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Mit Messtechnik zu digitalisierten Kunststoffbauteilen

Barlog nutzt zunehmend CT und optische Messtechnik, um für Kunden als Teil der Qualitätssicherung Bauteile vollflächig zu digitalisieren.

Die digitale STL-Datei visualisiert Formabweichungen an einem Kunststoffbauteil am Beispiel eines Kantenschutzwinkels.

Als Alternative zur taktilen Messtechnik stehen seit einigen Jahren optische, digitalisierende Messverfahren wie beispielsweise die Streifenlichtprojektion oder Computertomographie (CT) für die Qualitätssicherung zur Verfügung. Doch welches Verfahren ist das richtige für die jeweilige Anwendung? Welche Vorteile bringen Kunststoffverarbeitern diese Methoden gegenüber der bewährten taktilen Technik?

Der zunächst eindeutige Unterschied von CT und Streifenlichtprojektion gegenüber der taktilen Messung ist die vollflächige Digitalisierung der Bauteile. Das Ergebnis der Methoden ist eine STL-Datei. Dies ist der sogenannte optische digitale Zwilling des Bauteils, der sämtliche geometrischen Informationen des realen Bauteils abbildet. Die danach folgenden Messungen erfolgen berührungslos und virtuell. Das heißt, es entfallen nicht nur Verfahrenswege der Maschine, woraus sich wiederum kürzere Laufzeiten der Einzelmessungen ergeben, sondern dies geschieht auch ohne Antastkräfte.

Formabweichungen werden auch bei Freiformflächen erfasst

Dadurch können auch flexible Materialien wie Silikon und TPE sicher vermessen werden. Das virtuelle Antasten erlaubt es zudem, ohne großen Zeitverlust, Bauteile mit einer Vielzahl an Punkten zu erfassen. „Dieser Vorteil ist von großer Bedeutung, da unter Berücksichtigung von immer komplexer werdenden Geometrien auch Freiformflächen ganzheitlich erfasst und präzise Aussagen zu Formabweichungen getroffen werden können“, sagt Lukas Tautz, Experte im Bereich Messtechnik bei Barlog Plastics.

Im CT wird die Messprobe dazu zunächst auf einer drehbaren Vorrichtung, zwischen einer Röntgenquelle und einem Detektor, platziert. Anschließend werden nun aus allen Raumrichtungen mehrere tausend zweidimensionale Bilder des Bauteils aufgenommen, die wiederum rechnergestützt zu einem 3D-Modell zusammengesetzt werden – dem optischen digitalen Zwilling. Anders als bei den anderen Verfahren werden die Bauteile im CT dabei vollständig durchstrahlt. Somit können hinterschnittige Bereiche sicher gemessen und gezielt Einblicke ins Innere des Bauteils erstellt werden – und dies zerstörungsfrei. Das dient unter andrem der Detektion von Fehlstellen, Lufteinschlüssen, Fremdmaterialien und näheren Untersuchung der Faserverteilung.

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Während die CT bei Kunststoffteilen aufgrund der Möglichkeiten der lückenlosen und parallelen Digitalisierung mehrerer Bauteile inzwischen fast alternativlos geworden ist, gerät sie bei sehr dichten Materialien, vor allem aber bei Multimaterialbauteilen (Kunststoff + Metall) an technische Grenzen. Hierbei kommt es durch die Dichteunterschiede zur sogenannten Artefaktbildung, welche eine saubere Bestimmung der Oberfläche unmöglich macht und somit auch keine Vermessung zulässt.

Keine Materialrestriktionen bei der Streifenlichtprojektion

Die Grafik zeigt, welche Messtechnik für welchen Einsatzzweck geeignet ist.

In diesem Fall kann auf die optische Vermessung mittels Streifenlichtprojektion zurückgegriffen werden. Hierbei wird auf das Prüfobjekt ein streifenförmiges Lichtmuster projiziert, welches, je nach Bauteilkontur, unterschiedlich gekrümmt wird. Diese Krümmung wird nun mittels einer Vielzahl von Aufnahmen von einer Kamera erfasst und mittels Computer wieder zu einer dreidimensionalen Punktewolke rekonstruiert. Im Gegensatz zur CT gibt es bei diesem Verfahren im Grunde keine Einschränkungen hinsichtlich des Materials. Lediglich transparente Bauteile sowie stark reflektierende oder sehr dunkle Flächen müssen zunächst hauchdünn mit einem Kreidespray mattiert werden.

Das Messgerät ist frei beweglich und nicht in einer geschlossenen Messkammer wie beim CT, so dass sich auch sehr große Bauteile mühelos digitalisieren lassen. Einschränkungen erfährt das Verfahren bei sehr komplexen hinterschnittigen Geometrien oder tiefen Bohrungen, da das Sichtfeld der Kamera diese nicht erfassen kann.

Zeitvorteile durch digitalisierende Messtechnik

Sofern es die technischen Anforderungen der Aufgabenstellung erlauben, beide Verfahren zu wählen, bleibt es oft eine rein wirtschaftliche Entscheidung. So können zum Beispiel mehrere kleine Bauteile im CT parallel erfasst werden. Dadurch lassen sich die zunächst höheren Digitalisierungskosten auf mehrere Bauteile umlegen und bieten so bereits ab dem ersten Scan einen Kostenvorteil gegenüber der optischen Vermessung – zum Beispiel im Rahmen von statistischen Auswertungen oder Fähigkeitsanalysen. Gegenüber der taktilen Messung entsteht der Benefit durch das Ausbleiben der Verfahrenswege, was gerade bei umfangreichen Messprogrammen zu langen Laufzeiten führt.

Bei den digitalisierenden Verfahren können diese hingegen in einem Bruchteil der Zeit auf beliebig viele weitere Bauteile übertragen werden, was wiederum kürzere Lieferzeiten möglich macht und, trotz des Aufwandes für das Scannen, die Kosten in einem wirtschaftlichen Bereich hält. Tautz: „Die Technologien und deren Anwendungen entwickeln sich rasant weiter. So ist es zum Beispiel möglich, durch den Einsatz von korrigierender Software, Artefakte bei Mulitmaterialbauteilen im CT zu reduzieren. Daraus können sich weitere Chancen in den Analysen ergeben.“ sk

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