Direkt zum Inhalt
Technik 3. April 2018

Das Hinterrad schwingt mit Carbon

BMW Motorrad entwickelt preisgekrönte Hinterradschwinge aus CFK-verstärkten Spritzgussteilen mit eingeschlossenen CFK-Tapes.
Mit dem JEC Innovation Award ausgezeichnete Hinterradschwinge aus Carbon
Mit dem JEC Innovation Award ausgezeichnete Hinterradschwinge aus Carbon

BMW Motorrad entwickelt preisgekrönte Hinterradschwinge aus CFK-verstärkten Spritzgussteilen mit eingeschlossenen CFK-Tapes.

BMW Motorrad hat für die Entwicklung und Herstellung einer Hinterradschwinge aus Carbon den JEC Innovation Award 2018 erhalten. Die Preisverleihung fand im Rahmen der JEC World Anfang März in Paris statt. Den Preis nahm Dr. Joachim Starke, bei BMW übergreifend verantwortlich für Förderprojekte Faserverbund-Leichtbau entgegen.

Intelligenter Materialmix

Sowohl bei Automobilen als auch Motorrädern setzt die BMW Group auf Leichtbau und einen intelligenten Mix unterschiedlicher Materialien mit Carbon als bedeutendem Werkstoff. Jüngstes Beispiel von BMW Motorrad war die HP4 Race, deren kompletter Hauptrahmen bereits aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff im industriellen RTM-Verfahren gefertigt wurde. Mit dem Carbon-Rahmen der HP4 Race schlug BMW Motorrad 2017 ein neues Kapitel im Fahrwerksbau von Motorrädern auf.

CFK-Spritzguss mit eingelegten CFK-Tapes

Ad

Mit einer Hinterradschwinge aus Carbon, die ebenfalls in einem industriellen Herstellungsverfahren entsteht, geht BMW Motorrad nun einen weiteren Schritt in Richtung Leichtbau. So gelang dem Motorradhersteller zusammen mit Partnern, bei diesem Bauteil einen serientauglichen Fertigungsprozess von CFK-verstärkten Spritzgussteilen mit eingeschlossenen CFK-Tapes unter Verwendung von thermoplastischem Kunststoff wirtschaftlich darzustellen.

Endlosfasern nur dort, wo man sie braucht

BMW Motorrad Projektleiter Elmar Jäger: CFK-Tapes mit starken Endlosfasern nur dort, wo es die Belastungen erfordern, Spritzguss mit kurzen CFK-Recycling-Fasern dort, wo die Belastungen nicht ganz so hoch sind.
BMW Motorrad Projektleiter Elmar Jäger: CFK-Tapes mit starken Endlosfasern nur dort, wo es die Belastungen erfordern, Spritzguss mit kurzen CFK-Recycling-Fasern dort, wo die Belastungen nicht ganz so hoch sind.

BMW Motorrad Projektleiter Elmar Jäger sagt zur Konzeptentwicklung: "Wir haben uns für dauerbelastete Fahrwerkskomponenten entschieden, da diese besonders hohe Anforderungen stellen. Während Pkw-Fahrwerksteile im Verborgenen sitzen, bot sich für unser Projekt die sichtbare Motorrad-Hinterradschwinge an, denn hier ist auf den ersten Blick erkennbar, welche Belastungen auftreten. Unsere Fertigungstechnik sieht CFK in Form von starken Endlosfasern dort vor, wo es die Belastungen erfordern, während ein Spritzgussumfang mit kurzen CFK-Recycling-Fasern dort zum Einsatz kommt, wo die Belastungen nicht ganz so hoch sind."

Auf diese Weise hat BMW eine kostengünstige Bauweise realisiert, die je nach Anforderungen skalierbar ist, indem mehr oder weniger "starke" Endlosfasern in das gleiche Werkzeug eingelegt werden. "Die Erkenntnisse, die wir mit der Motorrad-Komponente gewonnen haben, sind gleichermaßen für die Pkw-Entwicklung wertvoll und übertragbar", so Jäger.

Taktzeiten unter einer Minute

Joachim Starke erläutert das neue Fertigungsverfahren und seine Vorteile: "Neben Gewichtsvorteilen und erheblicher Kostenreduzierung ist es uns gelungen, eine Technologie zu entwickeln, die es ermöglicht, durch unterschiedliche Composite- und Metall-Einleger die Bauteileigenschaften gezielt einzustellen." Diese Skalierbarkeit bedeutet, dass sich mit nur einem Werkzeug bei Taktzeiten von unter einer Minute eine große Vielfalt unterschiedlicher Bauteile produzieren lässt. Die maximale Festigkeit kann durch zusätzlich angebrachte CFK-Platten eingestellt werden, die thermoplastisch zu fügen sind. Dazu wurden Versuche mit Schweißrobotern erfolgreich durchgeführt.

"All das hat ganz erheblichen Einfluss auf die Bauteilkosten sowie die Eigenschaften des Bauteils", so Starke weiter. "Mit diesem Projekt am Beispiel der Hinterradschwinge hat BMW Motorrad eine Vorreiterrolle in der Fahrzeugindustrie übernommen. Die gewonnenen Erkenntnisse bauen auf dem BMW i3 als Keimzelle für den CFK Serieneinsatz auf und bieten interessante Aspekte für die zukünftige Entwicklung neuer Motorräder und Automobile."

mg

Passend zu diesem Artikel

Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französiche Präsident Francois Hollande und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei der Präsentation.
Auszeichnung
Gebo Cermex präsentiert Industrie 4.0 vor Angela Merkel
Der Anbieter von Verpackungsanlagen Gebo Cermex wurde mit dem Label "Vitrine Industrie du Futur" der Alliance Industrie Du Futur (AIF) prämiert. Das preisgekrönte Projekt des Unternehmens wurde bei der wichtigen deutsch-französischen Konferenz vorgestellt. Anwesend waren Führungskräfte aus Industrie und Politik sowie die Regierungschefs François Hollande und Angela Merkel.
Dank sinkender Kosten für Material und Prozesse ist CFK für einen vermehrten Einsatz in der Automobilindustrie gerüstet.
Märkte
Sechs Trends bei Composites
Die Entwicklung in der Composites-Branche ist rasant. Sechs wesentliche Trends – von den Rohstoffen bis zu neuen Verfahren –  verändern die Branche.