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Temperiertechnik 20. Juni 2023

Große Kälteanlage - geringer Energieverbrauch

L&R Kältetechnik realisiert eine große Kälteanlage bei Craemer, deren geringer Energieverbrauch auf konsequenter Nutzung der Technik basiert.

 Kälteversorgung in der Dimension XXL: Im neuen Werk von Craemer stellen drei Kältemaschinen mit einer Kälteleistung von jeweils 500 kW 12 oC kaltes Kühlwasser für die Werkzeugkühlung bereit. Eine große Kälteanlage, deren geringer Energieverbrauch Maßstäbe setzt.
Kälteversorgung in der Dimension XXL: Im neuen Werk von Craemer stellen drei Kältemaschinen mit einer Kälteleistung von jeweils 500 kW 12 oC kaltes Kühlwasser für die Werkzeugkühlung bereit. Eine große Kälteanlage, deren geringer Energieverbrauch Maßstäbe setzt.

Eine Große Kälteanlage und ein geringer Energieverbrauch - was sich zunächst wie ein Widerspruch in sich anhört, ist durchaus möglich. Ein Musterbeispiel für die effiziente und nachhaltige industrielle Groß-Kälteerzeugung befindet sich in Oelde/Ostwestfalen. Dort hat die Craemer Gruppe ein neues Werk für die Produktion von Kunststoffbehältern und -paletten in Betrieb genommen. Die von L&R Kältetechnik projektierten Kälteanlagen im Megawatt-Leistungsbereich arbeiten mit dem natürlichen Kältemittel Propan (R290). Sie laufen zudem mit hoher Effizienz.

Kunststoff-Spritzguss im XXL-Format und mit höchster Energieeffizienz: So kann man, auf den kürzestmöglichen Nenner gebracht, den Prozess im neuen Werk der Craemer Gruppe beschreiben. Das weltweit agierende Unternehmen mit rund 1000 Beschäftigten hat unweit des Stammsitzes in Herzebrock-Clarholz ein neues, nachhaltiges und auf die Nutzung regenerativer Energien ausgerichtetes Spritzgießwerk für die Produktion von Großladungsträgern und Kunststoffpaletten in Betrieb genommen. Im Zentrum der Fertigung stehen fünf Spritzgießmaschinen, die mit Schließkräften von 3200 bis 5500 t zu den leistungsstärksten ihrer Klasse gehören. Entsprechend groß sind die Spritzgießwerkzeuge und die Hydraulikanlagen – und darüber hinaus natürlich auch deren Kältebedarf.

Große Kälteanlage mit knapp 5000 kW Gesamtleistung

Deshalb sind die Leistungsdaten der Kälteversorgung beeindruckend. Drei Kältemaschinen mit einer Kälteleistung von jeweils 500 kW stellen 12 oC kaltes Kühlwasser für die Werkzeugkühlung bereit. Die Kühlung der Hydraulik, die mit einem höheren Temperaturniveau von 35 oC auskommt, übernimmt ein Freikühler mit 1900 kW Leistung. Zur Entlastung der Kältemaschinen für die Werkzeugkühlung ist ein weiterer Freikühler mit einer Kälteleistung von 1500 kW installiert. Alle Freikühler sind selbstentleerend und arbeiten mit 100 Prozent Wasser ohne Glykolzusatz.

Kunststoffproduktion mit minimalem CO2-Fußabdruck

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Bei der Planung der neuen Fertigungsstätte für Kunststoffpaletten und Palettenboxen haben die Verantwortlichen größten Wert auf eine möglichst gute Umweltbilanz mit minimalem CO2-Fußabdruck gelegt. Das Gebäude wurde nach KFW 55-Standard errichtet. Auf eine Gaszuleitung für das Gelände hat der Anwender verzichtet. Das Uternehmen wird stattdessen verstärkt regenerative Energien – insbesondere Windkraft und Photovoltaik – nutzen. An den Produktionsmaschinen sind energiesparende Zusatzsysteme installiert, und zur Hallenbeheizung verwenden die Spritzgießspezialisten die industrielle Abwärme der Spritzgießanlagen. Da fügt sich die energieeffiziente 1,5 MW-Kälteanlage mit dem Kältemittel Propan bestens ins Bild.

Bei der Projektierung der Kälteversorgung haben die Ingenieure von L&R Kältetechnik alle Register der Energieeinsparung gezogen. Mit Craemer fanden sie einen Anwender, der sich erstens fachlich auf Augenhöhe befindet und der zweitens größten Wert auf eine effiziente, nachhaltige und kostengünstige Produktion legt.

Geringer Energieverbrauch dank exakter Regelung

Eine Energiesparfunktion mit hoher Wirksamkeit ist die Regelung der Kondensationstemperatur in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur durch die Vari-Kon-Steuerung von L&R. Bei niedrigen Außentemperaturen kann sie den Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent reduzieren. Weitere Einsparpotenziale werden mittels drehzahlgeregelter Pumpenantriebe realisiert.

 Die große Kälteanlage kombiniert Freikühler und PAD-Kühler. Ein geringer Energieverbrauch enbtsteht mit konsequenter Nutzung der Winterentlastung und der PAD-Kühler zur Hydraulikkühlung.
Die große Kälteanlage kombiniert Freikühler und PAD-Kühler. Ein geringer Energieverbrauch enbtsteht mit konsequenter Nutzung der Winterentlastung und der PAD-Kühler zur Hydraulikkühlung.

Die für die Werkzeugkühlung erforderliche Kälte kann bei niedrigen bis mittleren Außentemperaturen über eine „Winterentlastung“ aus der Umgebung bezogen werden. Die drei Freikühler haben eine Kälteleistung von 1500 kW und können damit die gesamte Kälteerzeugung sozusagen zum Nulltarif übernehmen. Ihre leistungsstarken EC-Ventilatoren sind mit drehzahlgeregelten Lüftermotoren ausgestattet. Im Hydraulik-Kühlkreislauf kommen adiabatische PAD-Freikühler zum Einsatz, die bei Außentemperaturen bis 35 oC eine Kühlung aus der Umgebung gewährleisten – ohne Zusatzkühlung über eine weitere Kältemaschine und ohne externe Energiezufuhr. Bei einer Kälteleistung von 1900 kW ergibt sich damit eine ganz erhebliche Energie- und Ressourceneinsparung. Diese Kühlerbauart gewährleistet zudem, dass es im Unterschied zu anderen Freikühlsystemen keine Probleme bei hohen Umgebungstemperaturen geben kann.

Schnelle Amortisation für die große Kälteanlage

Die Summe dieser Maßnahmen spart bis zu 80 Prozent der Antriebsenergie, die bei einer Kälteanlage ohne diese Ausstattungsmerkmale anfallen würde. Die Hauptanteile entfallen auf die gleitende Kondensationstemperaturregelung, die Winterentlastung über selbstentleerende Freikühlung und die grundsätzlich energieeffiziente Konstruktion der L&R-Kälteanlagen mit natürlichem Kältemittel. Außerdem wird die Wärme, die dem Hydraulikkreislauf im Rücklauf entzogen wird, zu Heizzwecken genutzt. Ein ganz entscheidendes und keineswegs selbstverständliches Merkmal ist Propan als natürliches Kältemittel, mit dem die drei Anlagen betrieben werden. Dass die L&R-Ingenieure Propan vorschlugen, hat seinen Grund im Gesamtprofil dieses Kältemittels für die individuelle Anwendung.

Die adiabatischen PAD-Kühler für die Temperierung des Hydraulikkreislaufs gewährleisten bei Außentemperaturen bis 35oC eine Kühlung aus der Umgebung, ohne externe Energiezufuhr.
Die adiabatischen PAD-Kühler für die Temperierung des Hydraulikkreislaufs gewährleisten bei Außentemperaturen bis 35oC eine Kühlung aus der Umgebung, ohne externe Energiezufuhr.

Zunächst weist Propan hervorragende Kennwerte in Bezug auf die Umweltauswirkungen auf. Der GWP-Wert liegt bei 3, der ODP-Wert (Ozonabbaupotenzial) ist gleich Null. Das heißt: Sollte Propan in die Atmosphäre gelangen, hat das nur minimalen Einfluss auf die Erderwärmung und keinerlei Auswirkung auf den Abbau der Ozonschicht. Ebenso entscheidend: Im Temperatur- und Leistungsbereich der Anlagentechnik von Craemer sind mit Propan hohe Leistungszahlen möglich. Ein guter GWP-Wert wird also nicht mit einer schlechteren Effizienz der Gesamtanlage „erkauft“. Und der Anwender geht keinen Kompromiss ein. Das ist besonders wichtig bei derart großen Anlagen, bei denen schon geringe Effizienzunterschiede große Auswirkungen auf Energieverbrauch und -kosten haben. Zudem sind Propan-Kälteanlagen, aus gutem Grund, BAFA-förderfähig. Der Anwender muss jedoch berücksichtigen, dass Propan brennbar ist. Diese Eigenschaft kann man aber beispielsweise mit Hilfe einer Gaswarnanlage gut beherrschen. Das beweisen zudem nicht zuletzt zahlreiche von L&R projektierte Kälteanlagen.

Integrierte Steuerungstechnik und geringer Energieverbrauch

Der Betriebszustand der gesamten, von einer Siemens-SPS gesteuerten Kälteanlage wird auf einem Touch Panel visualisiert. Eine von L&R programmierte Profinet-Schnittstelle erlaubt die Integration in die IT-Infrastruktur von Craemer und bei Bedarf kann etwa der L&R-Service per Fernwartung Einblick in die Anlagensteuerung nehmen. Messsensoren ermitteln die aufgewendete Kälteleistung. Dass sich bei der (Groß-)Kältetechnik eine umsichtige Anlagenplanung ebenso „rechnet“ wie die Entscheidung für Energiespar-Optionen, zeigt die von L&R Kältetechnik erstellte Kalkulation zur CO2-Einsparung. Unterm Strich werden pro Jahr mehr als 1350 t CO2 weniger emittiert, als eine konventionelle Kälteanlage dieser Größenordnung es tun würde. Der jährliche Energiekostenvorteil liegt im sechsstelligen Bereich. Inzwischen ist die Anlage rund um die Uhr in Betrieb – noch nicht ganz mit voller Leistung, denn sie bietet, wie von Craemer gewünscht, Reserven für mögliche Kapazitätserweiterungen. rw

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