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News 9. November 2023

Mehr Treibhausgase durch weniger Kunststoffverpackungen

Neue GVM-Studie offenbart Zielkonflikt bei EU-Verpackungsverordnung – Reduzierung von Kunststoffverpackungen würde Emission von Treibhausgasen erhöhen

Alle drei untersuchten Szenarien mit verschiedenen Anteilen von Ersatzmaterialien für Kunststoff wie Glas, Aluminium oder Papier/Pappe/Karton führen zu einem erhöhten Ausstoß von Treibhausgasen.
Alle drei untersuchten Szenarien mit verschiedenen Anteilen von Ersatzmaterialien für Kunststoff wie Glas, Aluminium oder Papier/Pappe/Karton führen zu einem erhöhten Ausstoß von Treibhausgasen.

Was Kunststoffexperten schon lange vermutet haben, hat jetzt eine neue Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) im Auftrag der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen mit konkreten Zahlen bestätigt: Eine Substitution von 10 % der Kunststoffverpackungen durch alternative Verpackungsmaterialien würde 10 bis 14 % mehr Treibhausgasemissionen verursachen.

Kunststoffverpackungen besonders ressourceneffizient

Grund: Kunststoffverpackungen sind im Vergleich mit anderen Verpackungsmaterialien besonders ressourceneffizient. Mit nur 24 g Verpackungskunststoff wird im Durchschnitt 1 kg Produkt sicher verpackt. Ohne Kunststoff liegt die durchschnittliche Materialeffizienz von Verpackungen bei 116 g pro kg verpacktem Produkt – das ist fast fünfmal mehr Material.

Dementsprechend gehen die Verpackungsmarkt-Experten der GVM davon aus, dass der Ersatz von Kunststoffverpackungen zu einem deutlichen Anstieg des Verpackungsabfalls führen würde. Bereits der Ersatz von einem Zehntel der Kunststoffverpackungen durch andere Verpackungsmaterialien würde das Verpackungsabfallaufkommen in den Haushalten um 10 bis 20 % steigen.

Mehr Material, mehr CO2-Emissionen

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Doch nicht nur beim Aspekt der Abfallmengen, sondern auch beim Thema Klimaschutz liefert die Studie wichtige Erkenntnisse: Die mit dem Verpackungsverbrauch verbundenen Treibhausgasemissionen würden zwischen 10 und 14 % steigen, wenn 10 % der Kunststoffverpackungen durch andere Verpackungsmaterialien ersetzt würden. Denn mehr Material bedeutet auch mehr Energieaufwand für die Herstellung, den Transport und das Recycling der Verpackungen.

Hochgerechnet auf den Verpackungsverbrauch privater Haushalte in Deutschland entspricht dies zwischen 1 und 1,5 Mio. t zusätzlicher Treibhausgasemissionen.

Zur Ermittlung des Klima-Effekts wurde von der GVM zunächst ermittelt, wie viele Treibhausgasemissionen durch den Verpackungsverbrauchs privater Haushalte in Deutschland verursacht wurden – knapp 11 Mio. t CO2-Equivalente waren dies im Jahr 2021. Ausgehend davon wurde berechnet, wie sich der Austausch von 10 % aller Kunststoffverpackungen durch andere Materialien auf die Klimabilanz auswirkt. Zur Beantwortung dieser Frage wurden von den Verpackungsmarktexperten der GVM drei Szenarien entworfen, die sich bezüglich der Anteile der Ersatzmaterialien Papier/Pappe/Karton, Glas, Eisenmetalle und Aluminium unterschieden. Alle Szenarien führten dabei zu gestiegenen Materialverbräuchen und Treibhausgasemissionen.

Green Deal der EU nur mit Kunststoff machbar

Die neuen Studienergebnisse identifizieren somit einen Zielkonflikt der EU: Sie möchte in der geplanten Verpackungsverordnung die Menge an Kunststoffverpackungen verringern, was jedoch dem Vorhaben im Green Deal widerspricht, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Bis 2050 soll die EU der erste klimaneutrale Kontinent sein.

„Die Versuchung ist groß, mit Plastikvermeidung Symbolpolitik zu betreiben. Doch die Politik muss sich ehrlich machen“, fordert deshalb Dr. Isabell Schmidt, Geschäftsführerin Kreislaufwirtschaft bei der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen. „Ob weniger Verpackungsmüll oder Treibhausgase – die Studie zeigt, dass sich die zentralen Umweltherausforderungen im Verpackungsmarkt nur durch materialneutrale und wissenschaftlich begründete Regelungen erreichen lassen“. gk

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