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Märkte 30. Oktober 2023

Medizintechnik: Umsatz und Unzufriedenheit steigen

4,8 % mehr Umsatz wird die deutsche Medizintechnik-Branche 2023 erwirtschaften, doch sie beklagt die schlechten Rahmenbedingungen am Standort Deutschland.

Der Gesamtumsatz der Medizintechnik-Branche in Deutschland liegt bei über 38 Mrd. EUR, die Exportquote bei 67 %. 2022 wird der Branchenumsatz laut BVMED um 4,8 % steigen.
Der Gesamtumsatz der Medizintechnik-Branche in Deutschland liegt bei über 38 Mrd. EUR, die Exportquote bei 67 %. 2022 wird der Branchenumsatz laut BVMED um 4,8 % steigen.

Die jährliche Mitgliederbefragung des Branchenverbands BVMED zeigt, dass 66 % der Medizintechnik-Unternehmen in diesem Jahr mit einem besseren Umsatzergebnis in Deutschland als im Vorjahr rechnen. Von einem Umsatzrückgang gehen 19 % der befragten Unternehmen aus. Bei 12 % sind die Umsatzrückgänge sogar im zweistelligen Bereich. Weltweit rechnet die Medizintechnik-Branche in diesem Jahr mit einem Umsatzplus von 6,4 % – also deutlich mehr als in Deutschland.

Der deutschen Medtech-Markt wird dieses Jahr gegenüber 2022 um 4,8 % zulegen. Die Branche zeigt sich damit insgesamt leicht erholt. Weltweit wird für die Branche allerdings mit einem Umsatzplus von 6,4 % gerechnet. Die globale Entwicklung hat sich nach den Corona-Krisenjahren also wieder besser entwickelt.
Der deutschen Medtech-Markt wird dieses Jahr gegenüber 2022 um 4,8 % zulegen. Die Branche zeigt sich damit insgesamt leicht erholt. Weltweit wird für die Branche allerdings mit einem Umsatzplus von 6,4 % gerechnet. Die globale Entwicklung hat sich nach den Corona-Krisenjahren also wieder besser entwickelt.

Nur 20 % rechnen mit mehr Gewinn

Aufgrund der Kostensteigerungen stehen die Gewinne der Unternehmen aber unter großem Druck. Nur 20 % der Medtech-Unternehmen erwarten in diesem Jahr Gewinnsteigerungen gegenüber dem Krisenjahr 2022. Mit 49 % gehen sogar knapp die Hälfte der Unternehmen von einer weiteren Verschlechterung der Gewinnsituation aus. Der wichtigste Grund für die angespannte Geschäftssituation sind wie im Vorjahr die gestiegenen Logistik-, Rohstoff- und Energiepreise. Hinzu kommen stark steigende Personalkosten aufgrund der Inflationsentwicklung sowie der zunehmende bürokratische Aufwand für das regulatorische System.

Innovationsklima der Medizintechnik-Branche auf Tiefpunkt

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Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die 93 % der Medizintechnik-Branche im Land ausmachen, beklagen stark gestiegene Personal-, Logistik-, Rohstoff- und Energiekosten sowie die hohen Kosten für die Umsetzung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR).

Der wichtigste Grund für die angespannte Geschäftssituation sind wie im Vorjahr die gestiegenen Logistik-, Rohstoff- und Energiepreise. Fast drei Viertel der Unternehmen, die an der BVMED-Umfrage teilnahmen, sind davon betroffen. Zwei Drittel der Unternehmen geben den zunehmenden bürokratischen Aufwand, 61 % die MDR-Implementierung als wichtigste Hürden an.
Der wichtigste Grund für die angespannte Geschäftssituation sind wie im Vorjahr die gestiegenen Logistik-, Rohstoff- und Energiepreise. Fast drei Viertel der Unternehmen, die an der BVMED-Umfrage teilnahmen, sind davon betroffen. Zwei Drittel der Unternehmen geben den zunehmenden bürokratischen Aufwand, 61 % die MDR-Implementierung als wichtigste Hürden an.

Das Innovationsklima ist nach dem BVMED-Index auf einem Tiefstand: Aktuell gehen die Investitionen am Standort Deutschland zurück, Forschungsinvestitionen werden zunehmend ins Ausland verlagert. „Das müssen wir mit standortfreundlicheren Rahmenbedingungen verändern. Dafür brauchen wir ganzheitliche Ansätze – eine Medtech-Strategie 2030 zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in Deutschland mit Handlungskonzepten für den Forschungs- und Produktionsstandort“, sagte BVMED-Vorstandsvorsitzender Dr. Meinrad Lugan.

Der zunehmende Druck auf die Branche wirkt sich verstärkt auch auf die Investitionen am Standort Deutschland aus. Mehr als ein Viertel der Unternehmen verringern ihre Investitionen. Ähnlich sieht die Situation bei der Forschung aus: 20 % verringern ihre Forschungsausgaben gegenüber dem Vorjahr.

Handwerklich schlecht gemachte MDR bremst Innovationen aus

„Deutschland ist bei Medizintechnologien Weltspitze. Noch. Denn: der Medizintechnik-Standort Europa ist stark gefährdet“, so Lugan weitr. Das liege vor allem an hausgemachten Problemen wie der handwerklich schlecht gemachten MDR, die Innovationen ausbremse, einer überbordenden Bürokratisierung und Regulierungswut, einer schleppenden und mangelnden Datennutzung sowie einer unzureichenden Wahrnehmung und Unterstützung des Mittelstands als das Herzstück der deutschen Wirtschaft.

Der Verband fordert daher vor allem die Abschaffung der Re-Zertifizierung alle fünf Jahre sowie eine Offensive für die Entbürokratisierung, die konsequent Überregulierungen abbaut und in Berlin und Brüssel für standortfreundliche Regulierungen kämpft. Auch ein besserer Datenzugang und ein Antragsrecht beim Forschungsdatenzentrum für Medizinprodukte-Unternehmen gehört zu den Forderungen.

Was muss von der Politik angegangen werden, um den Medizintechnik-Standort Deutschland zu stärken? An erster Stelle der Forderungen steht nach der BVMED-Herbstumfrage 2023 die Weiterentwicklung und Verbesserung des MDR-Systems. 77 % der Teilnehmenden nennen dies. Besonders wichtig ist den Unternehmen zudem ein Fast-Track-Verfahren für Innovationen mit klaren Fristen sowie ein Belastungsmoratorium für Medizintechnik-Unternehmen, verbunden mit einem umfassenden Bürokratieabbau.
Was muss von der Politik angegangen werden, um den Medizintechnik-Standort Deutschland zu stärken? An erster Stelle der Forderungen steht nach der BVMED-Herbstumfrage 2023 die Weiterentwicklung und Verbesserung des MDR-Systems. 77 % der Teilnehmenden nennen dies. Besonders wichtig ist den Unternehmen zudem ein Fast-Track-Verfahren für Innovationen mit klaren Fristen sowie ein Belastungsmoratorium für Medizintechnik-Unternehmen, verbunden mit einem umfassenden Bürokratieabbau.

Zu hoher Bürokratieaufwand

„Die MDR muss dringend weiterentwickelt und verbessert werden“, sagt BVMED-Geschäftsführer und -Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. Über drei Viertel der Unternehmen wünschen sich vor allem weniger Bürokratie. 64 % erwarten vorhersehbare und klare Fristen, 56 % berechenbare Kosten. Ebenfalls stehen ein Fast-Track-Verfahren für Innovationen, mehr Verfahrenstransparenz bei den Benannten Stellen sowie eine gegenseitige Anerkennung von ausländischen Zulassungen weit oben auf der Forderungsliste. Lugan: „Deutschland braucht eine forschungsstarke, leistungsfähige, wirtschaftlich gesunde und international wettbewerbsfähige Medizintechnik-Branche. Wir benötigen einen konkreten Maßnahmenkatalog, um den Medizintechnik-Standort Deutschland zu stärken.“ Der BVMED hatte bereits im Mai 2023 in einem wirtschafts-, forschungs- und gesundheitspolitischem Positionspapier Maßnahmen für die im Koalitionsvertrag vorgesehene Stärkung des Medizintechnik-Standorts Deutschlands gefordert. sk

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