Direkt zum Inhalt
Gastkommentar

Warum grüne Zukunft und Nachhaltigkeit Ingenieurswissen brauchen

Nachhaltigkeit gibt es nur mit High-Tech. Der Reutlinger Professor Steffen Ritter sagt, warum grüne Zukunft solides Ingenieurswissen braucht.
Professor Steffen Ritter, Hochschule Reutlingen: "Ingenieure tragen in der Kunststoffindustrie, im Maschinenbau, in zahlreichen anderen Industriezweigen Verantwortung für die neuen Möglichkeiten. An ihnen liegt es, ob der Schritt in die Dekarbonisierung, in eine nachhaltige Zukunft, in die Kreisla
Professor Steffen Ritter, Hochschule Reutlingen: "Ingenieure tragen in der Kunststoffindustrie, im Maschinenbau, in zahlreichen anderen Industriezweigen Verantwortung für die neuen Möglichkeiten. An ihnen liegt es, ob der Schritt in die Dekarbonisierung, in eine nachhaltige Zukunft, in die Kreislaufwirtschaft mit Kunststoff gelingt."

Nachhaltigkeit gibt es nur mit High-Tech. Der Reutlinger Professor Steffen Ritter sagt, warum grüne Zukunft solides Ingenieurswissen braucht.

Nachhaltigkeit und eine grüne Zukunft sind nur mit High-Tech möglich - dafür brauchen wir fundiertes Ingenieurswissen. Umso alarmierender sind die aktuellen Zahlen an den Hochschulen: In den grundständigen Studiengängen der MINT-Fächer brechen die Studierendenzahlen teilweise erdrutschartig weg. Wenn Deutschland die ökologische Wende schaffen will, muss es dringend mehr für seinen Ingenieursnachwuchs tun.

Vor sechs Jahren hatten sich beispielsweise im Fachbereich Maschinenbau bei uns an der Hochschule Reutlingen noch mehr als 400 Interessierte um einen Studienplatz beworben. Da gab es eine Bewerberauswahl, wir mussten Kandidaten wegschicken. In diesem Jahr sind es gerade noch knapp unter 50 Bewerber. Ein Rückgang um rund 90 Prozent. Das ist nicht nur bei uns so, diese Entwicklung geschieht auf breiter Front an nahezu allen Hochschulen. Zwar sind die Masterkurse meist noch gut gefüllt, aber in den grundständigen Studienangeboten fehlen uns die Studierenden. Und damit künftig fähige Ingenieure in der Industrie.

Technologien für grüne Zukunft erfordern fundiertes Ingenieurswissen

Das ist fatal, denn die neuen, die ökologischen Zukunftstechnologien erfordern jede Menge Ingenieurswissen und enorme Forschungsanstrengungen. „Ökologische Wende“ – das ist ein Kraftakt für unsere Gesellschaft. Wenn dieser Wandel für unsere gesamte Volkswirtschaft von der aktuellen Konsumgesellschaft hin zu einer funktionierenden ökologisch sinnvollen Kreislaufwirtschaft gelingen soll, ist Ingenieurswissen in deutlich größeren Dimensionen erforderlich als bei einem „Weiter so“.

Ad

Denn die ökologische Wende kann nur mit jeder Menge High-Tech gelingen. Mit den Erfindungen und Entwicklungen von morgen. Dazu mit pfiffigen, sehr gut ausgebildeten Ingenieuren und versierten Facharbeitern. Mit begeisterten Menschen, die mit nachhaltiger Technologie die Zukunft ökologisch gestalten wollen.

Das bedeutet aber auch, dass sich das Bild von der Industrie in der Gesellschaft wandeln muss. Solange beispielsweise die Kunststoff-Industrie das unreflektierte, pauschalisierende Plastik-Bashing nahezu widerspruchslos hinnimmt, wird es schwer sein, Jugendliche für einen Beruf in dieser Branche zu begeistern. Und das, obwohl der effiziente und verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen inzwischen längst in der Kunststoffindustrie angekommen ist und gerade hierzulande viele Unternehmen inzwischen sehr nachhaltig produzieren und weltweit als Vorbild gelten.

Nachhaltigkeit in der Nachwuchsgewinnung

Ingenieure tragen in der Kunststoffindustrie, im Maschinenbau, in zahlreichen anderen Industriezweigen Verantwortung für die neuen Möglichkeiten. An ihnen liegt es, ob der Schritt in die Dekarbonisierung, in eine nachhaltige Zukunft, in die Kreislaufwirtschaft (mit Kunststoff!) gelingt.

Eigentlich doch sehr interessante Tätigkeitsfelder für jeden Studienbeginner. Eine Aufgabe, auf die man stolz sein kann. Die Zahlen zeigen indes, dass das den Jugendlichen offenkundig nicht bewusst ist. Das muss sich ändern. Das Image der Industrie, der technischen Berufe muss sich drastisch verbessern. Und dafür müssen alle an einem Strang ziehen. Jetzt. Die Hochschulen, die Verbände, die Politik. Insbesondere aber die Unternehmen selbst. Die Zeit für bloße Lippenbekenntnisse ist endgültig abgelaufen. Jetzt ist Handeln gefordert.

Wir alle haben es in der Hand, dass eine ökologisch-nachhaltig geprägte Zukunft Wirklichkeit wird. Hier, bei uns. Dass es unsere junge Generation ist, die diese Zukunft gestaltet. Und dass diese Zukunft nach den sehr ambitionierten Maßstäben gestaltet wird, die wir hier in Deutschland anlegen. Eine grüne Zukunft – „Made in Germany“. Machen wir‘s möglich!

Professor Steffen Ritter
Steffen Ritter ist Professor an der Fakultät Technik der Hochschule Reutlingen. Er ist ein profunder Kenner der Kunststoffbranche und hat bereits seit langem die Themen Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit und Kreislaufwirtschaft im Blick.

rw

Passend zu diesem Artikel