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Technik 5. März 2024

Komplexes Schäumverhalten ganzheitlich im Blick

Forscher des IKT und des AOT-TP wollen in einem gemeinsamen Projekt das komplexe Schäumverhalten von Kunststoffen ganzheitlich betrachten

Gasblasen in einem per CT-Scan am IKT vermessenen, geschäumten Granulatkorn. Diese sind sehr wichtig für die Leistungsfähigkeit von geschäumten Kunststoffen. Aber ihre Bildung ist rechnerisch bislang noch schwer vorherzusagen, weil wichtige Kenndaten fehlen. Diese sollen nun ermittelt werden.
Gasblasen in einem per CT-Scan am IKT vermessenen, geschäumten Granulatkorn. Diese sind sehr wichtig für die Leistungsfähigkeit von geschäumten Kunststoffen. Aber ihre Bildung ist rechnerisch bislang noch schwer vorherzusagen, weil wichtige Kenndaten fehlen. Diese sollen nun ermittelt werden.

Das Institut für Kunststofftechnik (IKT) der Universität Stuttgart erforscht derzeit den Einfluss physikalischer Treibmittel sowie deren Löslichkeit und Diffusion im Kunststoff auf die Schmelzeviskosität und das Blasenwachstum bei der Schaumextrusion. Bisher wurden diese Aspekte bei der rechnerischen Auslegung der Prozesse nicht betrachtet – oder stark vereinfachte Annahmen getroffen. Dadurch war die Simulation des Schäumprozesses nur eingeschränkt möglich. Projektpartner ist das Institute of Advanced Optical Technologies – Thermophysical Properties (AOT-TP) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Ziel: Schäumverhalten detailliert beherrschen

Die Leistungsfähigkeit von geschäumten Kunststoffen, etwa für Isolationen und tragfähige Leichtbauteile, hängt sehr stark von der Größe und Größenverteilung der Poren ab. Darum ist es sehr wichtig, die Entwicklung und Dynamik der dafür verantwortlichen Kenngrößen im Schäumprozess detailliert zu beherrschen.

Das Blasenwachstum in treibmittelbeladenen Kunststoffen hängt von diversen Einflussfaktoren ab – etwa dem Löslichkeits- und Diffusionsverhalten des Treibmittels, den Fließ- und Dehneigenschaften der Schmelze und den Betriebsparametern (zum Beispiel Temperaturführung, Massedurchsatz oder Druckverlauf) während des Verarbeitungsprozesses. Der Einfachheit halber – und weil aussagekräftige experimentelle Daten noch fehlen – nimmt man einige dieser Parameter immer noch als konstant an. Zum Beispiel den Diffusionskoeffizienten, obwohl dieser unter anderem stark von der Temperatur und dem Druck abhängt. Dies führt natürlich zu zum Teil erheblichen Unwägbarkeiten und Fehleinschätzungen bei der Prozessauslegung, die durch teure Versuche korrigiert werden müssen.

Eigenschaften von Kunststoffschäumen realitätsgetreuer vorhersagen

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Ziel dieses gemeinsamen Forschungsvorhabens ist es daher, den Einfluss der oben genannten Größen auf den Blasenbildungsprozess in seiner Komplexität möglichst vollumfänglich zu verstehen. Dies soll Verarbeiter künftig in die Lage versetzen, die Eigenschaften von Kunststoffschäumen realitätsgetreuer vorherzusagen.

Dazu werden die Projektpartner systematisch den Verarbeitungsprozess in den Blick nehmen (IKT) und entsprechend vielfältige experimentelle Charakterisierungsmethoden nutzen. Darunter CT-Scans geschäumter Granulatkörner, Viskositätsmessungen (IKT) und die Dynamische Lichtstreuung (AOT-TP), die eine detaillierte experimentelle Untersuchung des Diffusionskoeffizienten der Treibmittel in der Kunststoffschmelze ermöglicht. Sie werden die Grundlagen für eine erste Modellbildung liefern (IKT). Hinzu kommen Messungen der Treibmittel- bzw. Gas-Löslichkeit und -Diffusion, Raman-Spektroskopie (AOT-TP), thermische Analysen und rheometrische Messungen (IKT).

Um einen tieferen Einblick in die Struktur-Eigenschafts-Beziehungen zu gewinnen, sind zudem Molekulardynamik-Simulationen geplant, die einen detaillierten Einblick in die Diffusionseigenschaften und die Fluidstruktur des Systems eröffnen (AOT-TP).

Die Arbeiten des IKT und des AOT-TP werden durch eine öffentliche Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglicht. gk

Weitere Forschungsprojekte des IKT

Beispiel für eine Hybridumformung, wie sie am IKT gemeinsam mit dem IFU erforscht wird: Durch Prägen eines Kunststoffkerns mit einem umliegenden metallischen Preform-Ring entsteht ein Zahnrad. Bei diesem Prozess ändert sich auch die Geometrie des metallischen Preforms.
Hybridbauteile weiter gedacht: Kunststoff prägt Metall
Die Institute IKT und IFU erforschen gemeinsam einen innovativen Weg zur Umformung von Hybridbauteilen.
In Autoklaven werden die mit HPOA stabilisierten Polyamid-Prüfkörper auf ihre Temperatur- und Medienbeständigkeit in einem Glykol-Wasser-Gemisch bei 135 °C untersucht.
Polyamid ohne Nebenwirkung stabilisieren
Das IKT entwickelt gemeinsam mit Oca-Tec neue Polyamid-Compounds, die ohne die Nachteile bisheriger Additive gegen Hitze stabilisiert werden.

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