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News 29. März 2021

Neuer Hersteller für 3D-Druck-Werkstoffe gegründet

Im Interview erklärt der Kunststoff-Experte Uwe Stenglin, warum er zusammen mit Michaela Moriconi einen Hersteller für 3D-Druck-Werkstoffe gegründet hat.
Ex-PTS-Inhaber Uwe Stenglin hat zusammen mit seiner langjährigen Assistentin und Co-GesellschafterinMichaela Moriconi (r.) den auf 3D-Druck-Werkstoffe spezialisierten Hersteller Dipromat gegründet. Links im Bild Esther Diaz Sappler, Projektmanagerin AdditiveFertigung.
Ex-PTS-Inhaber Uwe Stenglin hat zusammen mit seiner langjährigen Assistentin und Co-GesellschafterinMichaela Moriconi (r.) den auf 3D-Druck-Werkstoffe spezialisierten Hersteller Dipromat gegründet. Links im Bild Esther Diaz Sappler, Projektmanagerin AdditiveFertigung.

Im Interview erklärt der Kunststoff-Experte Uwe Stenglin, warum er zusammen mit Michaela Moriconi einen Hersteller für 3D-Druck-Werkstoffe gegründet hat.

Im Exklusivinterview mit der K-ZEITUNG verdeutlicht Uwe Stenglin, vielen noch als Inhaber von PTS ein Begriff, nicht nur was hinter der Gründung des neuen Unternehmens Dipromat steckt, sondern auch, warum er noch ein riesiges Potenzial im Bereich der Werkstoffe für Additive Fertigung/3D-Druck sieht.

Stenglin: Ich beschäftige mich schon seit dem Verkauf von PTS an Teknor Apex intensiv mit der Additiven Fertigung. Ich habe in diesem Bereich auch schon verschiedene Anläufe als Geschäftsmann gemacht, um als „Business-Angel“ Unternehmen bei der Gründung und dem Aufbau mit Zeit und Geld zu unterstützen, musste aber auch negative Erfahrungen sammeln.
Und so ist – im Prinzip als Plan D – die Idee entstanden, zusammen mit Leuten, die ich gut kenne und persönlich sehr schätze, ein neues, eigenes Unternehmen aufzubauen. Besonders freue ich mich, dass ich Michaela Moriconi als Geschäftsführerin gewinnen konnte. Michaela war über mehr als 20 Jahre meine Assistentin und zuletzt auch Prokuristin bei PTS, und ich habe mit ihr immer hervorragend zusammengearbeitet. Jeder weiß, wie der andere tickt und wir ergänzen uns perfekt. Sie hat mich immer bestens organisiert und so konnte ich mich auf das konzentrieren, was mir immer schon am meisten Spaß gemacht hat: die Technik.
Von Anfang an im Team dabei war auch Esther Diaz Sappler, die für Dipromat als Projektmanagerin Additive Fertigung etwa 4 Mio. EUR an Investitionen gemanagt hat, das Meiste davon für Technologie – das muss man so erst einmal stemmen und das hat hervorragend geklappt.

Als Entwickler und Hersteller fokussiert auf Granulat, Filament und Pulver

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Stenglin: Der Name sagt eigentlich schon sehr viel über das Konzept: wir entwickeln und produzieren Materialien für die digitale Produktion, also für die Additive Fertigung oder 3D-Druck.
Die Idee ist im Rotfeld-Netzwerk entstanden, das jetzt seit fünf Jahren besteht und für alle derzeit sechs beteiligten Unternehmen Vorteile gebracht hat. Wir sahen ein großes Potenzial für ein perfekt ausgestattetes, hoch spezialisiertes Unternehmen, das Werkstoffe für die industrielle Additive Fertigung herstellt. Deshalb habe ich zusammen mit Michaela Moriconi die Dipromat GmbH gegründet.
Wir fokussieren uns bewusst auf Granulat, Filament und Pulver aus Kunststoff, denn im Bereich der Thermoplaste – und zwar hart und weich – verfügen wir über ein umfassendes und tiefgehendes Knowhow. Mit Metall und mit Harzen haben wir nichts zu tun. Zudem beschränken wir uns auf den industriellen 3D-Druck; Geräte und Werkstoffe für den Hausgebrauch sind ein ganz anderer Markt, mit dem wir uns nicht beschäftigen wollen.
Große Hoffnungen setzen wir übrigens auf den 3D-Druck mit Granulat, der derzeit stark im Kommen ist. Im Moment beschäftigen sich viele innovative Unternehmen mit Granulatdruckern und wir sind angetreten, die dafür nötigen Werkstoffe zu entwickeln und herzustellen.

Rohstoff als Kernkompetenz

Stenglin: Unsere Kernkompetenz ist eindeutig der Rohstoff. Wir entwickeln die Werkstoffe und stellen sie auch her, wobei wir Granulat und Pulver selbst produzieren. Die Filamente werden aus unseren Rohstoffen bei einem Partner aus dem Rotfeld-Netzwerk produziert, der Filamente herstellt und der für uns auch den Vertrieb der Filamente übernimmt, und zwar bei Rheneon Materials.
Neben Rheneon profitieren übrigens auch andere Mitglieder des Rotfeld-Netzwerks von der Gründung von Dipromat. So hat zum Beispiel Leistritz unsere beiden Extruder geliefert und Beta-Gamma-Service ist unser strategischer Partner für die Strahlenvernetzung.
Unser Ziel war es, ein perfekt ausgestattetes Unternehmen für die Herstellung von 3D-Druck-Werkstoffen aufzubauen und diesem Ziel sind wir sehr nahe gekommen. Wir sind jetzt eine kleine, aber feine Einheit, die über eine hohe Kompetenz verfügt und die stellen wir der Industrie zur Verfügung.

Stenglin: Wir können zum Beispiel Werkstoffe produzieren, die einen E-Modul von 25.000 oder sogar 30.000 MPa erreichen. Daraus kann man natürlich kein Filament mehr herstellen, denn das ergibt eine starre Stange und kein biegsames Filament.
Wir haben aber schon Rohstoffe für Filamente mit 15 Prozent Carbonfaseranteil hergestellt, die einen E-Modul von 10.400 MPa erreichen, die sich durch eine minimale Schwindung auszeichnen und die sich durchaus als Metallersatz eignen. Viel mehr geht bei Filament aber nicht mehr. Wer höhere Werte erreichen will, muss einen Granulatdrucker verwenden. Dies gilt auch für sehr weiche Werkstoffe, bei denen die Filamentdrucker ebenfalls ihre Grenzen haben, die sich aber mit Granulatdruckern besser verarbeiten lassen.

Der Markt für industriellen 3D-Druck ist im Umbruch

Stenglin: Der Filamentdruck ist ein Riesenmarkt, in dem schon sehr viele Geräte im Einsatz sind. Da stimme ich Ihnen zu. Hier laufen jetzt aber nach und nach die Patente aus. Deshalb öffnet sich dieser Markt mehr und mehr. Bislang haben den Markt einige Maschinenhersteller dominiert, die ihre Filamente zu extrem hohen Preisen verkaufen konnten. Doch dies ändert sich jetzt, denn der Markt ist im Umbruch. Nicht nur weil die Patente auslaufen, sondern auch weil neue Firmen mit offenen Systemen in diesen Markt eintreten, mit denen man die verschiedensten Werkstoffe verarbeiten kann.
Es ist ja legitim, zu seinen Druckern auch das nötige Material zu verkaufen. Aber für ein Kilogramm ABS 80 oder 90 Euro zu bezahlen, kann nach meiner Überzeugung langfristig keinen Sinn machen. Auch deshalb sehen wir für unsere Werkstoffe sehr gute Chancen.

Stenglin: Die Pulver sind nach meiner Erfahrung von unseren drei Bereichen der schwierigste. Wir sind hier aber sehr gut unterwegs, haben viel Geld für die neueste Technologie ausgegeben, sind aber noch nicht ganz am Ziel angekommen. Ein bisschen Zeit brauchen wir hier noch.

Umfangreiche Palette an Werkstoffen für den 3D-Druck

Stenglin: Wir arbeiten gerade intensiv daran, eine umfangreiche Palette an Werkstoffen für den industriellen 3D-Druck aufzubauen, wobei der Schwerpunkt auf teilkristallinen Werkstoffen liegen wird. Denn im Gegensatz zum amorphen Bereich, in dem schon verschiedenste Werkstoffe auf dem Markt sind, ist im teilkristallinen Bereich noch viel Luft nach oben. Gleiches gilt für die weichen Werkstoffe.
Bei all dem gilt unser Firmengrundsatz: Ob eine Sache funktioniert, erfährst Du nicht, indem du darüber nachdenkst, sondern indem du sie erprobst. Für mich war die experimentelle Forschung schon immer sehr wichtig und das wird sie auch in Zukunft sein.
Damit Sie mich richtig verstehen: Das heißt nicht, dass wir „basteln“. Vielmehr gehen wir mit einer enormen Erfahrung experimentell an die Dinge heran, und darin sind wir wirklich gut.

Große Mengen sind nicht das Ziel der Unternehmensgründung

Stenglin: Unser Ziel ist es nicht, große Mengen zu produzieren. Dazu sind wir trotz neuester Technik mit unseren derzeit sieben Mitarbeitern auch gar nicht in der Lage. Wir wollen vor allem eine hohe Wertschöpfung erreichen.
Mit unseren beiden Extrudern können wir insgesamt 1.200 t pro Jahr herstellen, je zur Hälfte TPE und Technische Kunststoffe. Sollte sich der Markt gravierend verändern, sind aber beide Extruder so konzipiert, dass sie sowohl weiche als auch harte Werkstoffe herstellen können. Allerdings ist dazu ein entsprechender und recht zeitaufwändiger Umbau nötig.

Das Interview führte Günter Kögel

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