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Automation 20. April 2018

Mobil und flexibel im Flugzeugbau

Der auf der Hannover Messe präsentierte mobile Roboter des Fraunhofer IFAM stellt sich flexibel auf Formabweichung sowie Produkt- und Typveränderungen ein.
Der mobile Roboter bearbeitet das Seitenleitwerk eines Airbus 320.
Der mobile Roboter bearbeitet das Seitenleitwerk eines Airbus 320.

Der auf der Hannover Messe präsentierte mobile Roboter des Fraunhofer IFAM stellt sich flexibel auf Formabweichung sowie Produkt- und Typveränderungen ein.

Im Flugzeugbau wird zurzeit noch vieles von Hand gefräst, gebohrt oder montiert. Die Roh-Bauteile variieren dabei nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in ihrer Ausführung. Geringe Unterschiede lassen sich bei den extrem leichten und elastischen Materialien nicht vermeiden – eine Herausforderung für die automatisierte Bearbeitung. Fraunhofer-Forscher haben jetzt gemein­sam mit Industriepartnern einen mobilen Roboter entwickelt, der als einziger weltweit diesen hohen Anforderungen gerecht wird.

Nachteile bisheriger Systeme beseitigt

Kommen heute im Flugzeugbau automatisierte Maschinen zum Einsatz, sind es in erster Linie schwere, individuell zugeschnittene Portalanlagen, die sich auf Schienen langsam über die Bauteile schieben. Die Nachteile: Die Anlagen sind kostspielig, unflexibel, haben hohe Nebenzeiten und daher eine geringe Produktivität.

"Unser neuer Roboter kann die Bauteile selbständig anfahren und dort alle notwendi­gen Arbeiten ausführen. Messen, kleben, bohren, fräsen – alles ist möglich. Der Roboter ist universell einsetzbar und kann sich schnell und flexibel auf Formabweichun­gen, Produkt- sowie Typveränderungen einstellen", erläutert Dr. Dirk Niermann, Abteilungs­leiter Automatisierung und Produktionstechnik am Fraunhofer-Institut für Fertigungs­technik und Angewandte Materialforschung IFAM in Stade.

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Während bisher entwickelte Roboter bei solchen Aufgaben an den hohen Anforderungen der Luftfahrt in Sachen Genauigkeit scheiterten, ist das für den neuen Roboter kein Problem: Die Abweichungen bei der Bearbeitung betragen weniger als einen halben mm.

Bearbeitungsgenauigkeit gesteigert

"Vor allem durch die Integration von speziell entwickelten abtriebsseitigen Messsyste­men ist es uns gelungen, den Fehler erheblich zu minimieren", betont Christian Böhl­mann, Gruppenleiter Integrierte Produktionssysteme. Während bei herkömmlichen Industrierobotern die Messtechnik am Motor befestigt ist, befindet sie sich bei dem neuen Roboter direkt an den Achsen. "So wissen wir immer ganz genau, wo die Achsen stehen."

Auch andere Technologien tragen dazu bei, dass die Bearbeitungs­genauigkeit gesteigert werden konnte. Dazu gehören die steuerungsseitige Kompensa­tion von Haftreibeffekten der Getriebe und eine verfeinerte Kalibrierung des Roboters, die durch einmalige Messungen die reale Robotergeometrie ermittelt und diese bei der Berechnung der Bewegung berücksichtigt.

Weil Bauteile in der Luftfahrt manchmal bis zu 20 m lang sind, war es hierbei wichtig, den neuen Roboter mobil zu gestalten. "Wir haben für den Roboter eine steife Platt­form mit drei Antriebsrädern entwickelt. Dadurch kann er sich in der Produktionshalle frei bewegen und dorthin fahren, wo er gerade gebraucht wird. Sobald er seine Zielposition erreicht hat, zieht er die Räder ein und steht stabil", erklärt Böhlmann.

So ermöglichen der mobile Bearbeitungsroboter und andere modular aufgebaute robotische Produktionssysteme vom Fraunhofer IFAM eine wandlungsfähige Fertigung, die nicht mehr statisch bestimmte Stationen durchläuft, sondern sich flexibel, schnell und kostengünstig an unterschiedliche Anforderungen anpasst.

Einen Eindruck von der gesamten Forschungsfabrik Flugzeugmontage können Besucher der Hannover Messe mittels eines 360°-Video-Demonstrators am Fraunhofer Gemeinschaftsstand erhalten. Ausgerüstet mit einer VR-Brille haben sie die Gelegenheit, bei einem virtuellen Rundgang verschiedene automatisierte Fertigungs- und Montageanlagen kennenzulernen und einzelne Technologien genauer zu inspizieren.

db

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