Direkt zum Inhalt
News 16. August 2023

Exporte: China läuft Deutschland in der EU den Rang ab

Das deutsche Exportmodell gerät zunehmend ins Wanken: Selbst auf dem europäischen Markt wächst der Anteil chinesischer Produkte rapide.

Bislang dominieren noch deutsche Exporte den europäischen Markt, doch die chinesische Konkurrenz holt rasant auf.
Bislang dominieren noch deutsche Exporte den europäischen Markt, doch die chinesische Konkurrenz holt rasant auf.

Jahrzehntelang dominierten deutsche Exporte den europäischen Markt, doch die chinesische Konkurrenz holt immer schneller auf, wie eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) belegt. Demnach machten deutsche Produkte zur Jahrtausendwende rund 14 % an den gesamten EU-Importen aus, 2022 waren es nur noch 12,5 %. Im selben Zeitraum stieg der Anteil chinesischer Waren von 2,6 auf 8,8 % an.

Besonders deutlich wird diese Entwicklung beim Blick auf Produkte, die als deutsche Exportschlager gelten: Maschinen, chemische Produkte, Metallerzeugnisse oder Autos. Im Jahr 2000 hatte die deutsche Wirtschaft noch über 15 Prozentpunkte Vorsprung bei diesen anspruchsvollen Industriegütern – im vergangenen Jahr waren es nur noch 2,5 Prozentpunkte. 

China überholt Deutschland bei Elektronik

Insbesondere Computer und andere elektrische und optische Geräte kaufen die Europäer mittlerweile lieber aus chinesischer Produktion. Bei Autos hat Deutschland mit 22 % Importanteil zwar noch die Nase vorn, doch die Entwicklung der vergangenen paar Jahre zeigt auch hier: China holt rasant auf und macht dabei immer mehr Tempo. Das Land hat Erfahrungen im Bau von Elektroautos gesammelt, insbesondere während und nach der Corona-Pandemie konnte China seine Anteile auf dem europäischen Markt ausbauen. Zwar waren zuletzt nur 3,5 % der Kraftwagen, die die EU importierte, chinesischer Bauart, doch das Land hat seinen Anteil innerhalb von nur zwei Jahren mehr als verdoppelt – 2020 lag er noch bei 1,7 %. 

Ad

Energiekosten dürften Schwäche der Exporte verstärken

Laut der IW-Studie setzt die fortschreitende Energiewende die deutschen Unternehmen zunehmend unter Druck. „Egal ob Maschinenbau, Elektroindustrie oder Chemiebranche: In den wichtigsten deutschen Exportbranchen sinken die Anteilsvorsprünge immer stärker“, sagt IW-Studienautor und Außenhandelsexperte Jürgen Matthes. „Das deutsche Exportmodell scheint zunehmend ins Wanken zu geraten.“

EU-Länder weiterhin wichtigster Partner für Deutschland

Trotz dieser Entwicklungen spielt Europa für die deutsche Industrie weiterhin eine zentrale Rolle, wie eine aktuelle Studie von Prognos im Auftrag der VBW – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft zeigt: Die engen handelspolitischen Verflechtungen zwischen ihnen führen dazu, dass die europäischen Länder in sämtlichen untersuchten ökonomischen Bereichen die jeweils wichtigsten Partner für Deutschland darstellen.

Die VBW-Studie betrachtet das hypothetische Szenario, dass sich ein US-dominierter sowie ein China-dominierter Handelsblock bilden. Die EU könnte dann vor der Wahl stehen, sich auf eine Seite zu schlagen. Eine dritte Option wäre, einen „blockfreien“ Status zu wählen, in dem sich die Europäische Union keiner der beiden Seiten ökonomisch anschließt.

Blockbildung hätte negative Auswirkungen auf Deutschland

Das Ergebnis der Autoren: In den Bereichen Direktinvestitionen und grenzüberschreitende Forschung sind die Verknüpfungen mit dem US-Block stärker, bei Energierohstoffen und Importen allgemein ist der China-Block der bedeutendere Partner. Bei den anderen Bereichen sind die Verflechtungen mit den beiden Blöcken ähnlich. „Für den Fall einer hypothetischen Blockbildung gibt es aus rein wirtschaftlichen Überlegungen also keine klare Präferenz für die EU, sich einem der Blöcke anzuschließen“, so die Studie.

Wenn die EU als eigenständiger, neutraler Block agiere, hätte dies noch die geringsten wirtschaftlichen Einbußen zur Folge. „Fakt ist aber, dass es in jedem Fall zu wirtschaftlichen Verlusten kommen würde und deshalb eine De-Globalisierung mit einer Blockbildung der Weltwirtschaft unbedingt zu vermeiden ist“, so Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des VBW.

Passend zu diesem Artikel