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Technik 20. Juni 2018

Qualität effizient sichern

Kunststoff-Cluster in Österreich entwickelt einen kostenoptimierten, modularen Mix aus Analyse- und Prüfmethoden speziell für Hochleistungskunststoffe.
Durch die Vielzahl der Einsatzstoffe in Hochleistungscompounds kann es zu Chargenschwankungen kommen. Eine adäquate Qualitäts­sicherung ist daher unerlässlich.
Durch die Vielzahl der Einsatzstoffe in Hochleistungscompounds kann es zu Chargenschwankungen kommen. Eine adäquate Qualitäts­sicherung ist daher unerlässlich.

Kunststoff-Cluster in Österreich entwickelt einen kostenoptimierten, modularen Mix aus Analyse- und Prüfmethoden speziell für Hochleistungskunststoffe.

Standardisierte Methoden für die Qualitätssicherung von Massenkunststoffen und technischen Kunststoffen sind Stand der Technik, bei Hochleistungskunststoffen aber nur bedingt aussagekräftig. Insbesondere in der Automobilindustrie reicht dies nicht aus, ersetzen doch Kunststoffe wie PSU, PES, PPA, PPS oder PEEK oft metallische Werkstoffe.

Vier Unternehmen des österreichischen Kunststoff-Clusters haben nun verschiedene analytische Verfahren getestet, um einen geeigneten Methodenmix zu entwickeln, der eine zuverlässige Qualitätssicherung für Spritzgussteile aus hochgefüllten Hochleistungskunststoffen ermöglicht. Die Automobilzulieferergruppe TCG Unitech, der Rezepturentwickler Polymerwerkstatt und der kunststoffspezifische Dienstleister Solu­tions 4 Science haben gemeinsam mit dem Institut für Polymeric Materials and Testing der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) an der Entwicklung einer vorausschauenden Analytik gearbeitet.

Modulare Analytik

Diese neue, modulare Analytik zeigt auf, wie sich ein angeliefertes Compound in Hinblick auf Verarbeitung und Produktspezifikation verhält. Die Compounds variieren von Charge zu Charge geringfügig in der Zusammensetzung. Dies führt – besonders bei hochbeanspruchten, komplexen Spritzgussbauteilen – zu Qualitätsunterschieden, wenn nicht die Prozessführung im Vorfeld entsprechend angepasst wird. Der TCG Unitech ist es so gelungen, bei kritischen Bauteilen die Ausschussraten noch weiter zu reduzieren.

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"Bei der Auswahl der Prüfmethoden haben wir auch auf ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis geachtet", sagt Prof. Gernot Wallner von der JKU. "Aus der Gruppe der Thermoanalyseverfahren haben wir deshalb besonderes Augenmerk auf die simultane Thermoanalyse (STA) gelegt, eine Kombination aus Thermogravimetrie (TGA) und Differentialthermoanalyse (DTA)."

Auswahl der Prüfmethoden

Für einen Großteil der untersuchten Compounds war die simultane thermische Analyse für die Bestimmung der Kunststoffe beziehungsweise Blends und der Mengenanteile der Füll- und Verstärkungsstoffe hinreichend. Bedeutsam waren bei Compounds mit CaCO₃-Modifikation die richtige Wahl des Spülgases (Stick- oder Sauerstoff) sowie bei Compounds mit Verstärkung auf Kohlenstoffbasis die Kenntnis der Pyrolysereste für die Kunststoffe.

Bei Blends aus PEEK und PTFE erwies sich die DTA im Abkühlmodus aufgrund der deutlicheren Auftrennung der Kristallisationspeaks als besser geeignet. Für diese Blends wurden positionsabhängige Mischungsverhältnisse­ im Spritzgussbauteil nachgewiesen, welche maßgeblich von der Prozessführung beeinflusst sind. Im Projekt zeigte sich auch, dass kohlenstoffbasierende Verstärkungsstoffe (zum Beispiel Grafit, Kohlenstofffasern) zur klaren Auftrennung aufwendigere Methoden erfordern wie die Raman-Mikroskopie.

Erste Umsetzung der Ergebnisse

Der wesentliche Nutzen des Projekts für die Firmenpartner liegt beim aufgebauten Know-how. "Um komplexen Anforderungsprofilen zu genügen, weisen Hochleistungskunststoffe eine heterogene Werkstoffstruktur auf. Neben Aromaten-basierenden Polymeren sind Verstärkungsstoffe aus Silikaten, Carbonaten oder Kohlenstoffen sowie funktionale Addi­tive wie Fluorpolymer-Gleitmittel unerlässlich. Die Kenntnis der werkstofflichen Struktur und das Wissen um den Zusammenhang mit Verarbeitungseffekten sind Voraussetzung für zuverlässige, langlebige Produkte", ist Prof. Gernot Wallner überzeugt.

"Die Polymerwerkstatt nutzt die implementierten Methoden der JKU Linz bereits für die Qualitätssicherung und kann so ihren Kunden einen Vorteil anbieten", sagt deren Geschäftsführer Thomas Auinger. Auch die TCG Unitech Gruppe hat das Know-how aus dem Projekt sofort umgesetzt. "Wir haben ein STA-Gerät mit IR-Kopplung erfolgreich in die Qualitätssicherung implementiert", erzählt René Klaffenböck, Laborleiter bei TCG Unitech. "In einer Bauteilanalyse haben wir die Zusammenhänge zwischen dem Compound, den Prozessbedingungen und dem Bauteilverhalten herausgearbeitet. Für kritische Bauteile ist es uns so gelungen, die Ausschussraten weiter zu reduzieren", freut sich Klaffenböck.

"Wir haben im Rahmen des Projekts ein Nachschlagewerk für Kunststofftechniker entwickelt, das den Zusammenhang und Nutzen spektroskopischer und thermoanalytischer Methoden zeigt und Hilfestellung in der täglichen Arbeit gibt", so Peter Hödl von Solutions 4 Science. "Wir können zusätzlich zu den Analysegeräten nun auch sehr spezifisches Methoden-Know-how zur Analyse gefüllter Hochleistungskunststoffe liefern."

mg

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