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Automation 6. Mai 2019

Vom Safebot zum mobilen Roboter

Sechs-Achser TX2 von Stäubli wird mit wenigen Modifikationen zum kollaborativen Roboter. Mittels autonom fahrender Plattform wird dieser sogar mobil.
Sowohl MRK- als auch Mobilrobotiklösungen wie die Helmo-Plattform basieren auf der 6-Achs-Roboter-Baureihe TX2 von Stäubli. Das Besondere am TX2: die komplexe Sicherheitstechnik der CS9-Steuerung mit den umfassenden Safetyfunktionen.
Sowohl MRK- als auch Mobilrobotiklösungen wie die Helmo-Plattform basieren auf der 6-Achs-Roboter-Baureihe TX2 von Stäubli. Das Besondere am TX2: die komplexe Sicherheitstechnik der CS9-Steuerung mit den umfassenden Safetyfunktionen.

Sechs-Achser TX2 von Stäubli wird mit wenigen Modifikationen zum kollaborativen Roboter. Mittels autonom fahrender Plattform wird dieser sogar mobil.

Mit einer offensiven Entwicklungsstrategie startete Stäubli vor Jahren in das Zeitalter der digitalen Automation. Heute kann der Roboterhersteller ein umfangreiches Portfolio an Lösungen für die smarte Produktion anbieten, das seinesgleichen sucht – darunter die weltweit schnellsten Safebots sowie hochpräzise Mobil­roboter, die selbst MRK beherrschen. Die Vorstellung der 6-Achs-Roboter-­Baureihe TX2 auf der Automatica 2014 war selbst für Brancheninsider eine Überraschung. Die Vorgänger waren noch auf der Höhe der Zeit und zählten zu den schnellsten und präzisesten Knickarmrobotern weltweit. Dennoch präsentierte Stäubli Robotics die Nachfolgegeneration. Obgleich optisch nahezu identisch, stellte der Anbieter mit den neuen Maschinen die Weichen konsequent in Richtung digital vernetzte Produktion und Mensch-Roboter-Kollaboration.

"Die geniale Idee, einen ‚normalen‘ Roboter mit wenigen Modifikationen für die direkte Interaktion mit dem Menschen zu qualifizieren, ließ sich tatsächlich in die Praxis umsetzen."

Peter Pühringer, Stäubli Robotics Division Manager

Stäubli Robotics Division Manager Peter Pühringer mit der Mobilplattform Helmo.
Stäubli Robotics Division Manager Peter Pühringer mit der Mobilplattform Helmo.
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„Das Ziel der Entwicklungsmannschaft um Gerald Vogt, der heute als Group Division Manager das weltweite Robotergeschäft verantwortet, war es, einen universellen Sechs-Achser zu schaffen, der Standardroboter und Safebot zugleich sein sollte. Die geniale Idee, einen ,normalen‘ Roboter mit wenigen Modifikationen für die direkte Interaktion mit dem Menschen zu qualifizieren, ließ sich tatsächlich in die Praxis umsetzen“, erklärt Stäubli Robotics Divi­sion Manager Peter Pühringer. Die Entwicklung eines speziellen Leichtbauroboters mit den bekannten Nachteilen hinsichtlich Traglast und Dynamik ließ sich so gekonnt umgehen. Heute basie­ren sowohl MRK- sowie Mobil­robotiklösungen auf der neuen TX2 Baureihe.

Sicherheitstechnik macht den Unterschied

Aber was qualifiziert die TX2-Robotergeneration, die aus den drei Modellreihen TX2-40, TX2-60 und TX2-90 im Traglastbereich von 2 bis 15 kg besteht, für ein derart breites Einsatzspektrum? Der entscheidende Unterschied zu konventionellen Industrierobotern liegt in der komplexen Sicherheitstechnik der CS9-Steuerung mit ihren Safety-Funktionen. Die 6-Achser verfügen über einen eige­nen digitalen Sicherheits­encoder pro Achse und ein integriertes Safetyboard. Alle Sicherheitsfunktionen sind TÜV-zertifiziert und erfüllen die strengen Anforderungen der Kategorie SIL3-/PLe.

Um ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten, wird jede Bewegung des Roboters sensorisch überwacht. Dazu werden sämtliche Koordinaten des Roboters sowie Geschwindigkeit und Beschleunigung in Echtzeit erfasst. Stäubli setzt bei der TX2-Baureihe­ auf konfigurierbare, sichere I/O-Module sowie auf Echtzeit-Ethernet-Feldbussysteme, die maximale­ Sicherheit und Kompatibilität garantieren. Und dieses Sicherheitspaket bildet die technische Voraussetzung, um die Roboter für die Mensch-Maschine-Kollaboration einzusetzen.

Für die direkte Interaktion von Mensch und Maschine ohne trennenden Schutzzaun müssen die Roboter die geltenden Sicherheitsbestimmungen für die höchste MRK-Stufe einhalten. Dazu bedarf es nur geringer Modifikatio­nen. Augenscheinlichste Änderung ist die neue Air-Skin, eine berührungsempfindliche Haut, die den Roboter überzieht: „Diese Skin ist optional für alle TX2 Modelle­ verfügbar, entspricht der Sicherheitskategorie 3 PLe und stoppt den Roboter im Falle einer Kollision sofort“, verspricht Püh­ringer. Damit werden die 6-Achser, die so ausgestattet unter der Bezeichnung TX2touch angeboten werden, zu kollaborativen Robotern.

Optional für alle TX2 Modelle verfügbar: Air-Skin, eine berührungsempfindliche Haut, die den Roboter überzieht. Unter der Bezeichnung TX2touch (rechts im Bild) ist diese dann auch für kollaborative Arbei­ten zusammen mit dem Menschen qualifiziert.
Optional für alle TX2 Modelle verfügbar: Air-Skin, eine berührungsempfindliche Haut, die den Roboter überzieht. Unter der Bezeichnung TX2touch (rechts im Bild) ist diese dann auch für kollaborative Arbei­ten zusammen mit dem Menschen qualifiziert.

Die Air-Skin besteht aus mehreren Pads, die sich bei Beschädigungen einzeln tauschen lassen. Die konstruktive Auslegung mit Luftpolstern unter der Haut sorgt dafür, dass der Roboter nicht überhitzt und mit hoher Geschwindigkeit ohne Einschränkungen der Lebensdauer betrieben werden kann. Die Reaktionszeit der Skin liegt bei nur 10 ms, was ein Geschwindigkeitsplus von 40 % gegenüber Sicherheitssensoren mit einer Reak­tionszeit von 80 ms bedeutet. Die neue Skin ist auch mit einer Stärke von 20 mm verfügbar, was ein größeres Sicherheitspolster und somit das Fahren mit höheren Safespeeds erlaubt. Damit wird der TX2touch laut Hersteller zum schnellsten Safebot im Markt.

Autonom, flexibel, präzise

Mit einem hochflexiblen, kollaborativen Roboter im Programm, war der Wunsch verständlich, diesen auch für mobile Anwendun­gen zu nutzen. Was fehlte, war eine autonom fahrende Plattform. Mit einer Standardlösung wollte man sich bei Stäubli natürlich nicht zufriedengeben. Es begann die Suche nach einem geeigneten Entwicklungspartner und schließlich wurde man in Sulzbach-Rosenberg beim FTS-Hersteller WFT fündig. Einzig dieser Anbieter war in der Lage, eine mobile Plattform für den Mobilroboter in enger Abstimmung mit Stäubli zu konzipieren, die den hohen Anforderungen hinsichtlich Manövrierbarkeit und Präzision genügen sollte.

Mittels automatischem Werkzeugwechselsystem von Stäubli Connectors kann sich Helmo selbstständig mit dem gerade benötigten Endeffektor ausstatten.
Mittels automatischem Werkzeugwechselsystem von Stäubli Connectors kann sich Helmo selbstständig mit dem gerade benötigten Endeffektor ausstatten.

„Wir konzipierten unseren Mobil­roboter ‚Helmo‘ als flexiblen Produktionsassistenten für ein möglichst breites Aufgabenspektrum, darunter auch Montagetätigkeiten. Das heißt, es kam nur eine Mobilplattform infrage, die sich auf den Millimeter genau bewegen konnte“, erklärt Pühringer. Gleichzeitig sollte das FTS kompakt bauen und mit unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten zurechtkommen, um unter allen Bedingungen einsetzbar zu bleiben.

Aus der engen Zusammenarbeit mit WFT bei der Realisierung der Helmo-Plattform entstand weit mehr als eine technisch überlegene Lösung: Das partnerschaftliche Miteinander gipfelte in der Übernahme von WFT durch Stäubli. Dank dieser Fusion kann der Robo­teranbieter mit der neu gegründeten Stäubli WFT GmbH maßgeschneiderte Eigenentwicklungen vorantreiben und steigt den Angaben zufolge zum einzigen Hersteller weltweit auf, der Robotik- und AGV-Kernkompetenz im eigenen Unternehmen vereint.

Mobil und auf Wunsch kollaborativ

Beim Mobilroboter Helmo, der seit geraumer Zeit als Standardprodukt verfügbar ist, macht sich diese Kompetenzbündelung posi­tiv bemerkbar. Für den Hand­habungspart setzt Stäubli einen TX2-90L Standardroboter mit 15 kg Traglast und 1.200 mm Reichweite ein. Ist die direkte Mensch-Roboter-Interaktion gewünscht, kommt der gleiche Basis­roboter, dann allerdings mit Air-Skin als TX2touch-90L, zur Anwendung. Sowohl in Standard- als auch in MRK-Ausführung verfügt der Mobilroboter über ein automatisches Werkzeugwechsel­system von Stäubli Connectors. Damit kann sich Helmo selbstständig mit dem gerade benötigten Endeffektor ausstatten.

In Sachen Manövrierbarkeit und Präzision setzt Helmo, der mit drei integrierten Laserscannern ausgestattet ist, den Benchmark. Das Fahrzeug kommt mithilfe seiner patentierten Antriebstechnik auch mit unterschiedlichen Boden­belägen sehr gut zurecht, verliert bei Unebenheiten nicht die Orien­tierung und erreicht eine Präzision­ von wenigen Millimetern. Darüber hinaus punktet der Mobil­roboter mit seiner Beweglichkeit: Er kann auf der Stelle drehen und ist so schlank, dass er auch in beengten Produktionshallen noch verfahren kann. Helmo kann auto­nom fahren und innerhalb seiner Produktionsumgebung navigieren.

Das mobile Robotersystem Helmo versetzt Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen in die Lage, eine ganze Reihe von Applikationen, darunter auch MRK-Einsätze, produktiver und wirtschaftlicher denn je auszuführen. Der Mobilroboter kann unterschiedliche Aufgaben in einer Schicht übernehmen und selbstständig die entsprechenden Arbeitsstationen anfahren und dort nach kurzer Einmessphase Arbeiten mit einer Genauigkeit im Zehntel-Milli­meter-Bereich ausführen. Ob in der Intralogistik, in der Montage, bei der Maschinenbeschickung, der Zellenverkettung oder in der Qualitätssicherung, ob autonom in High Speed oder kollaborierend an der Seite des Menschen – Helmo­ ist überall einsetzbar.

Helmo kann in einer Schicht unterschiedliche Aufgaben übernehmen und selbstständig Arbeitsstationen anfahren. Nach kurzer Einmessphase arbeitet er mit einer Genauigkeit im Zehntel-Millimeter-Bereich.
Helmo kann in einer Schicht unterschiedliche Aufgaben übernehmen und selbstständig Arbeitsstationen anfahren. Nach kurzer Einmessphase arbeitet er mit einer Genauigkeit im Zehntel-Millimeter-Bereich.

„Mit diesen Industrie-4.0-tauglichen, kollaborativen und mobilen Robotiklösungen empfiehlt sich Stäubli als internationaler Partner für Industrieunternehmen in aller Welt, die bereits bestehende starre­ Fertigungsstrukturen aufbrechen oder neue, hochflexible Konzepte realisieren wollen. In jedem Fall dürfen sich Anwender über signifikante Steigerungen hinsichtlich Flexibilität, Autonomie und Produktivität freuen“, verspricht Pühringer.

db

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