist wenig.

Corona verändert Sichtweise auf den Betriebsalltag

Doch dann kam Corona, und spätestens nach dem Lockdown im Frühling 2020 mussten die Unternehmen viele Prozesse neu gestalten. Und plötzlich waren Dinge möglich, die in der New-Work-Diskussion zwar oft angedacht, aber im Betriebsalltag selten realisiert worden waren. So zum Beispiel, dass

  • ein großer Teil der Mitarbeiter seine Arbeitszeit (weitgehend) zuhause im Homeoffice verbringt,
  • die Homeworker ihre Arbeit auch außerhalb der gewohnten Bürozeiten verrichten (weil sie ihre Kinder oder betagten Eltern betreuen mussten),
  • die Zusammenarbeit über Kollaborationstools wie Microsoft-Teams organisiert wird,
  • die erforderliche Kommunikation mit Kollegen, Kunden, aber auch externen Dienstleistern weitgehend digital erfolgt und
  • solche Fördermassnahmen wie Trainings und Coachings, aber auch Feedbackgespräche statt bei persönlichen Treffen in Online-Sessions stattfinden.
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Und siehe da: Es funktionierte irgendwie – zumindest, wenn die technische Infrastruktur stimmte und man sich mental darauf einließ. Eine weitere Erkenntnis war: In der von einer sinkenden Planbarkeit geprägten modernen, digitalen Welt genügt es nicht, wie zuvor oft gedacht, die Leistungserbringungsprozesse flexibler bzw. agiler zu gestalten. Vielmehr müssen die Unternehmenswerte und die Arbeitsorganisation viel grundsätzlicher hinterfragt werden, um als Unternehmen „zukunftsfit“ zu sein. Hinzu kommt: Der „Geist“, der corona-bedingt aus der Flasche kam, lässt sich nicht mehr in ihr verschliessen. Insofern liegt in der Corona-Krise auch eine Chance, weil sich in ihr die Motive für die Beschäftigung mit dem Thema New Work gewandelt haben. Zudem haben sich die Rahmenbedingungen hierfür geändert.

Weniger „Kosmetik“, mehr reale Veränderung

Inwieweit die Unternehmen nach dem Abklingen der Pandemie diese Chance real ergreifen oder wieder – soweit möglich – zum „Business as usual“ zurückkehren, ist noch ungewiss, denn wenn es um eine reale Kulturveränderung geht, wird es meist schwierig. Aus vielerlei Gründen. Zum einen ist der Begriff New Work nicht eindeutig definiert. Zwar werden im Gefolge des Sozialphilosophen Frithjof Bergman, der den Begriff in den 1990er Jahren prägte, oft Vokabeln wie Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft genannt, doch konkretisiert und operationalisiert werden diese Forderungen eher selten – auch weil die Ziele und Erwartungen an New Work zwischen der Unternehmensführung und den Mitarbeitern meist divergieren. Beim Neugestalten der (Zusammen-)Arbeit divergieren aber oft auch die Interessen der Mitarbeiter. Während einige zum Beispiel das Homeoffice begrüßen und hierauf auch künftig nicht verzichten möchten, sehnen sich andere nach der „guten alten Zeit“ im Betrieb zurück. Ähnlich verhält es sich, wenn es um Themen wie Digitalisierung, Arbeitszeitregelung, Entlohnung, Eigenverantwortlichkeit usw. geht. Folglich sind Konflikte in der Belegschaft vorprogrammiert.

„New Work Pioneers“ in der Organisation etablieren

Deshalb bedarf es, um ein solche Change-Projekte zu meistern, in den Unternehmen bereichsübergreifend Personen,

  • die sich mit den Projektzielen voll identifizieren,
  • die den hiermit verbundenen firmeninternen Meinungsbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess der Betroffenen begleiten,
  • die diese beim Bewältigung der nötigen Veränderungen unterstützen und
  • die als Resonanzboden der Interessen und Wünsche, Ängste und Befürchtungen der Mitarbeiter gegenüber der Unternehmensleitung dienen.

Solche „New Work Pioneers“ sorgen dafür, dass das sogenannte Employee Voice in die Planung und den Umsetzungsprozess einfließt. Sie achten zudem darauf, dass die einzelnen Bereiche im Unternehmen nicht bezüglich ihrer Kultur und Arbeitsweise auseinander driften, sondern die Veränderungen sich an den gemeinsamen, übergeordneten Werten und Zielen orientieren und entsprechend nachhaltig sind.

Max Leichner, Caroline Zielke, Dr. Stefanie Faupel / ak

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