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Haifischhaut aus Kunststoff macht Flugzeuge effizienter

Widerstandsreduzierende Aeroshark-Riblet-Filme verbessern Treibstoffverbrauch und Emissionen von Flugzeugen und sind jetzt für die Boeing 777 zertifiziert.

Die funktionalen Aeroshark Kunststofffolien auf der Flugzeughaut können mit ihrer speziellen Oberflächenstruktur aus mikroskopisch kleinen Rippen den Treibstoffverbrauch und damit die CO2-Emissionen um rund 1 % reduzieren.

Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) hat Lufthansa Technik Ende 2022 eine Ergänzende Musterzulassung (Supplemental Type Certificate, kurz: STC) erteilt, die nun offiziell den Weg für die Serienumrüstung von zwei Boeing 777-Varianten mit den treibstoffsparenden Aeroshark Riblet-Filmen ebnet. Durch das STC kann nun der Roll-out dieser von Lufthansa Technik und BASF gemeinsam entwickelten Nachhaltigkeitstechnologie auf die 777-Flotten der Erstkunden Lufthansa Cargo und Swiss International Air Lines (Swiss) beginnen. Die nächsten Umrüstungen in Frankfurt und Zürich sind für Januar 2023 geplant.

Künstliche Haifischhaut spart pro Jahr und Flugzeug 400 t Kerosin

Dank seiner speziellen Oberflächenstruktur aus mikroskopisch kleinen Rippen – so genannten Riblets – reduziert Aeroshark den Reibungswiderstand der Flugzeughaut. Die Oberflächenstruktur besteht aus rund 50 µm großen Rippen und imitiert die Eigenschaften von Haifischhaut. Dies optimiert die Aerodynamik an strömungsrelevanten Stellen des Flugzeuges, was den Treibstoffverbrauch und die CO2-Emissionen um rund 1 %  senkt. Für jede von Swiss betriebene Boeing 777-300ER bedeutet dies eine jährliche Einsparung von rund 400 t Kerosin und mehr als 1.200 t Kohlendioxid. Die etwas kürzere Boeing 777F von Lufthansa Cargo spart rund 370 t Treibstoff und 1.170 t CO2 pro Jahr.

Flugtestprogramm erfolgreich abgeschlossen

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Eine erste mit Aeroshark ausgerüstete Boeing 777-300ER der Schweizer Fluggesellschaft, die auch das Flugtestprogramm für die nun erhaltene Zertifizierung absolvierte, hatte bereits im Oktober 2022 den täglichen Betrieb mit einem temporären, nur für dieses eine Flugzeug gültigen "Permit-to-Fly" des Schweizer Bundesamtes für Zivilluftfahrt aufgenommen. Das von der EASA ausgestellte STC erlaubt es Lufthansa Technik nun, die von der Natur inspirierten Riblet-Filme in Serie auf Flugzeuge der Typen 777-300ER und 777F aufzubringen.

Folien mit extremer Widerstandsfähigkeit und Wetterfestigkeit

Der Unternehmensbereich Coatings der BASF entwickelt in seiner „Beyond Paint Solutions“-Einheit innovative, funktionale Filme – wie zum Beispiel die Riblet-Oberflächen. Gemeinsam mit Lufthansa Technik wurde eine Lösung realisiert, die die strengen Anforderungen der Luftfahrt erfüllt. Bei der Anwendung im Luftverkehr sind Außenflächen unter anderem starken UV-Strahlungen sowie Temperatur- und Druckschwankungen in großen Höhen ausgesetzt. BASF hat deshalb bei der Entwicklung den Fokus auf extreme Widerstandsfähigkeit und Wetterfestigkeit gelegt. Entscheidende Kriterien für eine Anwendung im Luftfahrtbetrieb sind eine einfache Anbringung und Handhabung, sowie eine unkomplizierte Reparaturfähigkeit, wofür ein maßgeschneidertes Konzept entwickelt wurde.

Die enge Zusammenarbeit zwischen BASF und Lufthansa legte die Basis für den erfolgreichen Einsatz der Aeroshark-Folien, die ihren rund 50 µm großen Rippen die Eigenschaften von Haifischhaut imitieren und dadurch den Reibungswiderstand der Flugzeuge verringern.

Keine negativen Auswirkungen auf Betriebssicherheit und Handling

Die Aeroshark-Modifikation der erstem Boeing begann bereits Ende August und gipfelte in sogenannten STC-Flügen mit der EASA am 8. und 9. September 2022. Bei diesen Flügen musste der detaillierte Nachweis erbracht werden, dass die Aeroshark-Modifikation keine negativen Auswirkungen auf die Betriebssicherheit und das Handling der Boeing 777 hat. Den STC-Flügen folgte eine mehrwöchige Auswertung der gesammelten Daten und weiterer Dokumente, beispielsweise von Ergebnissen aus Strömungssimulationen. Nachdem die EASA kürzlich die Prüfung aller eingereichten Unterlagen abgeschlossen hatte, erteilte sie schließlich das STC.

Neue Technologie für mehr Nachhaltigkeit im Luftverkehr

„Die Zulassung von Aeroshark für die Boeing 777-Varianten ist ein wichtiger Schritt bei der Verbreitung dieser neuen Technologie für mehr Nachhaltigkeit im Luftverkehr“, sagte Sören Stark, CEO von Lufthansa Technik. „Mit unserem Partner BASF können wir unsere Kunden nun dabei unterstützen, nicht nur einzelne Flugzeuge, sondern komplette Teilflotten klimafreundlicher zu gestalten. Gemeinsam wollen wir den Einsatz der neuen Technologie auch für weitere Flugzeugtypen realisieren. Wir sind weltweit das einzige Instandhaltungs- Unternehmen, das seinen Kunden solche Lösungen zur Reduzierung von Treibstoffverbrauch und CO2-Emissionen für Verkehrsflugzeuge anbietet. Darauf sind wir natürlich sehr stolz.“

Funktionale Filme machen Luftfahrt umweltfreundlicher

„Die Realisierung eines solchen Projekts ist nur durch partnerschaftliche Zusammenarbeit und großes Vertrauen in die gegenseitige Expertise möglich. Gemeinsam ist es uns gelungen, eine maßgeschneiderte Lösung zu entwickeln, die wirtschaftliches Handeln und Nachhaltigkeit gleichermaßen vereint“, erklärt Dr. Uta Holzenkamp, Leiterin des Unternehmensbereichs Coatings der BASF und in dieser Funktion auch zuständig für Funktionale Filme. „Mit dem funktionalen Film Novaflex Sharkskin helfen wir unseren Kunden, ihre individuellen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und so die Luftfahrt messbar umweltfreundlicher zu machen.“

Sobald alle Boeing 777 von Lufthansa Cargo und Swiss mit Aeroshark umgerüstet sind, werden sie den CO2-Fußabdruck des Lufthansa- Konzerns um mehr als 25.000 t jährlich reduzieren.

Swiss und Lufthansa Cargo werden nacheinander alle zwölf 777-300ER und elf 777F mit Aeroshark ausstatten. Sie sind damit die ersten Passagier- und Frachtfluggesellschaften weltweit, die eine komplette Teilflotte mit den Riblet- Filmen optimieren. Sobald alle Boeing 777 von Lufthansa Cargo und Swiss mit Aeroshark umgerüstet sind, werden sie den CO2-Fußabdruck des Lufthansa- Konzerns um mehr als 25.000 t jährlich reduzieren.

Aeroshark-Folien könnten CO2-Emissionen von bis zu 3 % vermeiden

Lufthansa Technik und BASF wollen Aeroshark darüber hinaus konsequent für weitere Flugzeugtypen und größere Flächen weiterentwickeln, um Fluggesellschaften auf der ganzen Welt bei der Erreichung ihrer Emissionsziele zu unterstützen. In ersten Modellrechnungen könnte die Haifischhaut-Technologie in ihrer maximalen Ausbaustufe sogar CO2-Emissionen in einer Größenordnung von bis zu 3 % vermeiden. gk

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