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Ohne Sicherheitsbremsen keine Redundanz

Warum Sicherheitsbremsen, gerade in der Robotik, wichtig sind und warum Redundanz das A und O ist, erklärt Hans Eberle von Mayr Antriebstechnik im Interview.
Redundanz ist für die Sicherheit einer Maschine besonders wichtig. Warum gerade Sicherheitsbremsen hier eine übergeordnete Rolle einnehmen, verrät Hans Eberle, Sales & Marketing Director von Mayr Antriebstechnik, im Interview.

Warum Sicherheitsbremsen, gerade in der Robotik, wichtig sind und warum Redundanz das A und O ist, erklärt Hans Eberle von Mayr Antriebstechnik im Interview.

Beim Thema Maschinensicherheit sind Sicherheitsbremsen nicht mehr wegzudenken: Sie sorgen nicht nur für die hier notwendige Redundanz, sie schützen auch dauerhaft und zuverlässig Personen, Material und Maschine. Gerade im Bereich der Robotik, mit seinen vielfältigen Systemen und Anwendungsbereichen, sind Sicherheitsbremsen heute wichtiger denn je. Im Interview mit der K-ZEITUNG spricht Hans Eberle, Sales & Marketing Director von Mayr Antriebstechnik, über die besonderen Anforderungen der Bremsentechnologie.

Herr Eberle, das Thema Sicherheit ist heute wichtiger denn je. Sicherheitsbremsen von Mayr Antriebstechnik tragen ihren Teil dazu bei. Wo werden ihre Systeme konkret eingesetzt und wo nicht?
Hans Eberle: In der Maschinensicherheit spielt Redundanz eine entscheidende Rolle. Die Sicherheit einer Maschine obliegt dabei dem Hersteller. Wurde das Thema Sicherheit in der Vergangenheit oftmals noch relativ rudimentär behandelt, ist das heute ganz anders. Seitdem hat sich sehr viel getan.Das Thema gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, sobald der Mensch mit der Maschine interagiert. Das ist etwa im Bereich der kollaborativen Roboter, den Cobots, der Fall. Der Roboter selbst verfügt hier meist nur über eine einfache Bremse am Servomotor. Hier müssen entsprechende Sicherheitslevels erfüllt werden. In diesem Bereich greift beispielsweise die DIN EN ISO 13849. Sie hat bereits vieles bewogen, denn zunächst steht damit zu allererst der Konstrukteur selbst in der Verantwortung, das System sicher auszulegen.
Bei einer Automatisierungseinheit, die jedoch bereits eingezäunt und somit abgeriegelt ist oder mit Lichtschranken versehen wurde, sind Redundanzen in Form von zweifacher Sicherheit nicht erforderlich.

Redundanz auf die einfache Art und Weise

Im Bereich der Robotik existieren unterschiedliche Robotersysteme für unterschiedliche Anwendungsszenarien. Haben Sie für jedes dieser Systeme auch die passenden Sicherheitsbremsen?
Eberle: Zunächst sollte man wissen, dass wir zwar ein Standard-Produkt haben, welches vielfältig eingesetzt werden kann, letztendlich wird das Produkt jedoch auf den entsprechenden Anwendungsfall beim Kunden hin modifiziert und optimiert. Insbesondere dort, wo der vorhandene Platz begrenzt ist, also beispielsweise im Servomotor oder direkt im Knickarm-Roboter. Nehmen wir als Beispiel die Zahnstangenbremse Roba-Pinionstop: Häufig werden vertikale Achsen über Motoren mit vorne sitzendem Ritzel angetrieben. Bei der Roba-Pinionstop wird solch ein Ritzel bereits mitgeliefert. Sie kann also neben dem eigentlichen Antriebsmodul eingebaut werden. Durch die bereits im Servomotor vorhandene Bremseinheit wird dadurch wiederum die notwendige Redundanz erreicht. Die Roba-Pinionstop greift mit ihrem Ritzel in die gleiche Zahnstange, wie der Motor ein.

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Darüber hinaus gibt es auch noch unser modulares Sicherheitsbremssystem Roba-topstop. Die Bremse selbst wird vorn an den Servomotor angebaut und ist flexibel nachrüstbar. Dafür baue ich den Servomotor ab und passe die Bremseinheit auf die vorhandene Schnittstelle an. Der Servomotor wird dann einfach wieder darauf gesetzt. So erzeuge ich auf einfache Art und Weise eine Redundanz: Vorn im Gehäuse mit der Roba-topstop-Sicherheitsbremse und hinten mit der im Motor integrierten Bremseinheit. Diese könnte dann beispielsweise auch eine Permanentmagnetbremse sein, wobei diese dann ein anderes Wirkprinzip hätte.

Diese Art von Bremsen führen wir jedoch nicht, da sie anfällig für Temperaturschwankungen sind. Die eigentliche Bremskraft erzeugt hier ein Permanentmagnet. Wenn sich das System beispielsweise durch hohe Reibarbeiten erwärmt, verliert dieser Magnet schrittweise an Wirkung. In solchen Anwendungen ist eine Federdruckbremse die sicherere Variante, da diese eben nicht so temperaturempfindlich ist.

"Die Stärke von Mayr Antriebstechnik liegt in der Vielfalt unterschiedlicher Systeme für unterschiedliche Anforderungen"

Hans Eberle

Auch bei Komplettausfall sicher

Kommt es zu einem Komplettausfall des Systems halten Sicherheitsbremsen, wie diese elektromagnetische Roba-Linearstop, Roboterachsen spielfrei in Position.

Die meisten Linearbremsen fungieren als statische Klemmeinheit. Sie sollen die Achsen der Robotereinheit im Stillstand halten. Was passiert, wenn es zum Komplettausfall des Systems kommt?
Eberle: Speziell Cobots bzw. Knickarm-Roboter halten und positionieren sich mithilfe des Servomotors. Gleichzeitig muss die Sicherheitsbremse natürlich das Gleiche können. Im Falle eines Stromausfalls wird die Stromzufuhr zur Bremseinheit unterbrochen. Sie fällt über die Federkraft ein und hält die Vorrichtung. Hier sind Faktoren wie das Verdrehspiel wichtig. Konkret stellen sich hier die Fragen: Inwieweit ist eine minimale Bewegung der Achse nach Einfall der Bremse noch zulässig? Habe ich hier ein relativ spielfreies System? Denn selbst wenn die entsprechende Robotereinheit auch nur minimal weiterfährt, nehmen unter Umständen das Bauteil oder der Greifer selbst Schaden.

System über Bremsstange spielfrei halten

Nehmen wir hier beispielhaft die Roba-Linearstop heraus. Was machen sie hier anders als andere?
Eberle: Die Roba-Linearstop arbeitet ohne selbstverstärkende Keilwirkung. Ein Lüften der Bremse und damit das Freifahren der Klemmung sind somit nicht erforderlich. Wir setzen stattdessen auf eine Spannzange. Die Bremseinheit wirkt auf eine separate Bremsstange. Schließt die Bremse, wird die Stange spielfrei gehalten und die Achse zuverlässig in Position gehalten.

Können Sie die Vorteile des Systems konkretisieren?
Eberle: Systeme mit selbstverstärkender Keilwirkung erreichen eine unkontrollierbar hohe Bremskraft. Damit erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass periphere Bauteile beschädigt werden. Um die Keilwirkung zu erzeugen, setzen diese Bremseinheiten beim Schließen nach. Auch läuft man hier Gefahr, die Achse in die falsche Richtung freizufahren. Diese Nachteile kennt die Roba-Linearstop nicht. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass wir diese Baureihe in einer hydraulischen, pneumatischen und elektromagnetischen Variante anbieten können – je nach Anforderung des Systems.

In der Vielfalt liegt die Stärke

Wie sieht es mit der generellen Nachrüstbarkeit der Mayr Sicherheitsbremsen aus?
Eberle: Die Stärke von Mayr Antriebstechnik liegt in der Vielfalt unterschiedlicher Systeme für unterschiedliche Anforderungen. Im Zuge der Einführung der bereits erwähnten DIN-Norm kamen beispielsweise auch internationale Kunden, die bislang noch nicht ins Einzugsgebiet dieser Norm geliefert haben, auf uns zu und wollten ihre Produkte entsprechend den Sicherheitsanforderungen nachrüsten. Hier muss aber auch immer jede Anwendung für sich betrachtet werden. Denn jede Anwendung ist anders.

Das Interview führte Dominik Bechlarz

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