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Recycling: Gummi muss nachhaltiger werden

Über die Herausforderungen bei den Themen Nachhaltigkeit und Recycling von Gummi spricht Daniela Dingfelder von Deguma im Interview.
Daniela Dingfelder ist COO von Deguma-Schütz. Sie spricht über die Themen Nachhaltigkeit und Recycling in der Gummi-Branche.

Über die Herausforderungen bei den Themen Nachhaltigkeit und Recycling von Gummi spricht Daniela Dingfelder von Deguma im Interview.

Gummi ist bei den Gütern des täglichen Bedarfs unverzichtbar, doch in Sachen Nachhaltigkeit und Recycling gibt es noch viele Herausforderungen zu meistern. Daniela Dingfelder, COO bei Deuma-Schütz, spricht im Way-2-K-Interview im Vorfeld der K-Messe 2022 darüber, wie ihr Unternehmen diese bewältigen will.

Frau Dingfelder, ist der Werkstoff Gummi nachhaltig?

Daniela Dingfelder: Sowohl der Naturkautschuk als auch der synthetische Kautschuk haben in puncto Nachhaltigkeit Vor- und Nachteile. Beide sind im Alltag nicht wegzudenken – bei den Gütern des täglichen Bedarfs, wie Schuhsohlen, ebenso wenig wie in der Baubranche, der Automobilindustrie oder dem Tunnelbau. Negativ ist, dass Naturkautschuk vor allem in Monokulturen gewonnen wird und synthetischer auf dem fossilen Erdöl basiert. Wir brauchen Gummi, aber wir wollen es nachhaltig haben. Deshalb beschäftigen wir uns seit einiger Zeit verstärkt mit dem Recycling. Zusammen mit unseren Kunden suchen wir Wege, den Werkstoff wiederaufzubereiten und entwickeln dafür die passenden Maschinen.

Bewusstsein für Nachhaltigkeit wächst in der Gummi-Branche

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Wie groß ist das Interesse daran?

Dingfelder: In der Branche ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit enorm gewachsen. Das sehen wir an der Zahl der Projekte, die alleine wir verfolgen. Die Unternehmen sehen sich in der Verantwortung. Wir bei Deguma sagen, ja, wir bauen die Maschinen für die Gummiherstellung und -bearbeitung. Aber wir sehen zu, dass wir das so nachhaltig wie möglich tun. Wir haben zum Beispiel ein neues Antriebssystem entwickelt, das Energieeinsparungen von bis zu 30 Prozent ermöglicht. Wir stellen auch um auf eine modulare Bauweise, so dass nur noch Komponenten und Module ausgetauscht werden müssen und nicht mehr die ganze Maschine.

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Deguma ist Spezialist für Retrofit. Ist das auch ein Beitrag zum Klimaschutz?

Dingfelder: Deguma kommt ursprünglich aus dem Bereich der Überarbeitung von Maschinen. Wir arbeiten schon seit Jahren daran, Maschinen im Rahmen des Retrofit energieeffizienter zu machen, etwa durch unser neues Antriebssystem. Damit kann man schon bei niedrigster Drehzahl die maximalen Drehmomente erreichen. Ein Kunde von uns konnte dadurch in seiner Produktion 100.000 kWh Strom pro Jahr einsparen. Die Maschinen sind extrem langlebig. Derzeit haben wir eine Maschine von 1937 in der Überarbeitung. Wir können diese Maschinen auf den aktuellen technischen Standard bringen und dem Markt wieder zurückgeben, wo sie noch viele Jahre eingesetzt werden können. Sie sind dann sehr effizient, und es werden Rohstoffe für Neumaschinen gespart. Aber hier sind uns Grenzen gesetzt.

Welche?

Dingfelder: Der Markt für Gummimaschinen wächst. Da die Alten gerade auch durch das Retrofit sehr lange halten, müssen auch neue Maschinen gebaut und verkauft werden. Bis die überholt werden müssen, vergehen wieder viele Jahre. Deshalb bauen wir eben auch neue Maschinen, aber hier arbeiten wir von vornherein nachhaltiger.

CO<sub>2</sub> sparen durch Digitalisierung

Deguma ist Teil des vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts Adaptar. Worum geht es?

Dingfelder: Bei Adaptar geht es darum, technische Bedienungsanleitungen zu digitalisieren – mithilfe von digitalem Zwilling und Augmented Reality. Ziel ist es, alle Anleitungen immer auf dem aktuellen Stand zu haben, etwas, das in Papierform nicht möglich ist. Das hat viele Vorteile. Zum einen spart man durch den Ersatz von Papier wertvolle Ressourcen. Darüber hinaus wollen wir auch den Fachkräftemangel adressieren. Denn die Anleitungen sind in mehreren Sprachen verfügbar. Damit kann auch ein Facharbeiter, der die gängige Sprache in seinem Betrieb nicht beherrscht, die Handlungsanweisungen verstehen. Durch die Schaffung eines digitalen Zwillings lassen sich überdies schneller Fehler erkennen. Und schließlich ermöglicht die Digitalisierung den Fernzugriff auf Maschinen. Damit muss viel weniger Servicepersonal durch die Welt fliegen. Auch damit sparen wir CO2-ein.

Welche Rolle hat Deguma in diesem Projekt übernommen?

Dingfelder: Unsere Rolle ist es, alles, was entwickelt wird, in der Anwendung zu erproben. Wir stellen unsere Prozesse zur Verfügung, um die digitale Welt erst einmal mit Daten zu füttern. Das machen wir kontinuierlich. Wir haben unsere Daten in einer App zusammengefasst. Diese App und ein Tablet liefern wir jetzt den Kunden mit den Maschinen mit und bitten sie, es einfach auszuprobieren. Das funktioniert sehr gut. Ein weiterer Vorteil für uns ist es, dass wir mit den technischen Daten in der Lage sind, den Produktionszyklus genauer zu betrachten und die Maschinen effizienter zu gestalten und Energie einzusparen.

Vorreiter bei Nachhaltigkeit und Recycling

Deguma ist in vielen Ländern unterwegs. Ist Nachhaltigkeit ein Thema des Westens?

Dingfelder: Sofern Firmen westlich geprägt sind, ist das Ziel der Nachhaltigkeit oft schon vorgegeben. Je weiter man Richtung Osten geht, desto weniger ist das ein Thema. Die Unternehmen dort versuchen ja erst einmal wirtschaftlich am Markt mitzuhalten und uns preislich zu unterbieten. Dazu müssen sie so günstig wie möglich produzieren. In Schwellen- und Entwicklungsländern wird es noch Jahre dauern, bis Nachhaltigkeit die gleiche Relevanz hat wie bei uns. Deshalb sollten wir die Chance nutzen, uns als Vorreiter zu etablieren. Denn langfristig betrifft das Thema die Wirtschaft weltweit.

kus/VDMA

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