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Unternehmen 27. September 2023

„Eine eigene Fabrik in China ist eine Notwendigkeit“

Im Interview mit der K-Zeitung erklärt Michael Wittmann, welche Internationalisierungsstrategie die Wittmann Group verfolgt – und welche Rolle China spielt.

Michael Wittmann, President der Wittmann Group: „Durch den Nearshoring-Trend bei US-Unternehmen werden Projekte aus China verlagert; aber nicht unbedingt in die USA, sondern in die Nähe und das ist in sehr vielen Fällen Mexiko.“
Michael Wittmann, President der Wittmann Group: „Durch den Nearshoring-Trend bei US-Unternehmen werden Projekte aus China verlagert; aber nicht unbedingt in die USA, sondern in die Nähe und das ist in sehr vielen Fällen Mexiko.“

Die Wittmann Group verzeichnet seit einem Jahr eine sinkende Nachfrage; insbesondere in Zentraleuropa. Nur die Medizintechnik und die Schüttguttechnik sind davon ausgenommen. Wie die Unternehmensgruppe der Krise begegnen will und welche Auswirkungen dies auf die Internationalisierung hat, darüber sprachen wir mit dem Management der Wittmann Group: Michael Wittmann (President Wittmann Group), Jochen Pernsteiner (Leiter Vertrieb Wittmann Battenfeld) und Markus Wolfram (Leiter Vertrieb Wittmann Technology).

Herr Wittmann, als wir vor einem Jahr über die wirtschaftliche Lage sprachen, sagten Sie, dass Sie sich darüber im Klaren seien, dass die Party bald vorbei sein könne. Ist sie das nun?

Michael Wittmann: Die Party ist definitiv vorbei. Die Trendwende kam bereits im Herbst vergangenen Jahres und hat sich seitdem fortgesetzt. Wir hatten bis dahin allerdings auch einen unnatürlich hohen Auftragseingang, befeuert unter anderem durch diverse Investitionsprogramme in einzelnen Ländern. Anschließend erlebten wir einen unnatürlich starken Auftragsrückgang. Die Lage hat sich in den vergangenen Monaten auf diesem niedrigen Niveau stabilisiert. Unterschiedliche Faktoren haben zu dieser Entwicklung in Europa beigetragen: Die angesprochenen Investitionsprogramme sind ausgelaufen, die Europäische Zentralbank begann mit den Zinserhöhungen, um die Inflation in den Griff zu bekommen, und die Energiekrise ist mit Sicherheit ein weiterer Faktor.

Betrifft die Abschwächung bei Ihnen alle Bereiche gleichermaßen?

Wittmann: Im Prinzip sind alle Bereiche in gewisser Weise vom Auftragseinbruch betroffen, am wenigsten aber der Produktbereich Schüttguttechnik.

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Markus Wolfram: Tatsächlich hat sich die Schüttguttechnik von der Entwicklung abgekoppelt. Wir führen dies darauf zurück, dass wir mit unseren Produkten Kunststoffverarbeiter dabei unterstützen, das Thema Kreislaufwirtschaft anzugehen. So verzeichnen wir einen guten Auftragseingang bei Förderanlagen und Dosiergeräten, die für eine kontrollierte Zuführung von Rezyklat sorgen. Wir haben den großen Vorteil, dass wir die komplette Bandbreite der Förder-, Mahl- und Dosiertechnik anbieten, sodass wir die Kunden hinsichtlich Verbesserungspotenzial beraten können. Insbesondere in den osteuropäischen Ländern registrieren wir diesbezüglich eine verstärkte Nachfrage.

Umsatz steigt 2023 um 9 Prozent

Welchen Umsatz erwarten Sie für dieses Jahr?

Wittmann: Wir werden den Umsatz 2023 um 9 % auf 410 Millionen Euro steigern. Das zeichnet sich heute schon ab, weil wir in den beiden vergangenen Jahren einen Rekordauftragseingang einfuhren, den wir aktuell noch immer abarbeiten. Probleme in den Lieferketten haben unter anderem dafür gesorgt, dass wir eine hohe Auftragswelle vor uns herschieben. Das bedeutet gleichzeitig, dass sich Auftragseingang und Umsatz momentan gegenläufig entwickeln. Ende des Jahres werden wir den Auftragsbestand auch bei den Spritzgießmaschinen abgearbeitet haben – auch weil sich Lieferketten wieder beruhigt haben. Sollte es nicht bald zu einer wirtschaftlichen Erholung kommen, werden wir dies nächstes Jahr im Ergebnis spüren.

Hat sich die Lieferkettenproblematik für Sie komplett beruhigt?

Wittmann: Die Situation hat sich gegenüber dem letzten Jahr grundlegend verbessert und entspannt. Dennoch sind wir noch immer nicht zu dem Zustand zurückgekehrt, den wir aus der Zeit vor Corona gewohnt waren. Es gibt nach wie vor vereinzelte Probleme, beispielsweise bei einigen elektronischen Bauteilen, die uns punktuell noch vor Herausforderungen stellen.

Verbessert sich die Lage mit der neuen Spritzgießmaschinensteuerung B8X, die Sie ja selbst entwickelt haben?

Wittmann: Wir haben die Entwicklung der neuen Steuerung natürlich auch im Hinblick auf eine bessere Verfügbarkeit begonnen. Die Steuerungen für die Peripheriegeräte und die Roboter sind schon seit vielen Jahren Eigenentwicklungen – und hier erlebten wir vergangenes Jahr durchaus Herausforderungen beim Bezug, aber nicht die extremen Probleme wie bei den Spritzgießmaschinen. Der Vorteil bei Eigenentwicklungen liegt unter anderem darin, dass im Fall von Engpässen bei elektronischen Bauteilen, ein alternativer Bezug über Broker angedacht werden kann. Das entspricht nicht ganz der von uns gewünschten Vorgangsweise, weil es die Komplexität der Beschaffungsprozesse erhöht, aber es hilft, die Verfügbarkeit im Notfall zu verbessern.

In welchen Branchen läuft es für die Wittmann Gruppe derzeit gut – und wo weniger? 

Wittmann: Dadurch, dass wir einen breiten Branchenmix aufweisen, sind wir glücklicherweise nicht von einer Sparte abhängig. Erfreulich ist, dass sich der Absatz in der Medizintechnik bei uns sehr gut entwickelt hat.

Wolfram: Vor allem in den USA konnten wir in den vergangenen beiden Jahren in der Medizintechnik deutlich zulegen und wir gehen davon aus, dass diese Entwicklung anhalten wird. Vor allem beim Absatz von Robotern haben wir einen massiven Zuwachs verzeichnet.

Wie schaut der Absatz im Automotive-Bereich aus?

Wittmann: Die Nachfrage aus der Automobilbranche war bei uns in den vergangenen Jahren rückläufig, hat sich aber in den letzten Monaten stabilisiert beziehungsweise wir erkennen schon gewisse Aufwärtstendenzen.

Tesla ist nun ein wichtiger Auftraggeber für Kunststoffverarbeiter

Merken Sie im Automotive-Bereich den Wandel zur Elektromobilität in Form neuer Projekte?

Jochen Pernsteiner: Wir bewegen uns gerade in einer Änderungsphase. Es gibt natürlich noch immer Projekte für Autos mit Verbrennermotoren, aber nun auch zunehmend neue Projekte im Bereich der E-Mobilität. Dafür werden andere Spritzgießverfahren, wie zum Beispiel die Cellmould – Strukturschaum-Technologie, eingesetzt und andere Maschinen benötigt.

Wittmann: Vor allem Tesla ist für uns beziehungsweise für unsere Kunden am Markt sichtbar geworden und hat sich zu einem wichtigen OEM entwickelt. Bei einem angepeilten Produktionsvolumen von 2 Millionen Autos in diesem Jahr bringt dies für die Kunststoffverarbeiter ein ganz respektables Volumen, das laut Herstellerangaben in den nächsten Jahren noch gesteigert werden dürfte. Tesla hat zusätzlich in Mexiko ein großes Werk geplant, eine weitere Absatzmöglichkeit für unsere Kunden.

Markus Wolfram, Leiter Vertrieb Wittmann Technology: „Vor allem in den USA konnten wir in der Medizintechnik deutlich zulegen. Insbesondere beim Absatz von Robotern haben wir einen massiven Zuwachs verzeichnet.“
Markus Wolfram, Leiter Vertrieb Wittmann Technology: „Vor allem in den USA konnten wir in der Medizintechnik deutlich zulegen. Insbesondere beim Absatz von Robotern haben wir einen massiven Zuwachs verzeichnet.“

Haben Sie Zugang zu den chinesischen Autoherstellern?

Wittmann: Nein, die chinesischen Hersteller kaufen aus Kostengründen Spritzgießmaschinen aus dem eigenen Land. Solange sie keine Auslandswerke eröffnen – wozu es derzeit keine Notwendigkeit gibt, weil sich dadurch die Produktionskosten nicht verringern würden – werden sie für uns als europäische Firma keine wesentliche Rolle spielen. Voraussetzung für ein ausländisches Produktionswerk wäre ein entsprechendes Volumen an verkauften Fahrzeugen in Europa oder geänderte regulatorische Rahmenbedingungen, die diesen Schritt notwendig machen.

Wie hat sich der nordamerikanische Markt generell für Wittmann entwickelt?

Wittmann: Alle Märkte in Nordamerika präsentieren sich weiterhin sehr stark, das ist für uns natürlich erfreulich, da wir über eine gute Marktpräsenz verfügen. Das gilt für Kanada, genauso wie für die USA und Mexiko. Die generelle Investitionstätigkeit in Nordamerika ist zum aktuellen Zeitpunkt wesentlich höher als in Europa, wobei der Kunststoffverband der USA gleichfalls einen Rückgang der Investitionstätigkeit vermeldet. Mexiko nimmt eine Sonderstellung ein und profitiert natürlich vom Nearshoring-Trend bei US-Unternehmen. Das heißt, Projekte werden aus China verlagert, aber nicht unbedingt in die USA, sondern in die Nähe und das ist in sehr vielen Fällen eben Mexiko.

Niederlassung in Vietnam kurz vor der Eröffnung

Und was machen Europa und Asien?

Pernsteiner: Europa schwächelt, vor allem Zentraleuropa. Das betrifft quasi alle Länder, die stark von der deutschen Automobilindustrie abhängen; also auch Tschechien oder die Slowakei. In Bulgarien und Rumänien hingegen gibt es viele neue interessante Projekte. Rumänien verzeichnet derzeit einen Zuzug vieler neuer Unternehmen.

Wittmann: Asien beziehungsweise China schwächeln ebenfalls zum aktuellen Zeitpunkt. Die Entwicklung in Asien ist für uns weniger problematisch in Bezug auf den Umsatz, weil dies nicht unser Hauptmarkt ist. In Summe gesehen erzielen wir dort nur 10 % unseres Gesamtumsatzes – leider. Auf diesen Wachstumsmärkten wollen wir zweifelsohne stärker werden, dieses Ziel haben wir uns gesetzt. Wir treffen derzeit diverse Maßnahmen zur Verstärkung; beispielsweise werden wir Anfang Oktober eine Niederlassung in Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam eröffnen.

Lassen Sie uns auf Indien zu sprechen kommen: Ist dies ein interessanter Markt für Wittmann?

Wittmann: Im Spritzgießmaschinenbereich ist der indische Markt für uns als europäischer Hersteller ziemlich uninteressant, weil der Markt sehr preissensitiv ist. Anders als in China sehen wir in Indien bislang auch kaum Spezialanwendungen, bei denen unsere Spritzgießmaschinen zum Zug kommen könnten. Bei anderen Produkten aus unserem Portfolio spielen energieintensive Rohmaterialien, wie Stahl – ein wesentlicher Kostenfaktor von Spritzgießmaschinen – eine kleinere Rolle. Entsprechend größere Chancen finden wir auch vor. In der Zwischenzeit ist Indien für uns einer der größten Märkte für Linearroboter geworden, wenn es um die Stückzahl geht. In dem Bereich konnten wir uns über die letzten Jahre auch zum Marktführer entwickeln. Das heißt, die indischen Kunststoffverarbeiter automatisieren stark, wobei es sich typischerweise um Standardanwendungen, wie zum Beispiel Pick and Place handelt. Auch der Verkauf unserer Peripheriegeräte läuft in Indien sehr zufriedenstellend, allerdings nimmt unsere kleine Produktion vor Ort an den Geräten oft Anpassungen vor, die auf dem Markt gewünscht sind. Bei den Temperiergeräten beispielsweise wechseln die indischen Spritzgießer aufgrund der Wasserqualität bereits ab 150 °C von Wasser auf Öl. In Indien werden auch noch sehr gerne Heißlufttrockner aus unserer lokalen Produktion gekauft, was aus energetischer Sicht ja eigentlich irrsinnig ist.

„Wer in China mitspielen will, muss zwingend vor Ort produzieren“

Zurück nach China: Vor der Corona-Pandemie sagten Sie, dass Sie überlegen, dort ein Werk für Spritzgießmaschinen zu bauen. Sind diese Überlegungen noch oder wieder aktuell?

Wittmann: Wir überlegen zunehmend intensiver, denn wir sehen mittlerweile nicht nur den Bedarf, sondern sogar die Notwendigkeit für eine eigene Fabrik in China. Wir können von Europa aus nicht den chinesischen Markt mit Spritzgießmaschinen, den größten weltweit, bedienen. Wer in China mitspielen will, muss zwingend vor Ort produzieren. Darüber hinaus geraten wir als europäischen Maschinenbauer durch Entwicklungen, die gerade in der EU stattfinden, zunehmend in Zugzwang, noch stärker zu internationalisieren.

Was meinen Sie konkret damit?

Wittmann: Dazu gehört unter anderem der CO2-Grenzausgleich der EU, der ab 2026 greift. Ab diesem Jahr findet eine Bepreisung von Treibhausgasemissionen für bestimmte energieintensive Waren statt, bei deren Produktion in Drittstaaten Treibhausgase ausgestoßen wurden. Der CO2-Grenzausgleich dient dazu, energieintensive Industrien in Europa vor der Konkurrenz aus Ländern mit niedrigeren Energiepreisen zu schützen. Das ist eigentlich verständlich. Das Problem liegt aber in den Details der Verordnung. Diese schützt nämlich vor allem die Hersteller des Rohmaterials und hat negative Auswirkungen auf alle nachgelagerten Industrien wie etwa den Maschinenbau. Wenn beispielsweise Stahlträger importiert werden, dann fällt das unter den CO2-Grenzausgleich und es müssen dafür CO2-Zertifikate gekauft werden. Wenn dieser Träger aber außerhalb der EU bearbeitet wird, wird daraus ein Maschinenteil, das nicht unter den CO2-Grenzausgleich fällt. Das gilt auch für Maschinen aus EU-Drittstaaten. Da CO2-Zertifikate im Laufe der nächsten Jahre kontinuierlich teurer werden, werden die Rohmaterialien ebenfalls teurer. Das empfinden wir ganz klar als Wettbewerbsnachteil für europäische Hersteller, der zu den anderen Nachteilen in der EU, wie der administrativen Regulierungswut, noch hinzukommt. Irgendwann ist ein Maß erreicht, an dem man sich etwas überlegen muss.

Logistik und Arbeitskräfte sprachen für den Standort Türkei

Ist das mit ein Grund, warum Sie vergangenes Jahr in der Türkei östlich von Istanbul ein neues Werk für die Blech- und Metallverarbeitung sowie für komplette Peripheriegeräte eröffnet haben?

Wittmann: Ja diese Entwicklungen haben dabei durchaus eine Rolle gespielt. Wir haben einen Standort gesucht, der nahe zu Europa liegt, aber nicht zur EU gehört. Für uns ist dabei auch von Vorteil, dass das neue Werk logistisch gesehen sehr gut an unsere Zentrale in Österreich angebunden werden kann. Das heißt, wir können mit einer festen Transportzeit mit dem LKW von vier bis fünf Tagen rechnen, ein Vorteil gegenüber dem Containertransport per Schiff. Ein weiterer Vorteil ist die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Arbeitskräfte für den Produktionsbereich wie etwa für Schweißtätigkeiten, Pulverbeschichtung, aber auch die Bedienung von CNC-Bearbeitungszentren oder die Programmierung von Schweißrobotern. Ebenso stellt die Besetzung der zweiten und dritten Schicht kein unlösbares Problem dar – das Wort Work-Life-Balance ist in der Türkei so gut wie unbekannt. Der demografische Wandel ist ebenfalls kein Thema, die Bevölkerung ist doch wesentlich jünger als bei uns. Nicht nur wir können hier in Österreich nicht mehr jede Stelle adäquat besetzen, sondern auch unsere Lieferanten aus Zentraleuropa. Das setzt unserem Wachstum irgendwann Limits. Unsere Erwartung ist, im neuen Werk in der Türkei eine sehr stabile Organisation aufbauen zu können, mit einem personellen Überhang, mit dem wir gewisse Fluktuationen und Schwankungen auffangen können. Das gibt uns die Chance, uns an den wirtschaftlichen Möglichkeiten zu orientieren und nicht an den personellen Gegebenheiten.

Was konkret fertigen Sie in der Türkei?

Wittmann: Im Wesentlichen handelt es sich dabei zum aktuellen Zeitpunkt um ein Blechverarbeitungswerk, als Unterstützung für den Bedarf unseres Werks in Wolkersdorf. Außerdem haben wir die Fertigung einiger Produkte aus dem Bereich Schüttguttechnik in die Türkei verlagert. Silos und Fördergeräte als erstes, und seit Kurzem auch mobile Beistelltrockner. Der Bau von Spritzgießmaschinen ist an dem Standort nicht geplant. Dafür haben wir ja die Produktion in Ungarn aufgebaut, die läuft sehr gut an. Und der mittelfristige Plan ist wie gesagt, unser Werk in China um die Produktion von Spritzgießmaschinen zu erweitern. Am türkischen Standort investieren wir derzeit stark in den Maschinenpark und zukünftig in ein eigenes Gebäude. Wie groß das wird, entscheiden wir innerhalb des nächsten Jahres.

Das Werk in den USA haben Sie erweitert. Wie ist der aktuelle Stand?

Wittmann: Der Umbau war die vierte Erweiterungsstufe. Wir haben an unserem Hauptstandort in Torrington/CT nun insgesamt 17.500 Quadratmeter Fläche zur Verfügung – und jeder Quadratmeter wird schon genutzt. Das reicht für die aktuelle Nachfrage.

Wir kämpfen in Europa mit einer hohen Inflationsrate. Sorgt sie dafür, dass Ihre Produkte für den Export zu teuer werden?

Wittmann: Ja, die Inflation bei uns ist wirklich ein riesiges Problem in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Industrie. Es ist sehr, sehr wichtig, dass die Inflation in Österreich wieder auf ein erträgliches Maß zurückkehrt. Wenn wir die Inflation auch zukünftig mit Lohn- und Gehaltserhöhungen zu 100 % ausgleichen sollen, dann werden wir als Firma noch in viel größere Probleme hineinkommen. 

„Steigende Material- und Lohnkosten verringern unsere Margen“

Welche Entwicklungen haben die Preise für Ihre Produkte in den vergangenen Monaten genommen?

Wittmann: Die Preise mussten wir in den Jahren 2021 und 2022 wegen der gravierenden Kostensteigerungen natürlich nach oben anpassen. Aufgrund der schwachen Konjunktur gibt es derzeit wieder einen extremen Druck auf die Preise und somit stehen Preissteigerungen nicht zur Diskussion. Das heißt, steigende Material- und Lohnkosten verringern die Margen. Andererseits waren und sind Produktivitätssteigerungen nicht einfach zu realisieren, wie man in den letzten Jahren als Folge der diversen Lieferengpässe miterleben musste. Begonnene Produkte mussten aus Fertigungslinien genommen werden, weil gewisse Komponenten fehlten. Das geht natürlich zu Lasten der Produktivität.

Jochen Pernsteiner, Leiter Vertrieb Wittmann Battenfeld: „Wir nehmen chinesische Hersteller durchaus in den Märkten wahr, aber das Mindset der europäischen Kunden ist doch mehrheitlich so, dass sie sich für europäische Maschinen entscheiden.“
Jochen Pernsteiner, Leiter Vertrieb Wittmann Battenfeld: „Wir nehmen chinesische Hersteller durchaus in den Märkten wahr, aber das Mindset der europäischen Kunden ist doch mehrheitlich so, dass sie sich für europäische Maschinen entscheiden.“

Auch bei den Kunststoffverarbeitern sinken die Margen. Sehen Sie vor diesem Hintergrund, dass chinesische Spritzgießmaschinenhersteller einen größeren Anteil auf dem europäischen Markt erobern werden?

Pernsteiner: Wir nehmen chinesische Hersteller durchaus in den Märkten wahr, aber das Mindset der europäischen Kunden ist doch mehrheitlich so, dass sie sich für europäische Maschinen entscheiden; etwa weil unsere Maschinen deutlich energieeffizienter sind. Wittmann:

Mit der Smartprimus-Baureihe wollten Sie Kunden mit Standardanwendungen eine preislich attraktive Maschine anbieten, die zudem schnell verfügbar ist – auch im Wettbewerb zu asiatischen Herstellern. Ist Verfügbarkeit derzeit überhaupt noch ein Thema?

Pernsteiner: Die Lieferzeiten sind immer ein Thema. Deshalb sind wir froh, dass wir die Smartprimus Maschinen im Programm haben, für die es ein kleines Lager gibt. Wir nennen sie nun übrigens Smartprimus und nicht mehr Smartplus, weil unser Vertrieb das Wording Primus aus dem Peripherie- und Roboterbereich als Standardgerät kennt. Wer eine kundenspezifische Maschine bestellt, muss aktuell bei uns mit durchschnittlich 10 Wochen Lieferzeit rechnen, in Ausnahmefällen mit 20 Wochen.

Lesen Sie auch, was bei der Wittmann Gruppe auf der Fakuma 2023 in den Bereichen Spritzgießmaschinen, Robotik, Materialversorgung und Temperiertechnik zu sehen ist

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