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News 4. Juni 2018

Kampf um den Einwegkunststoff

EU-Kommission will zehn Einwegprodukte aus Kunststoff vom Markt nehmen und andere Produkte mit höheren Kosten belegen. Zahlreiche Branchenverbände sehen dies kritisch.

EU-Kommission will zehn Einwegprodukte aus Kunststoff vom Markt nehmen und andere Produkte mit höheren Kosten belegen. Zahlreiche Branchenverbände sehen dies kritisch.

Die europäische Kommission hat Ende Mai eine neue Richtlinie zur Bekämpfung von Meeresmüll vorgelegt. Die Kommission verweist darauf, dass 85 % des gesamten Mülls in den Meeren weltweit aus Kunststoff bestehen. In Europa seien es gut 70 %. Im Visier sind zehn Einwegprodukte aus Kunststoff, die in Europa am häufigsten an den Stränden und in den Meeren auftauchen. Verboten werden sollen demnach Besteck, Teller, Trinkhalme, Kaffee-Rührstäbchen, Wattestäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff.

Hersteller sollen Umweltkosten bezahlen

Für Fischfanggeräte mit Kunststoffanteil ‚ auf die 27 % der gesamten Strandabfälle entfallen, beabsichtigt die Kommission, den bestehenden politischen Rahmen durch Systeme der Herstellerverantwortung zu ergänzen. Einmalprodukte wie Verpackungen, Luftballons und Deckel sollen nicht verboten, sondern zurückgedrängt werden, indem deren Hersteller an den Kosten für Abfallsammlung und Infokampagnen beteiligt werden.

Bestimmte Produkte sollen mit Hinweisen auf die richtige Entsorgung und die möglichen negativen Umweltauswirkungen versehen werden. Weiter enthalten die Vorschläge verpflichtende Zielvorgaben für die Verbrauchsminderung von Lebensmittelverpackungen und Getränkebechern aus Kunststoff sowie für die Sammlung von Einweggetränkeverpackungen. Demnach sollen die Mitgliedsstaaten bis zum Jahr 2025 eine Sammelquote von 90 % erreichen, etwa durch Pfandsysteme.

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Verbände melden sich zu Wort

Dieser Gesetzesvorstoß der EU-Kommission muss allerdings erst noch den Mitgliedsstaaten und dem EU-Parlament und Europa-Rat vorgelegt werden. Und hier melden sich zahlreiche Brachenverbände und Institutionen zu Wort, die bei der komplexen Thematik der Oköbilanzen von Kunststoffprodukten mehr Licht ins Dunkel bringen wollen. Sie fordern noch erhebliche Veränderungen im Gesetzesvorstoß. Einzelne Kunststoffprodukte zu verbieten oder nur unter Auflagen und Einschränkungen zuzulassen, werde dem Problem nicht gerecht.

So fordert der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) die Europäische Kommission auf, zu einer sachgerechten Debatte zurückzukehren. GKV-Hauptgeschäftsführer Dr. Oliver Möllenstädt sieht in dem Vorstoß gar "eine Bevormundung der Verbraucher durch Produktverbote und den schamlosen Griff in deren Portemonnaies". Für den Verband der europäischen Kunststoffverarbeiter (EuPC) steht der Vorstoß gar im Widerspruch zur kürzlich verabschiedeten EU-Kunststoffstrategie und den freiwilligen Selbstverpflichtungen der Industrie. "Auf der einen Seite fordert die Kommission fundierte Ökobilanzen, um die besten Umweltoptionen wirklich zu bewerten, und nun beschränkt oder verbietet sie bestimmte Produkte aus Kunststoffen, ohne zu analysieren, welche Option am nachhaltigsten wäre", beklagt der Verband.

Verbote einzelner Produkte nicht zielführend

In einer Reaktion des Verbands der Kunststofferzeuger in Deutschland, Plastics Europe Deutschland, heißt es, dass weltweite Maßnahmen zur Verbesserung des Kunststoffrecyclings zielführender wären als ein Verbot einzelner Kunststoffe und mithin deren Ersatz durch Alternativen, die häufig eine schädlichere Ökobilanz aufweisen. Etwas anders sieht das European Bioplastics: Der Biokunststoff-Verband kritisiert den EU-Entwurf als vage bei nachhaltigen Alternativen, etwas biobasierten uns bioabbaubaren Kunststoffen. Michael Carus, Geschäftsführer des Nova-Instituts, geht noch einen Schritt weiter.

Er sei ein großer Fan von Kunststoffen, doch das Problem des Marine Littering sei nicht wegzudiskutieren, auch nicht mit dem Hinweis, dass nicht der Kunststoff selbst, sondern das Fehlverhalten von Menschen und fehlende Entsorgungs- und Recylingsysteme in Asien die Verursacher seien. "Kunststoff kann eben doch etwas dafür. Seit Jahren gibt es für Kunststoffprodukte, die man praktisch nicht sammeln und recyclen kann oder deren Aufbereitung viel zu aufwändig ist." Carus beklagt, dass die EU-Kommission in diesen Fällen biologisch abbaubare Kunststoffe nicht pro-aktiv fördert und ihnen nicht endlich ihre Chance am Markt gibt.

Ein ausführlicher Bericht zu der EU-Gesetzesinitiative und den Reaktionen aller wichtigen Branchenverbände findet sich in Ausgabe 11 der K-Zeitung, die am kommenden Freitag (8. Juni 2018) erscheint.

roe/mg

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