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Coronavirus

Röchling in herausforderndem Umfeld deutlich gewachsen

Die Röchling-Gruppe spürte zwar 2019 die Eintrübung im wichtigen Automobilmarkt, konnte aber dennoch beim Umsatz um fast 10 % wachsen.
Die Qualität von Produkten hängt letztlich auch entscheidend von den Mitarbeitern ab, die diese produzieren. Gleichzeitig steigt durch den Fachkräftemangel die Anzahl an Quereinsteigern, vor allem in der Industrie an.

Die Röchling-Gruppe spürte zwar 2019 die Eintrübung im wichtigen Automobilmarkt, konnte aber dennoch beim Umsatz um fast 10 % wachsen.

Obwohl die Lage in wichtigen Abnehmermärkten schon 2019 – also vor der Corona-Pandemie – alles andere als einfach war, konnte der Kunststoff-Spezialist Röchling SE & Co. KG im Geschäftsjahr 2019 in allen drei Unternehmensbereichen, also Industrial, Automotive und Medical, wachsen und seinen Umsatz erneut deutlich ausbauen, im Bereich Medical sogar um mehr als 40 %.

2020 ein Wachstum von 9,9 Prozent erreicht

Über alle Bereiche erwirtschaftete Röchling 2019 trotz einer im Jahresverlauf merklich verlangsamten Dynamik in der Weltwirtschaft ein Plus von 9,9 %. Damit erhöhte sich der Umsatz von 2.140,5 Mio. EUR auf 2.351,9 Mio. EUR.

Zum Ende des vergangenen Jahres waren insgesamt 11.474 Mitarbeiter für die Röchling-Gruppe tätig, wodurch sich die Anzahl der Mitarbeiter innerhalb eines Jahres um 545 erhöhte. Damit ist Röchling 2019 beim Umsatz in etwa doppelt so stark gewachsen wie bei der Mitarbeiterzahl, was sich angesichts der aktuellen, durch die Corona-Pandemie bedingten Entwicklung der globalen Wirtschaft als Vorteil erweisen dürfte.

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Denn das laufende Geschäftsjahr 2020 ist vom Ausbruch der Corona-Pandemie geprägt, in deren Folge die Weltwirtschaft in vielen Bereichen eingebrochen ist. Auch die Röchling-Gruppe konnte sich dieser Entwicklung im ersten Quartal 2020 nicht entziehen und verzeichnete im Vergleich zum Vorjahrsquartal einen Umsatzrückgang in Höhe von 8,8 %.

Wachstum in allen drei Bereichen: Automotive, Industrial und Medical

Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, Vorstandsvorsitzender der Röchling-Gruppe: "Corona ist ein Stresstest für alle Unternehmen. Auch Röchling ist gefordert, aber wir sind stabil."

„Wir haben im Geschäftsjahr 2019 Umsatzsteigerungen in allen Unternehmensbereichen verzeichnet. Die Corona-Pandemie setzt seit Mitte März sowohl den Umsatz als auch den Auftragseingang in unseren Unternehmensbereichen Industrial und Automotive unter Druck. Wir mussten darauf, wie viele andere Unternehmen in Deutschland auch, mit Kurzarbeit in beiden Bereichen sowie kurzzeitigen Werkschließungen im Automotive-Bereich reagieren. Im Medical-Bereich profitierten dagegen einige Standorte von einer erhöhten Nachfrage aufgrund der Pandemie“, betonte der Vorstandsvorsitzende der Röchling-Gruppe, Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, bei der Vorstellung der Bilanzzahlen am Dienstag, 19. Mai, in einer Videokonferenz mit Pressevertretern. Wie Prof. Knaebel weiter erklärte, hat Röchling zwar für alle Bereiche Kurzarbeit angemeldet, bislang aber nur in einigen Bereichen tatsächlich eingesetzt.

Generell zeigte sich Prof. Knaebel zuversichtlich, dass die Röchling-Gruppe gestärkt aus dieser Situation hervorgehen wird: „Corona ist ein Stresstest für alle Unternehmen. Auch Röchling ist gefordert, aber wir sind stabil und gehen davon aus, dass wir im Rahmen unserer bestehenden Kreditlinien handlungsfähig bleiben.“

Röchling Direct Manufacturing Center gegründet

Ein Baustein für den weiteren Erfolg des bekannten Kunststoffverarbeiters soll das im August 2019 gegründete Röchling Direct Manufacturing Center (RDMC) in Waldachtal-Salzstetten (Baden-Württemberg) sein, das als Kompetenzzentrum das gesamte Know-how der Additiven Fertigung bei Röchling bündelt und weiterentwickelt.

Zudem setzte die Röchling-Gruppe auch im vergangenen Jahr auf Forschung und Entwicklung. Um dem agilen Umfeld der Kunststoffbranche sowie dem eigenen Anspruch an Innovationskraft Rechnung zu tragen, wurde 2019 eine den Unternehmensbereich Industrial überspannende, zentrale Entwicklungsabteilung aufgebaut. Priorität dieser Abteilung besitzen strategische Entwicklungsprojekte, die die aktuellen Leitthemen der Kunststoffindustrie widerspiegeln. Diese lauten etwa „Smarte Kunststoffe“, „Funktionalisierte Kunststoffe“ sowie „Leichtbau“ und „Thermoplastische Composites“. Einen zunehmend wichtiger werdenden Aspekt nehmen aber auch sogenannte Biokunststoffe sowie CO2-neutrale oder rezyklierte Kunststoffe ein.

Im Unternehmensbereich Automotive umfasst Entwicklung vor allem die Umsetzung der Kundenaufträge von der Bauteil- beziehungsweise Komponentenentwicklung und -prüfung über Werkzeug- beziehungsweise Betriebsmittelauslegung und -bau bis hin zu effizienten Produktionsverfahren. Darüber hinaus bedeutet Forschung und Entwicklung aber auch die eigene Entwicklung von Kunststoffanwendungen.

Um die Ideen und Wünsche seiner Kunden detailgetreu, funktionell und kreativ zu verwirklichen, bietet auch der Unternehmensbereich Medical eine eigene, interne Entwicklungsabteilung, die für kundenspezifischen Projekte von Verpackung, Transport und Produktion bis hin zur Auslieferung und Zustellung beim Empfänger die gesamte Wertschöpfungskette im Blick hat.

90 Standorte in 25 Ländern

Die Röchling-Gruppe ist heute weltweit an 90 Standorten in 25 Ländern vertreten, 57 davon liegen in Europa, 18 in Asien und 15 in den Amerikas. Das Unternehmen übernahm zum 1. Januar 2019 den Kunststoffverarbeiter Schwartz GmbH Technische Kunststoffe (firmiert heute als Röchling Industrial Xanten) und stärkte mit dieser Investition seine Position als Anbieter von Formgussteilen aus Polyamid-Guss für die Schwerlastindustrie. Dagegen verkaufte die Sparte Automotive im Mai ihr Werk in Wolfsburg-Hattorf an den japanischen Automobilzulieferer und Komponentenhersteller Kasai Kogyo. „Mit dem Verkauf des Werks, das Tür- und Seitenverkleidungen für Automobile herstellt, konzentrieren wir uns auf unser Kerngeschäft“, betonte Knaebel.

Das erste Quartal 2020 war gekennzeichnet durch erste Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die drei Unternehmensbereiche erzielten von Januar bis März Umsatzerlöse in Höhe von 560,4 Mio. EUR – ein Minus zum Vorjahreszeitraum von 54,2 Mio. EUR. Der Großteil dieses Umsatzrückgangs entfiel mit 51 Mio. EUR auf den Bereich Automotive, der unter den rückläufigen Produktionszahlen der Automobilproduzenten bis hin zur Schließung verschiedener Werke zu leiden hatte.

Der Unternehmensbereich Industrial steigerte trotz bereits einsetzender rückläufiger Umsätze von 6,6 Mio. EUR im Vergleich zum Vorjahrsquartal seine Profitabilität und erzielte eine hervorragende Performance. Der Bereich Medical erreichte sogar ein Plus von 3,2 Mio. EUR. Der Auftragseingang in den drei Unternehmensbereichen entwickelte sich vergleichbar und ging im ersten Quartal 2020 um 6,3 % auf 581,8 Mio. EUR (Vorjahr: 620,7 Mio. EUR) zurück. Das Ergebnis vor Steuern sank dementsprechend um 12,6 Mio. EUR auf 16 Mio. EUR. „Aufgrund der aktuellen Entwicklung müssen wir die eingeleiteten Kostensenkungsmaßnahmen umsetzen und uns auf den Erhalt der stabilen Cash-Situation konzentrieren“, betonte Röchling-CFO Evelyn Thome.

Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung hat auch Auswirkungen auf die Anzahl der Beschäftigten: Sie nahm bis zum 31. März 2020 auf 11.015 Mitarbeiter ab. Dieser Rückgang ist auf den Bereich Automotive zurückzuführen und neben Personalanpassungen im Zuge der Corona-Pandemie auch ein Ergebnis des Restrukturierungsprozesses „Driving Future“.

Verhaltener Ausblick auf 2020

Aufgrund der Corona-Pandemie rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) mit einem „riesigen Schock“ für die Weltwirtschaft und einem Schrumpfen der globalen Wirtschaftsleistung um rund 3 % (Stand April). Die Krise werde vor allem die Industrienationen treffen. Für Deutschland rechnet der IWF sogar mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um rund 7 %. Das Ifo Institut geht von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 6,2 % aus (Stand Mai). Noch im Januar dieses Jahres hatte der IWF mit einem Wirtschaftswachstum von 3,3 % gerechnet. Mit ersten Aufholeffekten rechnet der IWF frühestens zum Ende des laufenden Jahres.

Vor diesem Hintergrund hat der Vorstand der Röchling-Gruppe bereits seine Erwartungen an das laufende Wirtschaftsjahr gegenüber der Planung angepasst: „Wir gehen für 2020 unter der Annahme einer länger anhaltenden Pandemie von einem merklichen Umsatzrückgang und damit einhergehenden Ertragseinbußen aus. Aufgrund der rasanten Entwicklung und dem damit verbundenen hohen Grad an Unsicherheit bewerten wir die finanziellen Auswirkungen in Form von Szenarien, für die wir die erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben“, sagte Knaebel.

Auf die Frage eines Journalisten, ob sich die Corona-Pandemie auch auf die Globalisierung auswirken wird, antwortete Prof. Knaebel: „Corona wird einen Nachhall haben.“ Der Vorstandsvorsitzende von Röchling stellte zwar die Globalisierung an sich nicht in Frage, ist aber überzeugt, dass es eine Abhängigkeit von einem Standort wie China in dieser Form nicht mehr geben wird.

gk

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