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Märkte 12. Juli 2023

Indien auf dem Weg zum Wirtschafts-Powerhouse

Indien wird bis 2075 die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt sein, prognostiziert Goldman Sachs. Die Kunststoffbranche soll ein Wachstumstreiber sein.

Goldman Sachs geht davon aus, dass Indien bis 2075 die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt sein wird – hinter China und vor den USA.
Goldman Sachs geht davon aus, dass Indien bis 2075 die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt sein wird – hinter China und vor den USA.

Nach der Einschätzung der Investmentbanker wird die Wirtschaft Indiens vom heutigen Rang 5 bis 2075 vorbei ziehen an Deutschland, Japan und den USA. China dürfte nach der Prognose dann die größte Volkswirtschaft der Welt sein. Während Indien mit 1,4 Milliarden Menschen 2022 bereits zum bevölkerungsreichsten Land der Welt aufgestiegen ist, wird dem Subkontinent nun also auch ein dramatisches Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) prognostiziert.

Der Schlüssel zur Ausschöpfung des Potenzials dieser wachsenden Bevölkerung liegt in der Erhöhung der Erwerbsbeteiligung sowie in der Ausbildung und Qualifizierung des immensen Talente-Pools, sagt Santanu Sengupta, Chief India Economist bei Goldman Sachs Research: „In den nächsten zwei Jahrzehnten wird der Abhängigkeitsquotient Indiens einer der niedrigsten unter den regionalen Volkswirtschaften sein“, sagt er. Der Abhängigkeitsquotient beschreibt den Prozentsatz der Bevölkerung im nicht erwerbsfähigen Alter, die von der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter abhängig ist. Indiens Bevölkerung habe eines der besten Verhältnisse zwischen der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter und der Zahl der Kinder und älteren Menschen aufweist. „Das ist also die Chance für Indien, seine Produktionskapazitäten zu erhöhen, den Dienstleistungssektor weiter auszubauen und das Wachstum der Infrastruktur fortzusetzen.“

Indien muss Erwerbsquote erhöhen

„Die große Bevölkerung Indiens stellt eindeutig eine Chance dar“, so Sengupta. „Die Herausforderung besteht jedoch darin, die Arbeitskräfte produktiv zu nutzen, indem die Erwerbsquote erhöht wird. Das bedeutet, dass Möglichkeiten geschaffen werden müssen, um diese Arbeitskräfte zu absorbieren und gleichzeitig die Arbeitskräfte auszubilden und zu qualifizieren.“

Außerdem habe Indien in den Bereichen Innovation und Technologie mehr Fortschritte gemacht, als manch einem vielleicht bewusst sei. Sengupta: „Derzeit wird viel Infrastruktur geschaffen, vor allem durch den Fokus der Regierung auf den Aufbau der Infrastruktur in Form von Straßen, Eisenbahnen und so weiter. Wir glauben, dass dies auch der richtige Zeitpunkt für den Privatsektor ist, um die Kapazitäten in der Produktion und im Dienstleistungssektor auszubauen, was das Potenzial hat, Arbeitsplätze zu schaffen und die vielen Arbeitskräfte zu absorbieren.“

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Wirtschaft ist noch stark von der Binnennachfrage geprägt

Im Vergleich zu vielen anderen Ländern sie die indische Wirtschaft sehr stark von der Binnennachfrage geprägt. Indiens Wachstum wird laut Sengupta (hier geht es zur Analyse) bisher hauptsächlich durch den Binnenkonsum angetrieben, der etwa 55 bis 60 % der Gesamtwirtschaft ausmacht, sowie durch inländische Investitionen. „Die Nettoexporte haben das Wachstum immer gebremst, weil Indien ein Leistungsbilanzdefizit hat. In letzter Zeit sind in dieser Hinsicht einige Fortschritte zu verzeichnen. Die Dienstleistungsexporte haben zugenommen, was das Leistungsbilanzdefizit etwas abfedert“, so der Goldman-Sachs-Experte.

Grüne Energie und die Energiewende seht Sengupta als eine Chance für Indien: „Indien hat angekündigt, dass es bis 2070 Netto-Null-Emissionen erreichen will und dass bis 2030 50 % der Stromerzeugungskapazität aus nicht-fossilen Quellen stammen sollen. Die Regierung fördert auch Elektrofahrzeuge und grünen Wasserstoff und strebt bis 2030 eine Kapazität von 500 GW an erneuerbaren oder sauberen Energien an. Letztlich ist der Übergang zu grüner Energie eine große Investitionschance, aber es wird Zeit brauchen.“

Kunststoffsektor birgt enormes Potenzial für weiteres Wachstum

Indien setzt zudem auf dem Weg zu einer Industrienation stark auf den Kunststoffsektor. Auf einer Konferenz des indischen Kunststoffverarbeiterverbands AIPMA betonte Piyush Goyal, Minister für Handel und Industrie der Union, kürzlich, dass sich der inländische Kunststoffsektor in den vergangenen Jahren gut entwickelt und „ein enormes Potenzial für weiteres Wachstum“ berge. Sein Beitrag zur Entwicklung Indiens zu einer Industrienation werde „unvergleichlich und von unschätzbarem Wert sein“. Goyal weiter: „Der Kunststoffsektor hat das Potenzial, Geschäftschancen, Arbeitsplätze für die junge Generation und Chancen in der Welt zu schaffen.“

Er verwies darauf, dass Indien im vergangenen Jahr Freihandelsabkommen mit Australien und den Vereinigten Arabischen Emiraten geschlossen hat und die indische Regierung derzeit aktiv mit vielen anderen Ländern verhandelt. Auch die Gespräche mit der EU wurden in diesem Jahr wiederaufgenommen. Die Regierung ist laut Minister bestrebt, die Beziehungen zu den Industrieländern zu intensivieren. Er appellierte an die Kunststoffindustrie, diese Freihandelsabkommen zu nutzen und ihren Warenkorb zu erweitern, sich Zugang zu neuen Märkten zu verschaffen und den Export zu fördern.

Durchschnittliche Recyclingquote von 13 %

Goyal mahnte die Branche zudem, zur Kreislaufwirtschaft beizutragen und das Recycling von Kunststoffabfällen, die Wiederverwendung von Kunststoffrohstoffen und eine effektivere und effizientere Entsorgung von Kunststoffabfällen zu unterstützen. Er erwähnte, dass Indien beim Recycling weit vorne liege und eine durchschnittliche Recyclingquote von 13 % aufweise, die weit über dem weltweiten Durchschnitt von 9 % und der einiger entwickelter Ländern mit nur 4 % liege.

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