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Ultraleichtes Fachwerk aus dem 3D-Drucker

Fachwerk sorgt nicht nur bei alten Häusern für dauerhafte Stabilität, es könnte in Zukunft auch die Industrie revolutionieren. Denn ein Team aus deutschen und schweizerischen Studierenden hat ein Verfahren entwickelt, um mit einem 3D-Druck-Roboter ultraleichte Fachwerk-Strukturen für stützende und tragende Teile herzustellen, die eine hohe Steifigkeit aufweisen müssen.
Die Studierenden zeigen Dr. Harald Wilms (r.), Kurator der Zeppelin Stiftung, erste Ergebnisse des neuen 3D-Druckverfahrens: Das 28 g schwere Bauteil mit gitterartiger Kernstruktur kann 280 kg tragen.

Fachwerk sorgt nicht nur bei alten Häusern für dauerhafte Stabilität, es könnte in Zukunft auch die Industrie revolutionieren. Denn ein Team aus deutschen und schweizerischen Studierenden hat ein Verfahren entwickelt, um mit einem 3D-Druck-Roboter ultraleichte Fachwerk-Strukturen für stützende und tragende Teile herzustellen, die eine hohe Steifigkeit aufweisen müssen.

"Wir reden nicht mehr von Prozentzahlen, sondern von Faktoren", sagt Martin Eichenhofer, der die dreiköpfige Projektgruppe aus Studierenden der Hochschule Ravensburg-Weingarten und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) leitet. "Unser Verfahren ermöglicht es, Kunststoffstrukturen auszudrucken, die eine um den Faktor 20 höhere Steifigkeit aufweisen als konventionelle Kunststoffstrukturen bei gleichem Gewicht." Das funktioniert, weil die Studierenden einen Druckkopf entwickelt haben, der sogenannte faserverbundverstärkte Kunststoffe ausdrucken kann.

Im Inneren des Druckkopfes werden dabei innerhalb weniger Sekunden Thermoplast- mit Carbonfasern verschmolzen. Nach dem Erstarren entsteht ein hochsteifer Fachwerkstab. Der Druckkopf selbst ist an einen Kuka-Industrieroboter angebracht und kann sich flexibel in alle Richtungen drehen. Damit können die Stäbe auch diagonal in den Raum auf eine Platte gedruckt werden.

Die Vorteile des Verfahrens: Es ist kostengünstig, da weniger Material verbraucht wird als bei der konventionellen 3D-Druckweise. Es sind hohe Prozessgeschwindigkeiten möglich, die schnelle Ergebnisse liefern. Der größte Vorteil des Verfahrens besteht jedoch im wesentlich geringeren Gewicht, das durch die Verwendung der leichten Fasern erreicht werden kann. Gleichzeitig ist die Belastbarkeit des Materials sehr hoch.

Den Beweis dafür hält der 25-jährige Daniel Schupp in der Hand: Ein rund zehn Zentimeter langes Druckstück, das aus zwei Deckplatten und einer Kernstruktur besteht. Die gitterartige Kernstruktur mit ihren diagonal aufgedruckten Kunststoffstäben sieht ähnlich aus wie der Ausleger eines Krans. Die Kernstruktur wiegt 2,5 g, zusammen mit den beiden Deckplatten wiegt das Element gerade einmal 28 g – kann aber eine Last von 280 kg aushalten. "Faserverstärkte Kunststoffe könnten damit in Zukunft in manchen Bereichen das Konkurrenzprodukt zu Metallen werden, denn sie wiegen viel weniger", so Schupp.

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Das Verfahren könnte nach Überzeugung der Forscher in einigen Jahren die Industrie revolutionieren. Gerade Industriezweige, die auf Leichtbaumaterialien angewiesen sind, wie die Luft- und Raumfahrtindustrie oder die Automobilindustrie, könnten davon profitieren. Denn weniger Gewicht bei Flugzeugen, Autos oder Drohnen bedeutet auch weniger Kraftstoffverbrauch oder eine längere Akkulaufzeit. "Das Verfahren ist generell geeignet für stützende und tragende Teile in Produkten, die eine hohe Steifigkeit aufweisen müssen", erklärt Patrick Striemann. Der 26-Jährige studiert Technik-Management und Optimierung an der Hochschule Ravensburg-Weingarten.

Seit Mai 2015 fördert die Zeppelin Jugendstiftung das Projekt der Studierenden. "Das Verfahren ist denkbar für die Herstellung von Fahrzeugbodenstrukturen, Flugzeugbodenstrukturen und Leichtflächengebilde", sagt Dr. Harald Wilms, Director Business Development bei Zeppelin Power Systems in Bremen und Kurator der Zeppelin Jugendstiftung. Für eine Drohne haben die Studierenden beispielsweise Standfüße gedruckt, die um ein Vielfaches leichter sind als vergleichbare Teile im Handel. Doch Wilms sieht noch weitere Einsatzmöglichkeiten: "Auch für die Flügel von Windkraftanlagen könnte man das Verfahren nutzen und damit die erneuerbaren Energien ein Stück weit voranbringen."

gk

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