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Coronavirus

Langfristige Einbußen in der Autoindustrie

Die Autoindustrie ist einer der größten Abnehmer von technischen Kunststoffen. Doch wie schlimm steht es um sie nach der Coronakrise?
Produktion in der Autoindustrie: Die Nachfrage in Europa wird über Jahre tief bleiben, was zu Überkapazitäten führt.

Die Autoindustrie ist einer der größten Abnehmer von technischen Kunststoffen. Doch wie schlimm steht es um sie nach der Coronakrise?

Noch ist in der Autoindustrie die weltweite Produktion von Fahrzeugen weitestgehend lahmgelegt – so weit, so bekannt. Nun wagen die ersten Branchenexperten Prognosen, welchen Effekt das für die Absatzentwicklung der Branche nach der nach der Coronavirus Pandemie haben könnte. Und die Vorhersagen sind gar nicht ermutigend.

So gibt Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer ein düsteres Bild ab: „Im europäischen Markt sehen wir, dass in jedem Fall ein Absatz von 1,5 Mio. Autos in diesem Jahr verloren geht.“ Dadurch drohe in der deutschen Automobilindustrie der Verlust von 100.000 Arbeitsplätzen. Und mit diesen Prognosen ist Dudenhöffer nicht allein: Die Beratungsagenturen McKinsey und Oliver Wyman kommen zu ähnlichen Ergebnissen.

Laut Dudenhöffer ist der Hauptgrund, dass die Kunden fehlen. Probleme mit Lieferketten seien nur ein Nebenthema. Das Problem ist also der Einbruch der Nachfrage. Dudenhöffer: „Es ist eine sehr schwierige Situation. Die Weltmärkte gehen insgesamt deutlich zurück. Wenn die Weltmärkte zurückgehen, wird man weniger produzieren. Wenn man weniger produziert, hat man Überschusskapazitäten.“

Kapazitätsabbau in der Autoindustrie unausweichlich

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Dudenhöffer geht davon aus, dass es in Europa bis zu zehn Jahre dauern wird, bis die letztjährigen Verkaufszahlen wieder erreicht werden. Daher kämen die Autobauer und Zulieferer am Kapazitätsabbau nicht vorbei. „Wir können mit der momentanen Kapazität nicht in die Zukunft gehen“, so der Autoexperte. „Die Europa-Autonachfrage wird über Jahre tief bleiben.“

Noch düsterer zeichnet die Beratungsagentur Oliver Wyman das Bild: Hier rechnen die Experten für 2020 in der Automobilindustrie mit weltweiten Einbußen in Höhe von 17 bis 29 %. In Europa wird der Absatzzwischen 18 und 36 % zurückgehen, in den USA werden in diesem Jahr zwischen 18 und 35 % weniger Pkw verkauft als noch im Vorjahr heißt es der Oliver Wyman-Studie.

Eine besonders negative Prognose gibt die Unternehmensberatung McKinsey ab. Sie rechnet damit, dass in Europa die Autoverkäufe 2020 um über 5 Mio. Fahrzeuge gegenüber dem Vorjahr zurückgehen. Das wäre ein Einbruch des Marktes um rund 30 %. McKinsey unterstellt dabei, dass die Coronavirus-Pandemie eingedämmt wird und es zu einer langsamen Erholung der Wirtschaft kommt. In den USA bricht der Neuwagenmarkt laut der McKinsey-Studie in diesem Jahr ebenfalls um 30 bis 35 % oder mehr als fünf Millionen Neuwagen ein.

Lichtblick in China

Relativ optimistisch geben sich die Marktexperten mit dem Blick nach China. Erstens, weil in China die erste Welle des Coronavirus vorbei ist. Zweitens ist China kein gesättigter Automarkt. In gesättigten Märkten wie in Europa oder den USA besitzen 1000 Einwohner 500 bis 700 Fahrzeuge. Ein neues Fahrzeug wird nur gekauft, wenn ein altes, gebrauchtes nicht mehr im Markt ist, es geht lediglich um Ersatzbedarf. In China liegt die Fahrzeugdichte bei 100 Fahrzeugen pro 1000 Einwohner, hier besteht daher noch viel Wachstumspotenzial.

Verstaatlichung von Automobilherstellern

Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat schon angekündigt, dass er Teilverstaatlichungen von Unternehmen nicht ausschließt. Es ist sehr gut vorstellbar, dass zuerst bei Automobilzulieferern der Staat als Eigentümer einspringt. Bei den Automobilherstellern sieht es so aus, dass zumindest die deutschen Konzerne noch stabil sind und über gute Liquiditätspolster verfügen. Diese reichen nach Einschätzung von Dudenhöffer ohne Umsatz für vier bis fünf Monate bei VW, Daimler und BMW. Viel gefährdeter seien Unternehmen wie Fiat, Renault oder Jaguar Land Rover.

mg

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