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Editorial 20. Juli 2022

Keine Recyclinglüge, aber durchaus Schwachstellen

ARD-Reportage „Die Recyclinglüge“ sorgt für Unmut und Enttäuschung in der Kunststoffbranche, die mit Vollgas in Richtung Kreislaufwirtschaft unterwegs ist.
Günter Kögel, Herausgeber der K-ZEITUNG
Günter Kögel, Herausgeber der K-ZEITUNG

ARD-Reportage „Die Recyclinglüge“ sorgt für Unmut und Enttäuschung in der Kunststoffbranche, die mit Vollgas in Richtung Kreislaufwirtschaft unterwegs ist.

Um den Unmut der Kunststoffbranche nach der Sendung der Reportage „Die Recyclinglüge“ verstehen zu können, zuerst ein Blick zurück:

Die K 2019 war der Wendepunkt der Kunststoffbranche hin zur Kreislaufwirtschaft – vor allem in der Verpackungsbranche, die für einen Großteil des globalen Plastikmülls verantwortlich ist. Standen hier zuvor Kriterien wie Haltbarkeit der Produkte, Barriereeigenschaften, Wandstärken, Optik, Handhabung, Gewicht oder Kosten im Zentrum der Entwicklungen, wird seitdem mit viel Manpower und großen Investitionen daran gearbeitet, eine funktionierende Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen möglich zu machen.

Viele funktionierende Recyclinglösungen wurden übersehen

Die K-ZEITUNG hat in den letzten Jahren mit zahlreichen Beiträgen über neue, funktionierende Lösungen berichtet. Zum Beispiel über leistungsfähige Folien aus PE-Monomaterial, die sich besser recyclen lassen als Multilayerfolien. Oder Anlagen zum Bottle-to-Bottle-Recycling von PET oder inzwischen sogar von HDPE, bei dem aus alten Flaschen neue Flaschen hergestellt werden. Oder neue Möglichkeiten zum Upcycling, bei dem aus Kunststoffabfall höherwertige Produkte entstehen, zum Beispiel Autositzbezüge aus PET-Flaschen.

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"Die Recyclinglüge" mit sehr einseitiger Berichterstattung

Alles Lügen, wie die am 20. Juni 2022 ausgestrahlte ARD-Dokumentation „Die Recyclinglüge“ vermitteln will? Mit Sicherheit nicht. Aber auch wenn man den Verfassern durchaus mangelnde journalistische Sorgfalt oder einseitige Berichterstattung vorwerfen kann, enthält die mit großem Rechercheaufwand erstellte, aber leider sehr stark auf negative Beispiele ausgerichtete Sendung auch viele unschöne Wahrheiten: Die lange Jahre praktizierten und zum Glück inzwischen verbotenen unsäglichen Exporte, bei denen Plastikmüll in Entwicklungsländer verschifft und dort mangels geeigneter Aufbereitungslösungen deponiert oder gar direkt in Flüsse oder ins Meer gekippt wurde. Oder betrügerische Machenschaften, um das Exportverbot zu umgehen.

Kriminelle Machenschaften schnellstens beenden

Hier ist zweifellos Handlungsbedarf. Es gilt, den verbrecherischen Machenschaften beim Umgang mit Plastikmüll schnellstmöglich ein Ende zu bereiten. Gleiches gilt für die Deponierung von Kunststoffabfällen, die als Rohstoff zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes dringend benötigt werden.

Verzicht auf Plastik ist keine Lösung

Klar ist aber auch: Der im Film geforderte Verzicht auf Plastik ist keine Lösung. Eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten gibt es nur mit Kunststoff und nicht ohne.

Günter Kögel

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