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Unternehmen 1. Oktober 2019

Stieler: „Wir wollen im Volumengeschäft wachsen“

Im Interview mit der K-ZEITUNG verrät CEO Dr. Frank Stieler die Ziele von Krauss Maffei – auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Flaute.
Dr. Frank Stieler ist seit Mitte 2015 Vorsitzender der Geschäftsführung (CEO) der Krauss Maffei Gruppe.
Dr. Frank Stieler ist seit Mitte 2015 Vorsitzender der Geschäftsführung (CEO) der Krauss Maffei Gruppe.

Im Interview mit der K-ZEITUNG verrät CEO Dr. Frank Stieler die Ziele von Krauss Maffei – auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Flaute.

Krauss Maffei laut Stieler steht vor tiefgreifenden Veränderungen: Der seit 2016 zum chinesischen Unternehmen Chemchina gehörende Münchner Maschinenbauer strukturiert um. Gleichzeitig entstehen in Vaterstetten und Laatzen neue Fabriken. K-ZEITUNG sprach mit Stieler über die wirtschaftliche Lage, Kurzarbeit und die Neuausrichtung seines Unternehmens.

Herr Dr. Stieler, wie stellt sich für Krauss Maffei derzeit die konjunkturelle Lage dar?

Stieler:

Während wir in vielen Branchen weiterhin gute Geschäfte machen, sind die Aufträge mit Spritzgießmaschinen im Automotive-Markt im Vergleich zum Vorjahr seit Anfang des Jahres um rund 50 Prozent eingebrochen. Das spüren alle Anbieter von Spritzgussmaschinen, wie man dem Bericht von Euromap entnehmen kann. Die Automobilindustrie steht derzeit auf der Bremse. Einer der Gründe ist der Handelsstreit zwischen China und den USA. Deshalb überdenken die großen OEMs derzeit ihre Strategie, Baureihen zentral an einem Standort für den weltweiten Markt zu produzieren. Damit wird die gesamte Supply Chain auf den Kopf gestellt. Dies erfordert eine Neuplanung – und dies geschieht nicht über Nacht. Solange keine Entscheidungen getroffen sind, investieren die OEMs und ihre Zulieferer auch nicht. Hinzu kommt die Investitionszurückhaltung auf Seiten der Autofahrer: Solange unklar ist, ob es Fahrverbote für bestimmte Fahrzeuge in deutschen Städten gibt, werden Kaufentscheidungen zurückgestellt.

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Kurzarbeit in München und Näfels

Manche Unternehmen in Deutschland, vor allem Automobilzulieferer, haben bereits Kurzarbeit angemeldet. Beschäftigen Sie sich mit dem Thema?

Stieler:

Wir haben Kurzarbeit hier am Standort in München sowie in der Schweiz aufgrund des nachlassenden Volumens.

Sie lassen derzeit innerhalb der Unternehmensgruppe keinen Stein auf dem anderen. In Vaterstetten und Laatzen lassen Sie neue Gebäude für Produktion und Verwaltung errichten. Die Umzüge von den bestehenden Standorten in München und Hannover sind für 2022 geplant. Dies fällt nun in eine Zeit, in der die wirtschaftlichen Aussichten nicht gerade rosig sind. Bereitet Ihnen das Sorgen?

Stieler:

Es gibt für alle Dinge eine Zeit, wann was passieren kann und muss. Und ich bin fest davon überzeugt, dass jetzt die Zeit dafür ist, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Dass sich Krauss Maffei nach einer langen Zeit im Besitz von Private Equity-Firmen stark verändert, ist richtig. Die Welt um uns herum hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert . Hinzu kommt, dass wir uns hier im Westen aufgrund der langen Boom-Phase in scheinbarer Sicherheit gewogen haben. Wenn ich mir heute ansehe, welche Fortschritte Wettbewerber aus dem fernen Osten machen, dann haben wir keine Zeit mehr zu verlieren. Mit ChemChina haben wir einen strategischen Investor als Eigentümer, der langfristig investiert ist. Wir erfahren starke Unterstützung durch unseren Eigentümer bei unseren Plänen, die in den nächsten fünf Jahren zu den größten Investition von Krauss Maffei seit nahezu einem Jahrhundert führen werden.

Kann die jetzige Wirtschaftssituation dazu führen, dass die Entscheidungen für die neuen Standorte revidiert werden?

Stieler:

Das ist eher unwahrscheinlich. Unser Standort hier in München ist 80, der in Hannover fast 100 Jahre alt. Da haben wir natürlich einige Einschränkungen, wenn es darum geht, in zeitgemäßen Abläufen in einem Hochlohnland eine Fertigung wirtschaftlich zu gestalten. Das betrifft auch das Volumen: Es macht einen Unterschied, ob ich in einem Werk 1500 oder ein Mehrfaches an Maschinen baue. Wenn solche Veränderungen anstehen, sollten man sie angehen, wenn gerade mal etwas weniger zu tun ist anstatt in einer Phase mit 120 Prozent Last. Wir haben das Glück, dass wir unsere Projekte soweit vorangetrieben haben, dass wir gut in der Zeit sind, um diese jetzt umsetzen zu können.

Standard-Spritzgießmaschinen künftig aus der Slowakei und China

Welche Veränderungen wird es in den neuen Fabriken in Vaterstetten und Laatzen geben?

Stieler:

Beide Standorte haben unterschiedliche Herausforderungen. Fangen wir mit München an. Ursprünglich hat KraussMaffei hier das gesamte Produktspektrum gefertigt. Heute sind wir so aufgestellt, dass wir in Sučany und in China Werke haben, die wir beide erweitern. Das heißt, wir können die Komplexität reduzieren, indem wir entkoppeln. Für die Zukunft heißt das, dass wir Standard-Spritzgießmaschinen in Sučany und China fertigen wollen und die komplexen customized Maschinen und Fertigungszellen einschließlich Automation in München.

Welches Ziel verfolgen Sie damit?

Stieler:

Unser Ziel ist schneller zu werden und dadurch mehr fertigen zu können. Wir haben in München heute einen Mischbetrieb. Mit der neuen Strategie optimieren wir unsere Herstellung deutlich– und nutzen damit, vorsichtig ausgedrückt, ein hohes Optimierungspotential.

Nimmt das Geschäft mit kundenspezifischen Lösungen zu?

Stieler:

Ja, hier sehen wir gute Wachstumschancen. Zusätzlich wollen wir aber auch im Volumengeschäft viel stärker wachsen. Damit wollen wir gerade in Asien eine deutlich stärkere Präsenz aufbauen.

Kann man Volumengeschäft nicht aus Deutschland heraus bedienen?

Stieler:

Wir sind der Ansicht, dass wir diese Baureihen besser in unseren Werken in der Slowakei und China fertigen können. Wie Sie wissen, haben wir die PX Agile entwickelt, die mehr als 30 Prozent unter den Kosten der PX-Baureihe liegt. Wir fahren die Produktion der PX Agile in China gerade hoch. Natürlich haben wir die Option, die Maschine auch in den westlichen Märkten zu vermarkten.

Sind langfristig die Stückzahlen und das technische Level der großen chinesischen Spritzgießmaschinenbauer Ihr Ziel?

Stieler:

Wir werden bei der Qualität und unserem Anspruch an die Technologie keine Kompromisse machen. Dennoch brauchen wir eine andere Preis-Leistungs-Relation.

Ziel ist, das Volumen des Markprimus aus China zu erreichen

Wollen sie vom Volumen her an den Marktprimus aus China herankommen? 

Stieler:

Das ist ein hoher Anspruch, aber das ist unser Ziel – auch wenn ich nicht sagen kann und will, innerhalb welcher Zeit wir dieses Ziel erreichen wollen.

Lassen Sie uns über den Hannover sprechen. Was wird sich durch den Umzug nach Laatzen verändern?

Stieler:

Mit dem Neubau und dem Umzug werden wir zukünftig sowohl Neuanlagen wie auch Technikumsanlagen aufbauen können und das komplexe Systemgeschäft weiter forcieren.

Wie wichtig ist der chinesische Markt für Krauss Maffei?

Stieler:

Der chinesische Markt ist der größte Einzelmarkt. Um im Weltmarkt auch zukünftig erfolgreich zu sein, müssen wir auf diesem Markt Erfolg haben und dort expandieren. Im Grunde hätten wir dies schon viel früher tun müssen. Mit unserem chinesischen Eigentümer und als in China börsennotiertes Unternehmen holen wir dies nun nach. Ich bin davon überzeugt, dass alle westlichen Unternehmen diesen Schritt gehen müssen, um auch in Zukunft eine führende Rolle auf dem Weltmarkt zu spielen. Daher begrüße ich es ausdrücklich, wenn auch unsere Marktbegleiter an dieser Stelle aktiv sind oder aktiv werden.

Ein höheres Volumen an Spritzgießmaschinen, ein attraktiveres Preis-Leistungs-Verhältnis der Maschinen – gibt es noch weitere Veränderungen, die durch den chinesischen Markt getriggert werden?

Stieler:

Gerade im chinesischen Markt muss der Kunde im Mittelpunkt stehen. In China gibt es eigene Trends, denen wir gerecht reden müssen. Dort können wir nicht mit dem Anspruch Erfolg haben, dass wir Trendsetter sind. Wir brauchen Kundennähe – und dies nicht nur physisch, sondern auch im Denken und in der Art, wie wir unsere Kunden ansprechen. Für den Erfolg sind weiterhin ein gutes Produkt und gute Qualität nötig. Das ist aber nicht mehr allein entscheidend. Für die Kunden ist das Kundenerlebnis mindestens genaus so wichtig. Fühle ich mich als Kunde wohl mit dem, was mir ein Unternehmen bietet? Das beginnt mit dem Kundenkontakt und führt letztlich bis zur Bedienung der Maschine.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung für die Kundennähe?

Stieler:

Digitalisierung ist in China schon im Vertrieb selbstverständlich. Geschäfte werden auch im B2B Bereich über Plattformen abgewickelt. Kommunikation erfolgt digital. Auf diese Anforderungen sind wir eingestellt. Unsere Beratungskompetenz ergänzt diese Marktpräsenz hervorragend.

Neuer geschlossener Außenauftritt für mehr Kundennähe

Eine stärkere Kundennähe versprechen Sie sich auch durch Umstrukturierungen innerhalb der Unternehmensgruppe: Krauss Maffei Berstorff und Netstal gibt es als Unternehmen nicht mehr. Alle firmieren nun einheitlich unter Krauss Maffei. Nur der Markenname Netstal bleibt erhalten. Wie sind diese Veränderungen intern und von den Kunden aufgenommen worden?

Stieler:

Wir haben den Prozess bereits vergangenes Jahr mit der Gründung der neuen Geschäftseinheit Digital & Service Solutions eingeläutet. Dadurch haben unsere Kunden heute – ganz gleich, ob sie eine Netstal Spritzgießmaschine oder einen Extruder aus Hannover haben – eine einheitliche Helpline für Service. Damit können wir unsere Kunden schneller und besser unterstützen als in der Vergangenheit. Das gleiche gilt für unsere neuen digitale Angebote und Lösungen. Dass wir uns stärker an den Kunden orientieren wollen, das verstehen auch unsere Mitarbeiter. Der Außenauftritt mit der einheitlichen Marke Krauss Maffei ist dabei ein erster wesentlicher Schritt. Natürlich war und ist dieser Schritt für viele Mitarbeiter von Krauss Maffei Berstorff und Netstal einschneidend. Sie können zu Recht stolz sein auf die beiden Marken. Mit dem neuen und modernen Auftritt haben wir jetzt aber die Möglichkeit, Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Unsere Aufgabe im Management ist es, damit neue Energien freizusetzen.

Sabine Koll

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