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K-Messe 28. Februar 2022

Trotz Klimaschutz: Verpackungsfolie hat Zukunft

Obwohl der Ruf nach Klimaschutz und weniger Kunststoff immer lauter wird, wird die Verpackungsfolie auch in Zukunft gebraucht, so Michael Baumeister.
Michael Baumeister, Geschäftsführer Technik und Logistik, Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG in Siegsdorf.
Michael Baumeister, Geschäftsführer Technik und Logistik, Brückner Maschinenbau GmbH & Co. KG in Siegsdorf.

Obwohl der Ruf nach Klimaschutz und weniger Kunststoff immer lauter wird, wird die Verpackungsfolie auch in Zukunft gebraucht, so Michael Baumeister.

In der Way-2-K-Interviewserie des VDMA im Vorfeld der K-Messe spricht Michael Baumeister, Geschäftsführer Technik & Logistik bei Brückner Maschinenbau, über die Zukunft der Verpackungsfolie, die seiner Meinung nach auch weiterhin unverzichtbar sein wird, obwohl der Ruf nach Klimaschutz und weniger Kunststoff in der Gesellschaft immer lauter wird.

Herr Baumeister, Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, die mobile Transformation und vor allem Klimaschutz sind die Megatrends unserer Zeit. Passt Kunststoff zu diesen Themen?

Michael Baumeister: Wir bei Brückner sind davon überzeugt, dass wir Kunststoffprodukte für die Bewältigung dieser Megatrends zwingend brauchen. Wenn wir eine wachsende Bevölkerung mit Lebensmitteln versorgen wollen, geht das nicht ohne Kunststofffolien in den Verpackungen. Sie sorgen dafür, dass Lebensmittel hygienisch sind und länger haltbar. Wenn wir die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umstellen, brauchen wir Kunststoff zum Beispiel für Solarpanele ebenso wie für Windräder. Wenn wir Elektromobilität überall einführen, brauchen wir etwa Membranfolien für Lithium-Ionen-Akkus oder Kondensatorfolien, die es ermöglichen, dass Batterien schneller geladen werden können. Der Einsatz von Kunststoff kann unter Berücksichtigung des gesamtökologischen Fußabdrucks dazu beitragen, den Klimawandel, das größte Problem unserer Zeit, aufzuhalten.

Recycelbare Folien – Klimaschutz durch funktionierende Kreislaufwirtschaft

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Welchen Beitrag kann Brückner leisten?

Baumeister: Unsere Kunden liefern derartige Folien von unseren Anlagen in alle diese Anwendungsbereiche und leisten daher schon heute einen großen Beitrag. Gleichzeitig machen wir nicht so weiter wie gehabt. In der Vergangenheit haben wir uns auf Effizienz konzentriert, um mit minimalem Einsatz an Rohstoffen den bestmöglichen Schutz etwa bei Verpackungen zu erreichen. Kunststoff hat auch immer etwas mit Hightech Leichtbauprodukten zu tun. Das Ergebnis war die Multi-Layer-Folie aus verschiedenen Kunststoffen mit optimierten Funktionen. Aber jetzt geht es darum, die Folie wieder in den Kreislauf zurückzubringen und deshalb entwickeln wir Verfahren, wie man diese verschiedenen Lagen aus einem Kunststofftyp herstellen kann, sogenannte Mono-Material-Strukturen, damit sie später recycelt werden können. Wir haben uns zum Green Deal der EU bekannt und sehen das Ziel einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft als eine große Triebfeder für Innovation.

Aber Brückner ist doch ein Maschinenhersteller für diese Folien, kein Hersteller.

Baumeister: Stimmt, aber wir sehen uns die Endverpackungen genau an und überlegen, wie man Verbunde so aufbauen kann, dass sie in einen Kreislauf zurückgeführt werden können. Und natürlich, wie die dafür benötigten Folien auf unseren Anlagen optimal hergestellt werden können. Immer noch verschiedene Lagen, aber mit unterschiedlichen Eigenschaften – aus einem Rohstoff. Wir arbeiten dabei eng mit den Rohstoffherstellern zusammen. Die kommen mit ihrem Material in unser Technologiezentrum und wir sehen gemeinsam, wie es sich verarbeiten lässt, wie wir unsere Maschinen anpassen müssen. Das ist gemeinsame Grundlagenforschung, damit am Ende diese neuen Folien und Verpackungen weltweit zur Verfügung stehen.

Folien aus Biomaterial noch nicht ausgereift

Wie sieht es mit Bio-Kunststoffen aus?

Baumeister: Das machen wir auch und da sind wir auch mit Herstellern in Kontakt. Aber in diesem Bereich gibt es heute noch keine hinreichenden Mengen und deshalb sind diese biobasierten Rohstoffe auch noch zu teuer. Es ist auch so, dass diese Rohstoffe andere Eigenschaften als ölbasierte Kunststoffe haben und es für sie noch gar keine eigenen Recyclingströme gibt. Sie sind aus all diesen Gründen nicht ohne weiteres einsetzbar. Daher muss man sehr genau prüfen, für welche Verpackungen eine Folie aus Biomaterial wirklich geeignet ist.

Es gibt auch die Diskussion, Kunststoffe aus CO2 zu gewinnen. Was halten Sie davon?

Baumeister: Diese Diskussionen gibt es. Aber nach unserer Einschätzung ist der Engpass hier nicht die mangelnde Verfügbarkeit, sondern der hohe Energiebedarf. Wenn es möglich wäre, diese Energie komplett aus Erneuerbaren zu gewinnen, dann wäre die Kunststoffgewinnung aus CO2 ein großer Sprung nach vorne. Das ist ähnlich wie beim chemischen Recycling, wo auch viel Energie benötigt wird. Trotzdem muss man schon jetzt an diesen Technologien arbeiten, damit man darauf umschwenken kann, wenn genug grüne Energie zur Verfügung steht.

Verpackungsfolien auch in Zukunft unverzichtbar

Wie sieht die Zukunft der Verpackungsfolie aus?

Baumeister: Nicht überall auf der Welt haben die Menschen den Luxus, Lebensmittel in geordneten Kühlketten transportieren und dann in Bio-Läden unverpackt einkaufen zu können. In Mega-Cities geht das nicht, auch in warmen Regionen mit einer hohen Luftfeuchtigkeit verderben ohne gute Verpackung zu viele Lebensmittel auf dem Weg vom Produzenten zum Verbraucher. Kunststoffverpackungen werden also weiterhin gebraucht. Man kann auch nicht alle Verpackungen aus alternativen Materialien herstellen. Dann wäre der ökologische Fußabdruck in vielen Fällen schlechter als der von Kunststoff, der später wieder recycelt wird. Das Problem ist vielmehr, dass noch viel zu viel Kunststoffverpackung auf Mülldeponien landet oder bestenfalls verbrannt wird und noch viel zu wenig recycelt wird.

Brückner hat die Initiative „Yes We Care“ ins Leben gerufen. Was macht die?

Baumeister: Wir wollen damit für mehr Transparenz in der Diskussion um Kunststoffe und dessen Vor- und Nachteile sorgen. Zum einen für unsere Mitarbeiter. Wir wollen ihnen Argumente für unseren Werkstoff an die Hand geben, damit sie in Diskussionen, in der Familie, in ihrer Nachbarschaft etwas gegen das Kunststoff-Bashing vorbringen können. Aber wir gehen auch als Firma auf unsere Nachbarn zu, auf Bürgermeister, Parteien und andere Interessierte. Und vor Corona waren regelmäßig Studenten, Schulklassen und sogar Kindergartengruppen bei uns zu Gast, um sich zu informieren und zu diskutieren. Viele gehen danach mit einem anderen Blick auf Kunststoff nach Hause.

VDMA/kus

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