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Unternehmen 22. August 2023

„Mit Wissen gegen den Fachkräftemangel“

Im Interview mit der K-Zeitung erläutert Kathrin Neunteufel-Steyer, wie Engel mit Schulungen gegen den Fachkräftemangel helfen will.

Kathrin Neunteufel-Steyer treibt bei Engel das Geschäft mit weltweiten Kundenschulungen voran. Web-based Trainings, bislang in deutscher und englischer Sprache, sollen künftig auch in weiteren Sprachen angeboten werden.
Kathrin Neunteufel-Steyer treibt bei Engel das Geschäft mit weltweiten Kundenschulungen voran. Web-based Trainings, bislang in deutscher und englischer Sprache, sollen künftig auch in weiteren Sprachen angeboten werden.

Welchen Stellenwert haben Schulungen im internationalen Kontext? Wie hat sich das Schulungsgeschäft bei Engel entwickelt? Und welche Rolle spielt dabei Gamification? Darüber sprachen wir mit Kathrin Neunteufel-Steyer, Leiterin Globale Kundenschulungen und Dokumentation bei Engel.

Frau Neunteufel-Steyer, inwiefern hat sich der Schulungsbedarf bei den Kunststoffverarbeitern weltweit in den vergangenen Jahren gewandelt?

Kathrin Neunteufel-Steyer: Wir stellen fest, dass bei unseren Kunden immer weniger Fachkräfte vorhanden sind und deshalb viele Quereinsteiger die Maschinen bedienen. Dadurch wird es prinzipiell wichtiger, die Mitarbeiter zu schulen. Auf der einen Seite sind Schulungen im Bereich Spritzgieß-Grundlagen stark nachgefragt, auf der anderen Seite aber auch solche im Bereich Verfahrenstechnik. Den Beruf des Anwendungstechnikers wie wir ihn in Österreich und Deutschland kennen, gibt es in vielen Ländern gar nicht. Auf internationaler Ebene bekommen wir daher vermehrt Anfragen zum Prozesswissen. Etwa: Wie kann ich schnellere Zykluszeiten erreichen? Wie kann ich die Qualität meiner Produkte beim Spritzgießen verbessern?

Fachkräftemangel ist weltweit ein Thema

Stehen Verarbeiter in Mitteleuropa vor anderen Herausforderungen?

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Neunteufel-Steyer: Der Fachkräftemangel in unserer Branche ist ein weltweites Problem, damit haben alle Unternehmen rund um den Globus zu kämpfen. Die Schwerpunkte werden in Mitteleuropa aber sicher etwas anders gesetzt als zum Beispiel in den USA. So sind hier weniger Basiskurse gewünscht als vielmehr tieferes Wissen, etwa im Automatisierungsbereich. Ein großes Thema in Europa ist angesichts der stark gestiegenen Strompreise natürlich: Wie kann ich energieeffizienter spritzgießen? Auch in Asien stößt das Thema auf Interesse. Aus diesem Grund haben wir in unser Weiterbildungsangebot in diesem Bereich gezielt ausgebaut.

Welche anderen Weiterbildungsthemen sind für Ihre europäischen Kunden derzeit von Interesse?

Neunteufel-Steyer: Die Frage, wie Spritzgießmaschinen mithilfe von digitalen Assistenzsystemen besser bedient werden können, ist für alle Märkte interessant. In den mitteleuropäischen Ländern steht dabei die Funktionalität im Fokus, die Maschinenbediener interessiert vor allem, wie die digitalen Systeme Mehrwert schaffen können. Da es sich um komplexe Systeme handelt, sehen wir es als unsere Aufgabe an, deren Funktionsweise genauer zu erklären. Also zum Beispiel: Warum und wie verändert sich ein Parameter, wenn ich das System einsetze. In anderen Ländern steht eher das „Was“ im Zentrum. Das heißt, es geht vielmehr um die Frage, welches Ergebnis mit dem System erzielt werden kann.

„Der Trend geht weiter Richtung E-Learning“

Sie sind Anfang 2022 bei Engel gestartet, um den Bereich Kundenschulungen neu aufzustellen – also mitten in der Corona-Pandemie, als virtuelle Meetings und Veranstaltungen eine Hochphase erlebten. Was ist davon heute geblieben?

Neunteufel-Steyer: Generell geht der Trend im Weiterbildungsbereich seit vielen Jahren Richtung Digitalisierung. E-Learning zum Beispiel ist längst zum Standard geworden, weil die Menschen damit nach ihrem Tempo und ihren Zeitfenstern lernen können – und damit unabhängig sind von festen Terminen. Auch in der Kunststoffbranche setzt sich dies immer mehr durch. Verstärkt fragen Personalentwicklungsabteilungen bei uns auch nach größeren Schulungspaketen im E-Learning-Bereich an. Um hier ein passgenaues Angebot machen zu können, bieten wir digitale Wissenstests für die Unternehmen an. Wenn also zum Beispiel ein deutsches Unternehmen mit Produktionsstandorten in den USA und in China wissen möchte, auf welchem Niveau die Produktionsmitarbeiter an den einzelnen Standorten sind, ist dies ein sehr gutes Tool.

Auch wenn viele Schulungen bei Engel in der Zwischenzeit online ablaufen: Nach der Corona-Pandemie sind wieder verstärkt Präsenzveranstaltungen gefragt.
Auch wenn viele Schulungen bei Engel in der Zwischenzeit online ablaufen: Nach der Corona-Pandemie sind wieder verstärkt Präsenzveranstaltungen gefragt.

Haben Sie in der Pandemie-Zeit begonnen, diese Online-Angebote zu entwickeln?

Neunteufel-Steyer: Engel hat glücklicherweise schon lange vor der Pandemie begonnen, sein Wissen zu digitalisieren. Kurze, kostenfreie Webinare zu neuen Produkten funktionieren online sehr gut. Aber nach wie vor liegt unser Schwerpunkt auf Präsenzveranstaltungen – entweder an einem unserer 22 zertifizierten Trainingsstandorte in der ganzen Welt oder vor Ort beim Kunden.

Wollen Sie das E-Learning-Angebot weiter ausbauen?

Neunteufel-Steyer: Auf alle Fälle. Wir sind jetzt auch dabei, diese E-Learning-Kurse international einem breiteren Publikum anzubieten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wir noch mehr Sprachen umsetzen müssen. Momentan gibt es Web-based Training nur in Englisch und Deutsch. In diesem Zuge werden wir in Zukunft auch einen neuen Ansatz verfolgen und mehr spielerische Elemente in unsere E-Learning-Angebote hineinbringen, Stichwort Gamification. Wie genau das aussehen wird, möchte ich noch nicht verraten. Jedenfalls ist damit verbunden, dass die Formate kürzer werden.

Engel legt im Schulungsgeschäft Wert auf internationale Standards

Wie viele Mitarbeiter bei Engel kümmern sich um die Kundenschulungen?

Neunteufel-Steyer: Weltweit sind es um die 100 Engel-Mitarbeiter, die in die Trainings involviert sind. Diese werden von uns im Headquarter in Schwertberg zertifiziert – hinsichtlich der Inhalte, die sie vermitteln und auch nach didaktischen Kriterien. Zusätzlich gibt es für sie immer wieder Update-Schulungen im Online-Format. Technische Veränderungen oder Neuentwicklungen an unseren Produkten fließen natürlich in die Schulungen ein. Nur so können wir garantieren, dass wir weltweit den gleichen Standard haben. Die internationale Standardisierung betrifft auch die Schulungsunterlagen, die wir in Schwertberg in Abstimmung mit den Niederlassungen entwickeln. Dafür haben wir internationale Expertengruppen aufgebaut. Dennoch dürfen und sollen die Trainer vor Ort immer auch die nationalen Gegebenheiten berücksichtigen. Eine Schulung in Thailand wird zum Beispiel immer praxisorientierter sein und weniger Theorie beinhalten als das gleiche Training in Deutschland.

Neunteufel-Steyer: „E-Learning ist längst zum Standard geworden, weil die Menschen damit nach ihrem Tempo und ihren Zeitfenstern lernen können – und damit unabhängig sind von festen Terminen. Auch in der Kunststoffbranche setzt sich dies immer mehr durch.“ 
Neunteufel-Steyer: „E-Learning ist längst zum Standard geworden, weil die Menschen damit nach ihrem Tempo und ihren Zeitfenstern lernen können – und damit unabhängig sind von festen Terminen. Auch in der Kunststoffbranche setzt sich dies immer mehr durch.“ 

In welchen Ländern finden derzeit die meisten Schulungen statt?

Neunteufel-Steyer: Große Trainingsstandorte sind Österreich und Deutschland. Aber auch in Polen, China und Tschechien ist das Schulungsangebot sehr breit.

Wie hat sich das Trainingsgeschäft bei Engel in den vergangenen Jahren entwickelt und wohin soll es gehen?

Neunteufel-Steyer: In der Pandemie-Zeit war es schwierig. Online-Angebote konnten Präsenz-Trainings nicht kompensieren. Im vergangenen Geschäftsjahr lief es dann extrem gut. Generell wollen wir den Schulungsbereich bei Engel weiter ausbauen, um unsere Kunden zu unterstützen. Doch keine Sorge: Der Fokus von Engel wird weiterhin auf den Maschinen liegen, wir werden kein Schulungsanbieter werden. Um unser Angebot zu stärken, arbeiten wir ja auch mit „neutralen“ Schulungsanbietern zusammen. In Deutschland sind das zum Beispiel das SKZ und das Kunststoffinstitut Lüdenscheid, in Österreich haben wir neuerdings eine Kooperation mit dem Bildungszentrum Lenzing. Gemeinsam wollen wir uns partnerschaftlich gut ergänzen.

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