Direkt zum Inhalt
Management 3. April 2018

Diese neuen Kompetenzen brauchen Führungskräfte

Wie die fortschreitende Digitalisierung Organisationsstrukturen, Personalentwicklungskonzepte und Führungsfunktionen verändert.
Führungskräfte müssen auf Grund der Digitalisierung in immer mehr vernetzten Strukturen denken.
Führungskräfte müssen auf Grund der Digitalisierung in immer mehr vernetzten Strukturen denken.

Wie die fortschreitende Digitalisierung Organisationsstrukturen, Personalentwicklungskonzepte und Führungsfunktionen verändert.

"Digital leadership", "digital leader" – seit zwei, drei Jahren geistern diese Begriffe durch die Managementdiskussionen. Sie stoßen auf eine große Resonanz, weil die Unternehmen zunehmend erkennen: Die fortschreitende Digitalisierung stellt außer unseren Organisationsstrukturen auch unsere bisherigen Personalentwicklungskonzepte in Frage. Zudem wandelt sich die Funktion von Führung – unter anderem, weil heute in den meisten Unternehmen deren Kernleistungen in bereichs- und hierarchie- und oft sogar unternehmensübergreifender Team- und Projektarbeit erbracht werden.

Das heißt: Die Bereichs- und Abteilungsgrenzen werden durchlässiger und verlieren an Bedeutung. Für die Führungskräfte bedeutet dies: Sie müssen zunehmend in vernetzten Strukturen denken. Und: Sie müssen gute Netzwerker sein – unter anderem, damit sie bereichsübergreifend im Dialog mit ihren Kollegen die Arbeitsstrukturen und -beziehungen so gestalten können, dass die (Bereichs-)Ziele erreicht werden.

Digitale Strukturen erfordern digitales Denken der Führung

Der zentrale Treiber dieser Entwicklung ist die Informationstechnologie. Sie ermöglicht neue Problemlösungen und durchzieht heute die meisten Unternehmen wie das Nervensystem den menschlichen Körper. Deshalb müssen die Führungskräfte stärker in digitalen Zusammenhängen denken. Sie müssen zudem einschätzen können, was aktuell und in naher Zukunft technologisch möglich ist. Zugleich wird es verstärkt ihre Aufgabe, ihren Mitarbeiter vor Augen zu führen, welche Herausforderungen und Chancen sich hieraus ergeben; des Weiteren sie zu ermutigen, diese aktiv zu nutzen.

Ad

Das setzt voraus, dass die Führungskräfte selbst bereit sind, ihre Denk- und Verhaltensgewohnheiten zu überdenken. Sie müssen sich zudem eingestehen, dass sie in der VUCA-Welt (Abkürzung der Worte Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity) allein oft nicht über die Kompetenz verfügen, um eine adäquate Lösung zu entwerfen. Also müssen sie offen sein für Rat und Unterstützung – von Kollegen, externen Beratern oder Experten im eigenen Bereich, die einen Know-how- oder Erfahrungsvorsprung haben. Eine entsprechende Unterstützung müssen sie ihrerseits wiederum ihren Mitarbeiter gewähren – beim Lösen ihrer Aufgaben und Entwickeln ihrer Kompetenz.

Verabschieden müssen sich die Digital Leader von morgen zudem von der Fiktion: Veränderungen sind in der VUCA-Welt langfristig und im Detail planbar. In ihr ist vielmehr, wenn weitreichende Veränderungen oder langfristige (Entwicklungs-)Ziele erreicht werden sollen, ein ähnliches Vorgehen angesagt wie beim klassischen Lean Management, das auf eine kontinuierliche Verbesserung abzielt: Also ausgehend von einer vorläufigen Planung die ersten Schritte tun. Dann evaluieren: "Erzielen wir so die gewünschte Wirkung?" Und dann abhängig vom Ergebnis, den Kurs entweder korrigieren oder beibehalten. Das setzt voraus, dass die Führungskräfte in einem regelmäßigen, von Vertrauen geprägten Informationsaustausch mit ihren Mitarbeitern stehen und sie und ihre Mitarbeiter bereit sind, sich Fehlversuche einzugestehen.

Leadership-Kompetenz entwickeln: Das Lean Leadership-Development-Modell

Einen solchen, von Kooperation auf Augenhöhe und regelmäßiger (Selbst-)Reflexion geprägten Führungsstil praktizieren noch wenige Führungskräfte. Deshalb feilen zurzeit viele Unternehmen an neuen Führungskräfteentwicklungskonzepten. Dabei orientieren sie sich häufig am Lean Leadership-Development-Modell.

Dieses Modell unterscheidet in der Kompetenzentwicklung von Führungskräften vier Stufen.

Stufe 1: Sich als Führungskraft selbst entwickeln

Dahinter steckt die Annahme, dass in der VUCA-Welt eine Kernkompetenz von Führungskräften ist, das eigene Verhalten und Wirken zu reflektieren und die eigene Performance systematisch zu erhöhen.

Stufe 2: Andere Menschen coachen und entwickeln

Die zweite Kompetenz-Stufe besteht in der Fähigkeit, als Führungskraft andere Personen so zu entwickeln, dass diese ihrerseits die Kompetenz erwerben, ihr Verhalten und ihr Wirken zu reflektieren und eigene Lernprozesse zu initiieren.

Stufe 3: Das tägliche Sich-Verbessern (Kaizen) unterstützen

Hier geht es darum, Gruppen von Mitarbeitern (Teams, Abteilungen, Bereiche) in eine Richtung auszurichten und den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu sichern.

Stufe 4: Eine Vision schaffen und die Ziele abstimmen

In die letzte Entwicklungsstufe ist idealerweise die gesamte Organisation involviert. Nun geht es darum, bereichs- und hierarchieübergreifend alle Aktivitäten so aufeinander abzustimmen, dass die übergeordneten Unternehmensziele erreicht werden und die Organisation eine High-Performance-Organisation wird oder bleibt.

Unternehmen als lernende Organisationen

Von einer Führungskräfteentwicklung, die sich an diesem Kompetenz-Modell orientiert, versprechen sich die Unternehmen eine höhere Innovationskraft ihrer Organisation; außerdem, dass sie sukzessiv zu einer Entlastung der Führungskräfte führt – und zwar in dem Maße, wie ihre Mitarbeiter die Kompetenz entwickeln, eigenständig ihr Verhalten und ihre Wirkung zu reflektieren und sich zu entwickeln.

Denn je mehr Mitarbeiter eine Routine im eigenständigen Erkennen und Lösen von "Problemen" entwickelt haben, umso seltener müssen die Führungskräfte korrigierend und unterstützend eingreifen. Das entlastet sie. Und das Unternehmen? Es ist für die VUCA-Welt gewappnet, da es sich zu einer lernenden Organisation entwickelt hat.

jm/Dr. Daniela Kudernatsch

Passend zu diesem Artikel