Composites: Prüftechnik für kryogene Wasserstoffprüfungen
Wie sich Composite-Materialien im Kontakt mit Wasserstoff verhalten, das untersucht das Faserinstitut Bremen mit Prüftechnik von Zwickroell.
Ein konkreter Anwendungsfall sind Composite-Wandungen von Wasserstofftanks, die mit Prüftechnik mittels statischer Zug-, Druck- oder Scherbelastungsprüfungen bei Tiefsttemperaturen bis 20 K (-253 °C) analysiert werden, um ihr ermüdungs- und bruchmechanisches Verhalten im kryogenen Umfeld zu bestimmen. Im kryogenen Umfeld wird Wasserstoff bei Temperaturen von 20 K flüssig und ist in diesem Zustand einfacher zu handhaben. Daher ist es wichtig, Materialien zu charakterisieren, die Wasserstoff ausgesetzt sind und gleichzeitig extremen Temperaturen standhalten müssen. Die großen thermischen Schwankungen und wechselnden Drücke können zu Materialbelastungen und Undichtigkeiten führen aufgrund unterschiedlicher Wärmeausdehnungskoeffizienten und bereits im Herstellungsprozess entstandener Spannungen.
Wasserstoff spielt eine große Rolle auf dem Weg zu einer emissionsfreien Luft- und Raumfahrt. Dies hat Einfluss auf die Wahl der geeigneten Materialien. Darüber hinaus müssen die Werkstoffe den hohen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen der Luft- und Raumfahrtbranche entsprechen, leicht und widerstandsfähig sein sowie extremen Temperaturschwankungen standhalten können.
Composite-Charakterisierungen bei Tiefsttemperaturen
Um den besonderen Anforderungen des Faserinstituts Bremen bei kryogenen Wasserstoffprüfungen gerecht zu werden, entschied man sich für standardisierte und vielseitig einsetzbare Materialprüfmaschinen von Zwickroell. Diese ermöglichen die Charakterisierung unterschiedlicher Materialien bei Tiefsttemperaturen und gewährleisten eine hohe Reproduzierbarkeit der Ergebnisse, unabhängig von den geforderten Prüfkräften und Belastungen in der Qualitätssicherung und Forschung.
Verschiedene Kryostatlösungen im Einsatz
Dabei wurden verschiedene Kryostatlösungen gewählt, die Prüfungen sowohl bei 77 K als auch von Raumtemperatur stufenlos bis 20 K ermöglichen. Ein speziell entwickeltes Lastjoch taucht den Probenhalter mit der eingespannten Probe in den Tiefsttemperaturbereich und gewährleistet so eine hohe Temperaturkonstanz. Kryostate von Zwickroell verfügen optional über ein Sichtfenster, um die Dehnungen und Verformungen der Probe mittels optischer Messtechnik des Videoxtens von außen und berührungslos zu erfassen. Die Prüfsoftware Testxpert unterstützt bei der Steuerung, Datenerfassung und -auswertung.
Angepasste Prüftechnik für spezielle Anforderungen
Die Versuche bei kryogenen Temperaturen bis zu -253 °C erfordern eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit den herkömmlichen Standardversuchen, die bei Temperaturen von -55 °C bis +120 °C und bei Raumtemperatur durchgeführt werden. Außerdem stellen solch niedrige Temperaturen eine Herausforderung für die verwendeten Materialien und die benötigten Dehnungs- und Wegmesssysteme dar. Spezielle Werkzeuge wurden entwickelt, um Proben aufzunehmen, die Kräfte und Wegmessungen präzise durchführen und den Laststrang ausrichten. Die Prüfsysteme ermöglichen eine breite Palette von Versuchen an Faserverbundwerkstoffen, darunter Zug-, Druck- und Biegeversuche sowie die Bestimmung der Interlaminaren Scherfestigkeit (ILSS) und der kritischen interlaminaren Energiefreisetzungsraten G1c (unter Mode I Belastung) und G2c (unter Mode II Belastung).
Laut Dr. Ernö Nemeth, Laborleiter am Faserinstitut Bremen (Fibre), hat Zwickroell durch sein Produktportfolio die Anforderungen des Instituts optimal erfüllt, sodass die Forschung und Zusammenarbeit mit Industriepartnern im Bereich Luft- und Raumfahrt die Möglichkeit böten, Materialcharakterisierungen bei extremen kryogenen Temperaturen durchzuführen. Nemeth: „Die gelieferten Prüfsysteme zeugen von herausragender Fachkenntnis und wurden präzise an unsere spezifischen Anforderungen angepasst.“ sk
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