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Management 1. Dezember 2020

Personalabbau: Berater als Unterstützer engagieren

Bald werden viele Unternehmen corona-bedingt Personal abbauen müssen - oft ist es richtig, einen Berater als Unterstützer zu engagieren: Ein Praxisbeispiel!
Wenn ein Unternehmen gezwungen ist Personal abzubauen, kann ein Beratungsunternehmen diesen Prozess unterstützen.
Wenn ein Unternehmen gezwungen ist Personal abzubauen, kann ein Beratungsunternehmen diesen Prozess unterstützen.

Bald werden viele Unternehmen corona-bedingt Personal abbauen müssen - oft ist es richtig, einen Berater als Unterstützer zu engagieren: Ein Praxisbeispiel!

Ein mittelständisches Unternehmen stand vor der Alternative: entweder Kosten senken oder es muss bald geschlossen werden - also stellte die Geschäftsleitung alle Sachausgaben auf den Prüfstand - was entbehrlich war, wurde gestrichen, doch dies allein genügte nicht und deshalb reifte die Erkenntnis: Es muss Personal abgebaut werden und entschied, dass sie mit einem Beratungsunternehmen als Unterstützung zusammenarbeiten.

Leicht fiel der Geschäftsleitung des Familienunternehmens diese Entscheidung nicht – unter anderem, weil sie befürchtete: Wenn wir in größerem Umfang Mitarbeiter entlassen, zerstört dies unsere von einem starken Wir-Gefühl geprägte Unternehmenskultur. Eine Zusammenarbeit mit einem Beratungsunternehmen hilft uns, den Trennungsprozess fair zu gestalten und unterstützt dabei die Entlassenen, für sich eine neue berufliche Perspektive zu entwerfen.

Konzept für Kündigungsprozess entwerfen

Als Partner wählte die Geschäftsleitung die unter anderem auf die Themen Turnaround und Transformation spezialisierte Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Ihr Senior-Consultant Thomas Fischer entwarf mit dem geschäftsführenden Gesellschafter des Maschinenbauunternehmens, dessen Personalleiter und einem kleinen Team eingeweihter Führungskräfte ein Konzept für den Kündigungs- und Trennungsprozess.

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Parallel dazu wurden alle gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Instrumente zur Personalanpassung ohne Entlassungen (z.B. Altersteilzeit, Teilzeitarbeit oder interne Versetzungen) geprüft. Außerdem wurde der Betriebsrat unterrichtet und ein Sozialplan verhandelt. In dieser Phase waren alle Beteiligten noch zu Stillschweigen verpflichtet und unterschrieben eine entsprechende Erklärung.

Den Auftakt des offiziellen Kündigungs- und Trennungsprozesses bildete ein zweistündiges Meeting mit der Führungsmannschaft des Maschinenbauers. In ihm informierte der geschäftsführende Gesellschafter die Führungskräfte über das Programm zum Personalabbau und erläuterte ihnen den geplanten Ablauf. Außerdem erstellte er mit ihnen unterstützt von den externen Beratern eine Planung zum weiteren Vorgehen. Sie enthielt auch erste Absprachen darüber, wer, wann, mit wem, welche Gespräche wie führt.

Geschäftsführer informiert über Personalabbauprogramm

Etwa eine Woche später informierte der geschäftsführende Gesellschafter alle Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung über das geplante Personalabbauprogramm. Zudem teilte er ihnen mit, dass die Führungskräfte in den nächsten Tagen auf die Mitarbeiter zukommen würden, um persönliche Gespräche mit ihnen zu führen. In der Versammlung wurden der Belegschaft auch Thomas Fischer und zwei weitere K&P-Berater vorgestellt, die die Betroffenen im weiteren Prozess begleiten und unterstützen sollten.

Drei Tage nach der Betriebsversammlung wurden die Führungskräfte, die die Mitarbeitergespräche führen sollten, in einem halbtägigen Training auf diese Aufgabe vorbereitet. Danach führten die Führungskräfte die entsprechenden Gespräche

  • mit den Mitarbeitern, die das Unternehmen auf alle Fälle als Arbeitnehmer behalten wollte, und
  • mit den Mitarbeitern, die es für das angebotene Freiwilligenprogramm gewinnen wollte.

Nach Ablauf einer gesetzten Frist von drei Wochen hatten zwar einige Mitarbeiter das Freiwilligenprogramm genutzt und entschieden: Sie trennen sich mit einer Abfindung im gemeinsamen Einvernehmen vom Unternehmen. Ihre Zahl genügte aber nicht, um die angestrebte Personalreduktion zu erreichen. Also starteten nun die offiziellen Kündigungsgespräche, in denen die betriebsbedingten Trennungen besprochen wurden. Diese Gespräche wurden mit den Betroffenen stets von der jeweiligen Führungskraft und dem Personalleiter geführt.

In den Gesprächen war es wichtig, die Trennungsbotschaft klar zu vermitteln und zugleich fair im Umgang zu sein. Betont wurde stets, dass die Trennung nichts mit der Person und ihrer Leistung zu tun habe, sondern betriebsbedingt sei und auf Basis einer mit dem Betriebsrat verhandelten Sozialauswahl stattfinde. Zudem artikulierten die Führungskraft und der Personalleiter in dem Gespräch ihr Mitgefühl und sagten dem Betroffenen ihre Unterstützung beim Aufbau einer möglichen beruflichen Alternative zu.

Parallel zu diesen Gesprächen wurde ein weiterer Workshop für die Führungskräfte angeboten. Er sollte ihnen ermöglichen, ihre Erfahrungen auszutauschen und das Erlebte aufzuarbeiten. Dabei zeigte sich: Den meisten Führungskräften fiel es schwer, in den Kündigungs- und Trennungsgesprächen konsequent zu bleiben, insbesondere aufgrund der emotionalen Bande, die sie in der zum Teil jahrzehntelangen Zusammenarbeit mit den Betroffenen entwickelt hatten.

Betroffene nehmen Unterstützung von Beratern an

Alle gekündigten Mitarbeiter entschieden sich: Sie nehmen an dem vom Unternehmen angebotenen Newplacement-Prozess teil. Also trafen sich Thomas Fischer und die beiden anderen K&P-Berater mit ihnen, um mit ihnen mögliche neue berufliche persönliche Perspektiven zu erarbeiten. In den Gesprächen vermittelte Fischer ihnen auch: „Ihr seid keine Berufseinsteiger. Ihr habt alle jahrelange Berufserfahrung. Deshalb könnt ihr in Unternehmen wichtiges Know-how einbringen.“

Anschließend fanden für alle Gekündigten in Kleingruppen Bewerbertrainings statt. In ihnen entwickelten sie für sich eine berufliche Perspektive:

  • Suche ich mir eine neue Stelle oder mache ich mich selbstständig?
  • Steige ich beruflich gleich wieder voll ein oder nutze ich die Situation, um mich weiterzubilden?

In den Trainings ermittelten die Teilnehmer auch, welche „Stärken“ sie als Bewerber in die Waagschale werfen können. Außerdem analysierten sie, bei welchen Unternehmen Bewerbungen Erfolg versprechend wären. Danach erstellten sie ihre Bewerberprofile und -mappen.

Gekündigte Mitarbeiter unterschätzen oft ihre Kompetenz

Nach den Trainings traf sich ein K&P-Berater mit jedem Stellensuchenden, um dessen Bewerbungsmappe und -strategie den letzten Schliff zu geben. Dies war nötig, weil sich die meisten Teilnehmer seit Jahren nicht mehr beworben hatten. Entsprechend unsicher waren sie oft bezüglich des Vorgehens. Zudem waren ihnen oft Fähigkeiten nicht bewusst, die ihnen Pluspunkte bringen, sofern sie sich beim richtigen Unternehmen bewerben. Fischer nennt hierfür ein Beispiel: „Ein Unternehmen mit 250 Mitarbeitern hat eine andere Arbeitsstruktur und -kultur als ein Konzern. Hier müssen sie oft improvisieren und haben ein breiteres Aufgabenfeld.“ In einem solchen Umfeld erfolgreich gearbeitet zu haben, kann beim Bewerben ein Plus sein.

So vorbereitet bewarben sich die gekündigten Mitarbeiter. Durch dieses gezielte Vorgehen hatten 30 der 50 entlassenen Mitarbeiter schon kurze Zeit nach den Bewerbungstrainings wieder eine neue Stelle. Fünf weitere hatten entschieden, sich selbstständig zu machen. Also hatte nur noch jeder Dritte entlassene Mitarbeiter keine neue berufliche Perspektive.

Das Vertrauen der „Survivor“ nicht verlieren

Unter anderem über diese Entwicklung informierte der Geschäftsführer des Produktionsunternehmens im Oktober 2019 die verbliebenen Mitarbeiter, die sogenannten „Survivor“, in einer Kick-Off-Veranstaltung, die die Phase des Neustarts in dem gesundgeschrumpften Unternehmen einläutete. Dies stärkte die Identifikation der verbliebenen Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber, weil sie spürten: Das Schicksal unserer Ex-Kollegen – und damit sicher auch unseres – ist unseren Chefs nicht egal.

Ein solches Signal an die „Survivor“ zu senden, ist wichtig. Nicht nur, weil dies ein Ausdruck der Wertschätzung für die Ex-Mitarbeiter ist. Hinzu kommt: Die verbleibenden Mitarbeiter beobachten und registrieren sehr genau, wie der Betrieb mit ihren bisherigen Kollegen umgeht. Hieraus leiten sie wiederum ab, welches „Schicksal“ ihnen künftig eventuell droht. Deshalb führt ein Personalabbau- und Trennungsprozess, der von ihnen als nicht fair empfunden wird, oft zu einem nachhaltigen Vertrauensverlust bei den verbleibenden Mitarbeitern.

Lukas Leist/aki

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