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Mit Klebstoff zu sportlichen Höchstleistungen

Die Welt des Sports ist buchstäblich ständig in Bewegung und entwickelt sich ständig weiter. Um neue Rekorde aufzustellen, müssen Wettkampfgeräte optimiert werden. Das geschieht beispielsweise am Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin. Entwicklungsingenieur André Pokorný erklärt im Interview, warum die Klebtechnik dabei eine unverzichtbare Rolle spielt.
Im Autoklaven werden die geklebten Bauteile eines Fahrradrahmens, zum Beispiel Tretlager und Lenkerhülse, ausgehärtet.

Die Welt des Sports ist buchstäblich ständig in Bewegung und entwickelt sich ständig weiter. Um neue Rekorde aufzustellen, müssen Wettkampfgeräte optimiert werden. Das geschieht beispielsweise am Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin. Entwicklungsingenieur André Pokorný erklärt im Interview, warum die Klebetechnik dabei eine unverzichtbare Rolle spielt.

Wieso ist es wichtig, Sportgeräte zu optimieren?

Pokorny:

Nur Sportgeräte, die optimal auf den Sportler abgestimmt sind, können dabei helfen, Spitzenleistungen zu erreichen. Die körperlichen Grenzen sind zunehmend erreicht, daher kommt es umso mehr auf optimal eingesetzte Materialien an.

Des Weiteren sind ständig andere Rahmenbedingungen gegeben: Neue Materialien bzw. Materialkombinationen und Fertigungstechnologien werden entwickelt, neue Erkenntnisse aus der Trainingswissenschaft kommen hinzu und das Reglement verändert sich ebenfalls.

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Welchen Einfluss hat die Ingenieurwissenschaft auf den sportlichen Erfolg?

Pokorny

: In materialabhängigen Sportarten unter Umständen den Maßgebenden! Bei gleicher physischer Leistungskraft der Sportler entscheidet durchaus auch das Material über die Hundertstelsekunde weniger, die den Sieg ausmachen könnte.

Darum sind die Ingenieure des Instituts FES aus dem Deutschen Hochleistungssport nicht mehr wegzudenken. Sie müssen Ideen und Probleme von Sportlern und Trainern aufgreifen. Diese bringen sie in technische Zusammenhänge und erarbeiten in der zur Verfügung stehenden Zeit innovative und praktikable Lösungen, die dem Leistungssport helfen.

Als Formbauwerkstoff bei der Konstruktion von Fahrradrahmen kommt unter anderem Kohlefaser zum Einsatz.

Was sind grundlegende Entwicklungsschritte bei der Optimierung von Sportgeräten?

Pokorny:

Wir arbeiten eng mit den Sportlern, Trainern und Mechanikern der jeweiligen Spitzenverbände zusammen. Gemeinsam legen wir eine präzise Aufgabenstellung für das jeweilige Projekt fest.

Daraufhin wird ein Konzept erarbeitet, ausgelegt und konstruiert. Anschließend beginnen Bau, Erprobung und Anpassung des Prototyps. Schließlich kann das Sportgerät für den Einsatz im Wettkampf vervielfältigt werden.

Wie viele Mitarbeiter sind daran beteiligt?

Pokorny

: Das variiert von Sportart zu Sportart. An Kernsportarten, wie beispielsweise Bob-, Kanu- oder Radsport sind in der Regel 20 bis 25 Mitarbeiter beteiligt. Bei Randsportarten, wie Eisschnelllauf, Snowboarden oder Segeln reichen meistens schon drei bis fünf aus.

Einige Mitarbeiter aus Entwicklung oder Fertigung arbeiten parallel in verschiedenen Teams, um die jeweiligen Fähigkeiten und Kapazitäten des Personals optimal auszunutzen.

Wie lange dauert die Fertigung eines Sportgeräts?

Pokorny:

Das kommt auf das Gerät an. Die reine Fertigungszeit eines Fahrradrahmens – ohne Entwicklungszeit und Formenbau – dauert circa eine Woche. Ein Bob hingegen wird in drei bis vier Wochen hergestellt.

Bei welchen Sportgeräten verwenden Sie Klebstoffe und welche kommen zum Einsatz?

Pokorny:

Die Klebtechnik ist äußerst wichtig und kommt daher bei nahezu allen Geräten zum Einsatz. Besonders häufig werden 2K-Epoxidharzklebstoffe verwendet. Weitere sind Methylmethacrylat- und Polyurethanklebstoffe.

Was ist die Funktion der Klebstoffe und wie helfen diese bei der Optimierung von Sportgeräten?

Pokorny:

Hightech-Sportgeräte bestehen aus Hightech-Materialien. Das sind in der Regel Verbundwerkstoffe, wie zum Beispiel Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK). Sie setzen sich aus zwei oder mehr Materialien mit jeweils individuellen Eigenschaften zusammen. Genau darin liegt ihr Potenzial: Sie sind leichter, stabiler und korrosionsbeständiger als der „reine“ Werkstoff. CFK etwa ist steifer als Stahl, jedoch fünfmal so leicht.

Andre Pokorny ist am Berliner Institut FES als Entwicklungsingenieur im Bereich Verfahrenstechnik, Werkstoff- und Bauteilprüfung tätig.

Verbundwerkstoffe werden in der Regel geklebt, weil die Klebtechnik nicht die benötigten Materialeigenschaften beeinträchtigt. Schließlich nützt ein leichterer Werkstoff nur, wenn sich auch seine leichten Eigenschaften umfänglich nutzen lassen. Werden beispielsweise, wie beim Schrauben, Löcher hineingebohrt, wird das Material beschädigt und in seiner Festigkeit geschwächt. Um diese „Verletzungen“ auszugleichen, müssten wir den Werkstoff größer dimensionieren, was der Gewichtsreduktion widersprechen würde.

Deshalb sind Klebstoffe für unsere Arbeit unverzichtbar. Sie ermöglichen leichte Sportgeräte. Das ist unter anderem bei Rennrädern besonders wichtig, um das Mindestgewicht von

6,8 Kilogramm einzuhalten.

Zusätzlich bringt die Klebtechnik weitere Vorteile mit sich. So wirken Klebstoffe zum Beispiel schwingungsdämpfend. Das Ergebnis: Vibrationen werden minimiert. Auch das macht sich beim Radfahren bemerkbar: Stöße, die durch Unebenheiten des Fahrbelags bei hoher Geschwindigkeit entstehen, werden abgemildert.

André Pokorný, geboren 1977, hat 2002 seinen Abschluss als Diplom-Ingenieur für Kunststofftechnik an der TH-Wildau absolviert. Seitdem ist er am Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten als Entwicklungsingenieur im Bereich Verfahrenstechnik, Werkstoff- und Bauteilprüfung tätig.

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