Mehr Kooperation zwischen Kunststoff und Stahl
Beim Multi-Material-Leichtbau präsentiert sich NRW als künftige Keimzelle für Innovationen im Automobilbau.
Leichtbau ist und bleibt eine Schlüsseltechnologie für die künftige Mobilität. Gerade hier hat Nordrhein-Westfalen (NRW) mit seinen vielfältigen Kompetenzen einzigartige Voraussetzungen, um weltweit Spitzenpositionen einzunehmen.
Über Werkstoffgrenzen hinweg kooperieren
Diese zentralen Botschaften standen im Zentrum der hochkarätig besetzten Veranstaltung "Multi-Material-Leichtbau für die (Elektro-)Mobilität", zu der der Verein Kunststoffland NRW in die Firmenzentrale von Lanxess in Köln geladen hatte. Ziel war es, im direkten Dialog von Kunststoff-, Stahl- und Automobilindustrie konkrete Chancen auszuloten und die Weichen noch stärker in Richtung Kooperation am Standort zu stellen.
Mit dieser thematischen Ausrichtung knüpft der der Verein Kunststoffland NRW aus Sicht seines Vorsitzenden Reinhard Hoffmann, Geschäftsführender Gesellschafter Gerhardi Kunststofftechnik, unmittelbar an Diskussionen und Fragestellungen an, die Expertenkreise aus Automobilindustrie und Werkstoffindustrien aktuell bewegen:
- Wie sieht die neue Mobilität aus?
- Welche Bedeutung kommt in nächster Zeit dem Leichtbau und damit zugleich neuen Materialkonzepten zu?
- Wie können die Unternehmen am Standort NRW mit ihren historisch gewachsenen Werkstoffkompetenzen bei Kunststoff und Metall Wettbewerbsvorteile ausbauen?
Gerade die letzte Frage trieb besonders auch NRW-Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart um, als er an die anwesenden Industrievertreter appellierte: "Wir müssen Nordrhein-Westfalen mit seiner starken Industrie gemeinsam weiter nach vorne bringen. Hierzu sollten wir rund um das Schlüsselthema Leichtbau auch branchen- und werkstoffübergreifend denken und handeln!"
Multi-Material-Leichtbau für Mobilität der Zukunft
Gunnar Herrmann, Chef der Ford-Werke in Köln, unterstrich in seiner Keynote die zentrale Bedeutung von neuen Materialkonzepten und Multi-Material-Leichtbau für die Mobilität der Zukunft. Sein Credo: "Das richtige Material, zur richtigen Zeit, am richtigen Produkt" markierte die Richtung, in der noch viele Innovationschancen liegen.
Als Gastgeber verdeutlichte Lanxess-Chef Matthias Zachert, wie intensiv der Chemie- und Kunststofferzeuger bereits an der neuen Mobilität arbeite: "Neue Mobilitätsformen wie das autonome Fahren, die Elektrifizierung des Fahrzeugantriebs und neue Logistikkonzepte verändern auch die Kunststoffindustrie. Im Jahr 2025 werden ca. 80 Prozent aller weltweit produzierten Fahrzeuge über alternative Antriebe verfügen. Lanxess baut am Auto der Zukunft mit: Wir entwickeln Hochleistungskunststoffe für Leichtbauanwendungen – in allen Bereichen des Automobils."
Hybridlösungen bieten zahlreiche Vorteile
Bewusst setzt der Kunststoffhersteller auch auf neue Kunststoff-Metall-Verbundtechnologien für die automobile Großserie und nutzt damit die Potenziale derartiger Hybridlösungen. Die Kombination von Material- und Prozess-Know-how aus verschiedenen Werkstoffwelten kann nämlich nicht nur zu Kostensenkungen führen und Leichtbau so bezahlbarer machen, sondern verschafft ebenso Vorteile bei Montage und Logistik. Wie groß die Herausforderungen dabei allerdings sind, machte Bernhard Osburg, Head of Sales Steering, Thyssenkrupp Steel Europe eindrucksvoll deutlich: "Innovationen müssen bei uns immer im Volumen erfolgreich sein. Auch und gerade für neuartige Multi-Material-Ansätze gilt deshalb zwingend: Raus aus der Nische."
Berührungsängste zwischen Kunststoff- und Metallindustrie
Trotz dieser hoffnungsvollen Ansätze ist noch viel zu tun, davon zeigte sich Reinhard Hoffmann aus der Perspektive von Kunststoffland NRW überzeugt: "Nach meiner Erfahrung bleiben bisher viele dieser Chancen ungenutzt. Offenbar bestehen nach wie vor Berührungsängste und Verständnisprobleme zwischen Kunststoff- und Metallindustrie, echte Hybridansätze in Volumenfahrzeugen sind leider noch Mangelware. Hier müssen wir dringend Abhilfe schaffen, wozu wir die OEM als Treiber benötigen."
Dass davon nicht nur die Unternehmen profitieren, sondern der Standort NRW insgesamt, steht für Prof. Christian Hopmann, Leiter des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Aachen, außer Zweifel: "Das Material- und Prozesswissen aus sämtlichen Werkstoffwelten ist in NRW in einer Breite und Tiefe vorhanden wie in keiner anderen Region in Europa, vielleicht sogar weltweit. Wenn wir die Know-how-Träger dieser Segmente vernetzen und über Werkstoffgrenzen hinweg kooperieren, sind wir im internationalen Wettbewerb unschlagbar."
mg