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Management 27. Mai 2019

KI-Systeme zum Optimieren der Geschäftsprozesse nutzen

Viele Unternehmen werden künftig beim Gestalten ihrer Geschäftsprozesse auf künstliche Intelligenz setzen. Damit einher geht ein Change-Management-Bedarf.
Künstliche Intelligenz und Geschäftsprozesse – Florian Weber von der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner gibt einen Überblick zum Thema.
Künstliche Intelligenz und Geschäftsprozesse – Florian Weber von der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner gibt einen Überblick zum Thema.

Viele Unternehmen werden künftig beim Gestalten ihrer Geschäftsprozesse auf künstliche Intelligenz setzen. Damit einher geht ein Change-Management-Bedarf.

Florian Weber von der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner ist Experte für den Bereich Digital Solutions und beschäftigt sich auch mit dem Thema KI.
Florian Weber von der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner ist Experte für den Bereich Digital Solutions und beschäftigt sich auch mit dem Thema KI.

Florian Weber ist Changemanager bei der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner in Bruchsal und dort auch als Experte im Bereich Digital Solutions für die Einbindung künstlicher Intelligenz in laufende Geschäftsprozesse zuständig. In seinem aktuellen Fachartikel gibt er einen Überblick und Tipps zum Thema KI:

Verliebt in KI

Es wirkt verrückt, was der Regisseur Spike Jonze in seinem 2013 produzierten Film „Her“ zum Thema künstliche Intelligenz, kurz KI, erzählt: Theodore Twombly, der Hauptcharakter des Films, verliebt sich in Samantha, ein Betriebssystem auf seinem Rechner, mit dem er via Headset und Videokamera kommuniziert. Samantha ist eine künstliche Intelligenz. Sie lernt über die Interaktion mit Theodore und ihr Verhalten wird immer menschlicher. Am Ende beginnt Theodore sogar eine intime Beziehung mit Samantha.

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Schon klar, wir sprechen hier von einem Film! Doch wie weit sind wir 2019 – ein halbes Jahr nachdem in Japan ein Mann ein Hologramm heiratete – noch von einem solchen Szenario entfernt? Und: Wie intelligent ist heute bereits die künstliche Intelligenz und wie gut kann sie mit uns kommunizieren?

Lernende Maschinen und Systeme

Maschinen lernen im Prinzip ähnlich wie Menschen. So kann ein Computerprogramm bspw. lernen, bestimmte Objekte zu erkennen. Dazu wird es zunächst mit Daten gefüttert und trainiert. Ihm wird zum Beispiel gesagt, welches Objekt ein Pferd ist und welches nicht. Danach erhält das Programm regelmäßig eine Rückmeldung vom Programmierer, ob es die Unterscheidung „Pferd“ bzw. „kein Pferd“ richtig traf. Dieses Feedback nutzt der Algorithmus, um sich selbst so lange zu verbessern, bis er am Ende sicher die Entscheidung „Pferd“ bzw. „kein Pferd“ trifft.

Ein Machine-Learning-System bestehen in der Regel aus drei Komponenten:

  • Aus einem Modell, das Vorhersagen und Identifikationen trifft
  • Aus Parametern, also Signalen oder Faktoren, die vom System genutzt werden, um Entscheidungen zu treffen
  • Aus dem „Lern-Modul“

Das „Lern-Modul“ optimiert die Parameter und somit das Modell, indem es die Unterschiede zwischen der Vorhersage und dem tatsächlichen Ergebnis analysiert, um die Leistung des Gesamtsystems kontinuierlich zu verbessern.

KI in Unternehmen

Insbesondere Dienstleistungsunternehmen wie Banken und Versicherungen investieren heute bereits viel Zeit und Geld in künstliche Intelligenz. Dabei sehen sie den künftigen Nutzen der künstlichen Intelligenz vor allem im Kontakt mit den Kunden. Mit Hilfe der KI sollen die angebotenen Produkte bzw. Leistungen sowie die Kundenansprache individueller gestaltet werden. Dabei werden die Kunden heute jedoch noch meist von persönlichen Kundenberatern bedient; die KI hat sozusagen nur eine Unterstützungsfunktion – auch weil es auf Menschen befremdlich wirkt, sich mit einer Computerstimme zu unterhalten, die unsere natürliche Sprache nicht versteht.

Google stellte jedoch auf der Developer Conference 2018 mit Google Duplex eine Technologie vor, die es ermöglicht, dass KI-Systeme scheinbar echte Gespräche mit Menschen führen – zumindest solche von kurzer Dauer und zu Themen, für die das System zuvor trainiert wurde. Beim Anschauen des Videos, in dem Google Duplex vorgestellt wird, wird schnell klar: Menschen können die Computerstimme nicht von der Stimme eines echten Menschen unterscheiden und das System versteht echte menschliche Sprache und reagiert adäquat hierauf. Es vereinbart zum Beispiel für seinen Nutzer einen Friseurtermin oder bestellt einen Restauranttisch.

Deshalb ist es vorstellbar, dass solche Systeme in Zukunft auch von Unternehmen – nicht nur Banken und Versicherungen – eingesetzt werden, bspw. um telefonisch Bestellungen, Beschwerden oder Schadensmeldungen aufzunehmen und zu bearbeiten. Dabei lernt das System durch das Feedback der Anrufer ständig hinzu.

KI-Einführung erfordert Change Management

Der Einsatz künstlicher Intelligenz bedingt zwangsläufig einen Veränderungsprozess in den Unternehmen. Denn hierbei werden bisher von Menschen verrichtete Arbeiten von Maschinen übernommen; Menschen werden nur noch zu Beginn benötigt, um das System zu trainieren.

Künstliche Intelligenz wird zukünftig auch beim Gestalten von Geschäftsprozessen eine Rolle spielen.
Künstliche Intelligenz wird zukünftig auch beim Gestalten von Geschäftsprozessen eine Rolle spielen.

Damit geht ein Wandel der Unternehmenskultur einher. Allein schon deshalb sollten die betroffenen Mitarbeiter am Einführungsprozess beteiligt sein. Ein Patentrezept hierfür gibt es jedoch (noch) nicht. Umso wichtiger ist es, sich bewusst zu machen, dass die Einführung von künstlicher Intelligenz zwangsläufig ein zielgerichtetes Change Management erfordert. In diesem Prozess steckt aktuell bereits die Finanzbranche.

Die aktuellen bestehenden KI-Systeme können noch keine komplexen (Telefon-)Analysen und Beratungen durchführen. Doch es gibt bereits Systeme, die solche Prozesse unterstützen. Diese sind zwar noch keine KI an sich, doch eine Vorstufe hiervon.

KI-Elemente fließen in den Beratungsprozess ein

Ein solches System kommt auch bei Dr. Kraus und Partner (K&P) im Bereich Change Management zum Einsatz. Aufgrund derer Beratertätigkeit verfügt die Organisation über ein großes Expertenwissen hierzu. Hiervon sollen alle K&P-Berater und -Kunden profitieren. Deshalb speichert K&P das individuelle und kollektive Wissen sowie die gemachten Erfahrungen zum Thema Change in einer Software. Dieses geballte Know-how ist für Kunden jedoch nur insoweit interessant, wie es sich mit ihrem Bedarf deckt. Sie wären überfordert, wenn K&P, bildhaft gesprochen, sein ganzes Wissen einfach auf ihrem Schreibtisch ausschütten und sie damit allein lassen würde – eventuell mit dem Hinweis: „Sie müssen uns ‚einfach‘ nur sagen, was Sie brauchen.“

Deshalb werden den Kunden stattdessen mithilfe des Change-Management-Systems, ausgehend von ihrer Situation, die verschiedenen (Handlungs-)Optionen aufgezeigt. Die Kunden entscheiden dann, welche Option sie wählen. Im nächsten Schritt werden ihnen für die gewählte Option wiederum die verschiedenen Alternativen aufgezeigt, von denen erneut die für sie relevanten Möglichkeiten auswählen. So führt das System die Kunden Schritt für Schritt durch die Kernfragen, die sie sich in ihrer aktuellen Situation stellen sollten. Die Kunden können somit unmittelbar ihr Anliegen bearbeiten, ohne die ganze Welt des Change Managements zu verstehen. Und die K&P-Berater? Sie können besser vorinformiert ins Gespräch mit den Kunden einsteigen.

In seiner aktuellen Version arbeitet das System noch ohne künstliche Intelligenz. Es wird vielmehr kontinuierlich mit dem neuen (Erfahrungs-)Wissen der K&P-Berater gefüllt und weiterentwickelt. Das heißt auch: Systemzweige des Softwareprogramms, die sich als erfolgreich erwiesen haben, werden beibehalten; Zweige hingegen, die weniger zielführend waren, entfernt oder optimiert. Hierin ähnelt die Funktionsweise des Programms der eines KI-Systems.

KI hilft, kundenspezifische Lösungen zu entwerfen

Mit diesem Programm sammelte K&P bislang äußerst positive Erfahrungen. Unabhängig von der Größe eines Projektes hilft es, schnell einen Überblick über das Kunden-Vorhaben bzw. -Anliegen zu bekommen und kundenspezifische Lösungen zu erarbeiten. Entsprechend positiv ist die Resonanz der Kunden. Unter anderem aufgrund dieser Erfahrung ist K&P überzeugt:

  • Der Einsatz von KI – unter anderem im (Kunden-) Beratungsprozess der Unternehmen – wird künftig weiter voranschreiten
  • Sowohl die firmeninternen, als auch -externen Change-Berater müssen sich hierauf einstellen.

Oder anders formuliert: Auch die Beratergilde muss sich für den Einsatz neuer Technologien und Verfahren öffnen, wenn sie die aus dem KI-Einsatz ihrer Kunden resultierenden Veränderungsprozesse begleiten möchte – und zwar unabhängig davon, ob sich diese auf der Ebene der Strategie, der Struktur oder der Kultur eines Unternehmens vollziehen.

Sich bereits jetzt für die Zukunft wappnen

Der aktuelle Entwicklungsstand der KI lässt noch keine abschließenden Anwendungsszenarien zu. Er offenbart jedoch zahlreiche Möglichkeiten, Geschäftsprozesse künftig zu beschleunigen und effizienter zu gestalten. Sich jetzt schon mit den Möglichkeiten und Anforderungen eines Einsatzes KI-gestützter Systeme vertraut zu machen, ist wichtig, um mögliche Einsatzgebiete früh zu identifizieren und deren operativen Einsatz vorzubereiten. Diese strategische Vorbereitung kann darüber entscheiden, welche Player in der immer dynamischer werdenden Unternehmensumwelt künftig zu den Gewinnern zählen und welche aufgrund der technologischen Disruption vom Markt verschwinden werden.

Die Frage, ob wir Menschen uns in Zukunft so gut mit der künstlichen Intelligenz verstehen, dass wir uns wie im Film „Her“ in sie verlieben, bleibt dabei offen. Sicher ist jedoch: Sie wird uns in Zukunft noch intensiver begleiten als sie es heute bereits tut.

Florian Weber / kus

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