Direkt zum Inhalt
Editorial 29. Juli 2022

Versagen der Deutschen Energiepolitik?

Im Moment hat es den Anschein, dass Deutschlands Energiepolitik eine Mischung aus Sorglosigkeit, Starrsinn und Selbstgerechtigkeit ist.

Stefan Lenz, Chefredakteur
Stefan Lenz, Chefredakteur

Nach den russischen Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1 liefert der russische Staatskonzern Gazprom wieder Gas nach Deutschland aber die Deutsche Energiepolitik steht trotzdem Kopf. Gazprom reduzierte die Gasliefermengen nun aber um 40 Prozent, als Grund dafür nennt man Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die Firma Siemens. Klar sind jetzt wieder die anderen schuld. Auf dem Schachbrett Weltwirtschaft geht es im Moment ein wenig wie im Kindergarten zu.

Herausforderung für gesellschaftlichen Frieden in Deutschland

Nichts desto trotz könnte uns aufgrund der geringen Gasmengen, vorausgesetzt, dass diese nicht erhöht werden, ein Wirtschaftsschock drohen. Einer, wie ihn Deutschland in der Nachkriegszeit bisher nicht erlebt hat. Wenn das Gas im Winter knapp wird, werden Firmen pleitegehen, zehntausende Menschen ohne Job dastehen und ihre Heizrechnung nicht bezahlen können. Kanzler Scholz warnt vor „sozialem Sprengstoff“. Sein Vize Robert Habeck sieht den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland „arg herausgefordert“. Er spricht von einem „ökonomischen Angriff“. Dieser Angriff war aber absehbar, er war Teil von Putins Kriegsplanungen, die wirtschaftliche Flankierung des Überfalls auf die Ukraine. Spätestens im vergangenen Sommer hätte die Vorgängerregierung erkennen müssen, dass der Kreml Energie als Waffe einsetzt. Denn trotz hoher Gaspreise verzichtete der russische Energiekonzern Gazprom darauf, zusätzliches Gas nach Europa zu leiten. Die deutschen Gasspeicher füllten sich nicht, vor allem jene nicht, die Gazprom selbst betrieb.

Kollektives Versagen bei Energiepolitik?

Jetzt bleibt die Frage, warum musste es soweit kommen. Ist Deutschlands Energiepolitik eine Mischung aus organisierter Sorglosigkeit, institutionellem Starrsinn und kollektiver Selbstgerechtigkeit? Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten, aber es wird ein Wenig von allem sein. Alleine wenn man sich folgende Tatsache vor Augen hält. Europa, aber auch der Rest der Welt, geben sich aktuell die größte Mühe die russische Wirtschaft zum Erliegen zu bringen. Im Gegenzug erwartet man aber zuverlässige Gaslieferungen, damit unsere Wirtschaft nicht den Bach runter geht. Dieses Verhalten grenzt meiner Meinung nach an Selbstzerstörung. Hier wär ein wenig mehr Weitsicht von den aktuellen Regierungsparteien mehr als gefragt.

Ad

Passend zu diesem Artikel