Direkt zum Inhalt

Geregelte Wasserverteilsysteme für Energieeinsparung?

Integrierte Temperierlösung von Engel für weniger Ausschuss und eine höhere Energieeffizienz beim Spritzgussprozess.
Engel wird mit den neuen von HB Therm entwickelten Temperiergeräten mit dem Namen e-temp zum Systemanbieter im Bereich Temperierung und kann damit neue Funktionen anbieten.

Integrierte Temperierlösung von Engel für weniger Ausschuss und eine höhere Energieeffizienz beim Spritzgussprozess.

In den letzten zehn Jahren ist die Werkzeugtemperierung zunehmend in den Fokus der Spritzgießer gerückt. Immer öfter kommen Wasserverteilsysteme zum Einsatz, die mit Sensorik für Druck, Durchflussmengen und Temperaturen ausgestattet sind. Eine optimale Ergänzung zu geregelten Wasserverteilern bilden Temperiergeräte mit drehzahlgeregelter Pumpe. Durch deren Integration in die Maschinensteuerung ergeben sich Synergien, die ein einfaches Ermitteln der tatsächlich erforderlichen Durchflussmengen, eine automatische Einstellung der Pumpendrehzahl und dadurch eine deutliche Reduktion des Energieverbrauchs ermöglichen.

Während heute auf modernen Spritzgießanlagen Verfahrbewegungen auf wenige µm genau geregelt werden, bei Zykluszeiten um Hundertstelsekunden gerungen wird und hocheffiziente Antriebssysteme den Energieverbrauch minimieren, wird einem anderen wesentlichen Einflussfaktor häufig zu wenig Beachtung geschenkt: Die Rede ist von der Werkzeugtemperierung. Wie schon vor 30 Jahren wird der Durchfluss in vielen Fällen noch heute über Schwebekörper-Durchflussregler („Wasserorgeln“) eingestellt, wodurch keine wirkliche Überwachung der Temperaturen und Durchflüsse gegeben ist. Dabei kann ein schlecht temperiertes Werkzeug schnell zur Ursache von Ausschuss werden.

In den letzten Jahren zeigte sich jedoch ein Trend in Richtung Überwachung und Regelung der Temperierparameter mittels elektronischen Wasserverteilern. Manuell einstellbare Ausführungen bieten bereits den großen Vorteil der Prozessüberwachung. Gerade im Medizintechnik- und Automobilbereich wird die Dokumentation wichtiger Prozessparameter gefordert. Geregelte Ausführungen sind darüber hinaus in der Lage, die Durchflussmengen konstant zu halten, selbst wenn beispielsweise Druckschwankungen in der Versorgung auftreten. Dazu werden die gewählten Einstellungen gemeinsam mit den Teiledaten gespeichert.

Welche Durchflussmengen sind erforderlich?

Ad

Bei der Ermittlung der richtigen Durchflussmengen sind zwei Ziele anzustreben:

  1. Turbulente Strömung: Diese stellt einen guten Wärmeübergang zwischen Werkzeug und Temperiermedium sicher. Die Turbulenz der Strömung wird durch die Reynoldszahl beschrieben. In ihre Berechnung gehen der Temperierkanaldurchmesser, der Durchfluss sowie die Dichte und Viskosität von Wasser ein.

  1. Gleichmäßige Temperaturverteilung: Durch die Aufnahme oder Abgabe von Wärme ändert sich die Temperatur des Temperiermediums über die Länge des Temperierkanals. Somit stellen sich auch in vorlaufnahen Formnestbereichen andere Wandtemperaturen als in der Nähe des Rücklaufs ein. Dieser Unterschied muss so weit minimiert werden, dass sein Einfluss auf die Bauteilqualität in einem akzeptablen Maß bleibt.

Durch Messung der Medientemperatur im Vor- und Rücklauf eines Temperierkanals kann die Temperaturdifferenz (ΔT) ermittelt werden. Sie ist ein Maß für die Gleichmäßigkeit der Temperaturverteilung im Werkzeug und somit im Gegensatz zur Durchflussmenge ein wichtiger Qualitätsparameter. Aus der Literatur sind Richtwerte für empfohlene maximale Temperatur-differenzen bekannt. Geregelte Wasserverteilsysteme wie Engel E-Flomo bieten die Möglichkeit, wahlweise die Durchflussmenge oder die Temperaturdifferenz für jeden Kreis separat zu regeln. Der Vorteil der ΔT-Regelung ist, dass sich die individuell benötigte Durchfluss-menge für jeden Temperierkreis automatisch einstellt. Die Temperaturdifferenz ist eine universelle Größe – es können sowohl für kleine als auch für große Werkzeuge die gleichen Einstellwerte gewählt werden. Die Sensorik muss möglichst werkzeugnah platziert sein, um die tatsächlich im Werkzeug entstandene Temperaturdifferenz des Wassers ohne dessen Abkühlung in langen Schläuchen zu messen. Die Temperaturdifferenzmessung im Temperiergerät ist aus diesem Grund nur bedingt aussagekräftig. Es empfiehlt sich die Messung in einem Wasserverteiler, der möglichst nahe am Werkzeug montiert ist.

Simulierte Wärmeverteilung in einem Werkzeug mit zwei Kavitäten und drei Temperierkanälen. Die Pfeilrichtung gibt die Fließrichtung des Temperiermediums an, die Pfeillänge repräsentiert die Durch-flussmenge.

Im Bild (links) a bis c ist zu sehen, dass sich das Wasser entlang seiner Fließrichtung erwärmt, dementsprechend steigt auch die Temperatur im Werkzeug. Dieser Effekt verringert sich mit steigender Durchflussmenge.

  1. a) Parallelschaltung der drei Temperierkreise bei gleichen Durchflussmengen:

Die gängige Annahme, dass identisch eingestellte Durchflussmengen für gleiche Verhältnisse sorgen, ist hier falsch. Das Wasser wird im mittleren Temperierkanal stärker als in den beiden äußeren Kanälen erwärmt, da es Wärme aus beiden Kavitäten aufnimmt. Die Bauteile in den beiden Kavitäten sind daher in Richtung Werkzeugmitte wärmer als in Richtung des linken und rechten Werkzeugrands.

  1. b) Parallelschaltung der drei Temperierkreise bei gleichen Temperaturdifferenzen:

Die Durchflussmenge im mittleren Kanal wird automatisch verdoppelt, es erfolgt eine bedarfsgerechte Wärmeabfuhr. Beide Formnester sind damit gleichmäßiger temperiert.

  1. c) Serienschaltung der drei Temperierkreise:

Die Medientemperatur am Eingang zum zweiten und dritten Kanal entspricht jeweils der Ausgangstemperatur aus dem vorigen Kanal. Es entstehen unterschiedliche Temperaturen rund um die Formnester. Die Temperaturverteilung ist ungleichmäßiger als bei der Parallelschaltung. Dieser Effekt lässt sich nur durch eine Erhöhung der Durchflussmenge reduzieren.

Miteinander statt gegeneinander

Für eine bedarfsgerechte Medienverteilung in den einzelnen Kreisen müssen die Durchflussmengen im Verteiler individuell gedrosselt werden. Gleichzeitig läuft die Pumpe des Temperiergeräts auf Nenndrehzahl. Sie arbeitet also gegen den Widerstand des Wasserverteilers. Das „Bremsen“ des Durchflusses verursacht in diesen Fällen Energieverluste. Eine analoge Situation wäre gegeben, wenn man bei einer Autofahrt bei Vollgas die Geschwindigkeit mit dem Bremspedal regeln würde. Abhilfe und damit eine erhebliche Energieeinsparung verschafft die Verwendung von Temperiergeräten mit drehzahlgeregelter Pumpe und eine auf den Wasserverteiler abgestimmte Ansteuerung der Pumpe durch die Spritzgießmaschine.

Temperiergeräte mit drehzahlgeregelten Pumpen sind seit einigen Jahren am Markt erhältlich. Die Einstellung einer Drehzahl ist für den Bediener jedoch schwierig. Hilfsmittel werden z.B. mit einer Durchflussvorgabe oder einer Temperaturdifferenzvorgabe angeboten. Wird am Temperiergerät eine Temperaturdifferenz geregelt, hat man wie oben beschrieben den Nachteil der langen Schläuche bis zum Werkzeug und der dadurch erhöhten Wärmeverluste. Man misst somit nur bedingt prozessrelevante Temperaturdifferenzen. Bei Verwendung eines nachgeschalteten Wasserverteilers macht eine Temperaturdifferenzregelung im Temperiergerät wenig Sinn, da hier eine Mischtemperatur aller Verteilerkreise geregelt wird. Diese hat keine Aussagekraft über die Temperaturverhältnisse in den einzelnen Werkzeugkreisen.

Der Vorteil der Temperierlösung von Engel, bestehend aus dem Temperierwasserverteiler E-Flomo und dem Temperiergerät E-Temp, ist die Möglichkeit, das Zusammenspiel beider Komponenten automatisch zu optimieren. Dies erfolgt durch die Software iQ Flow Control. Wird der Verteiler in einer der Betriebsarten Durchfluss- oder Temperaturdifferenzregelung betrieben, regelt die Spritzgießmaschinensteuerung die Pumpendrehzahl automatisch auf den minimal erforderlichen Wert. Der Clou dieser Optimierung ist die Reduktion des hydraulischen Widerstands im Verteiler. Die Ventile werden so weit als möglich geöffnet, während gleichzeitig die Drehzahl reduziert wird. Die Durchflüsse in den Werkzeugkreisen bleiben durch die intelligente Regelung jedoch unverändert. Die Drehzahlreduktion der Pumpe führt zu einem reduzierten Energieverbrauch.

Die Temperiergeräte haben in der Regel einen erheblichen Anteil am Gesamtenergieverbrauch der Spritzgießanlage. Dies resultiert meist nicht aus der erforderlichen Heizleistung, die ja im unteren Temperaturbereich (70 bis 80 °C) hauptsächlich bei Produktionsstart benötigt wird, sondern aus der Leistungsaufnahme der Pumpe, die bei konventionellen Geräten mit konstant hoher Drehzahl läuft.

Beispielhaft wurde der Energieverbrauch einer Spritzgieß-Produktionszelle gemessen. Auf einer vollelektrischen Engel E-Motion 170/80 TL Spritzgießmaschine mit zwei integrierten Temperiergeräten vom Typ E-Temp H8-100 wurden mit einem Schussgewicht von jeweils 7,1 g Musterteile aus ABS gefertigt. Die Zykluszeit lag bei 10 s. Die Vorlauftemperaturen betrugen 50 °C. Im Normalbetrieb – mit ausgeschalteter Drehzahlregelung – betrug der Energieverbrauch der Temperiergeräte 37 % des Gesamtenergieverbrauchs der Anlage. Das Aktivieren von iQ Flow Control führte zu einer Reduktion der Temperiergeräte-Energieaufnahme um etwa die Hälfte, ohne dass sich der Durchfluss dabei geändert hat. Für die gesamte Anlage bedeutete dies eine Energieeinsparung von 20 % bei gleichbleibenden Produktionsbedingungen.

Temperiergerät und Wasserverteiler im Duett

Energieverbrauchs-Anteile der Anlagenkomponenten gemessen an einer Engel e-motion 170/80 TL. Durch die automatische Drehzahlregelung konnte der Gesamtenergieverbrauch der Spritzgießzelle um 20 % reduziert werden.

Die Tortengraifk zeigt die gemessene Pumpenleistung für die Temperierung zweier Temperierkreise mit unterschiedlichem Druckverlust, jeweils für Einzelkreisbetrieb, Serien- und Parallelschaltung.

  • Die Einzelkreisverschlauchung benötigt in Summe die geringste Pumpenleistung. Da-für ist jedoch für jeden Kreis ein eigenes Temperiergerät erforderlich.
  • Die Parallelschaltung benötigt nur geringfügig mehr Pumpenleistung, hierbei kann je-doch durch die Verwendung des Wasserverteilers ein Temperiergerät eingespart werden.
  • Um bei der Serienschaltung die gewünschte Temperaturdifferenz von 3 °C zu erreichen, ist ein doppelt so hoher Durchfluss erforderlich, da nun Wärme aus den beiden Temperierkanälen mit nur einer Versorgung abgeführt werden muss. Aufgrund des höheren erforderlichen Durchflusses und des längeren Weges, den das Medium zurücklegen muss, ergibt sich ein deutlich höherer Druckverlust. Die Energieaufnahme des Temperiergeräts ist mehr als doppelt so hoch als bei der Parallelschaltung.

Blick aufs Ganze

Temperiergerät und Wasserverteiler verschmelzen zu einem Temperiersystem. Die logische Konsequenz daraus ist die Bedienung und Darstellung der Istwerte in einer Gesamtübersicht. Das erleichtert dem Praktiker die Arbeit bei der Einstellung, Überwachung und Fehlersuche. Rechts auf der Übersichtsseite sind die Komponenten, die der festen Aufspannplatte zugeordnet sind, dargestellt, links jene der beweglichen Aufspannplatte. Die zugehörigen Temperiergeräte befinden sich unterhalb der Verteiler. Temperierkreise, Verteiler und Temperiergeräte können hier ein- und ausgeschaltet werden. Die wichtigsten Istwerte werden dargestellt, Sollwerte können direkt eingegeben werden. Lösen einzelne Komponenten Alarme aus, so sind diese ebenfalls auf einen Blick zu sehen.

Ausblick

Auf der K 2016 hat Engel die neue Temperierlösung zum ersten Mal präsentiert. Die Temperiergeräte E-Temp mit drehzahlgeregelter Pumpe wurden gemeinsam mit HB-Therm entwickelt. Sie werden über OPC UA in die CC300-Steuerung der mit E Flomo ausgestatteten Engel-Spritzgießmaschinen integriert.

Die e-temp Temperiergeräte von HB Therm werden über OPC UA in die CC300-Steuerung der Engel-Spritzießmaschine integriert. OPC UA setzt sich als Kommunikationsstandard für die smart factory der Zukunft immer stärker durch.

In der Kunststoffindustrie setzt sich OPC UA (Open Platform Communication Unified Architecture) für die Kommunikation zwischen vernetzten Spritzgießmaschinen, Peripheriegeräten, Sensoren und Anwendungen immer stärker durch. Das industrielle Kommunikationsmodell ermöglicht die plattformunabhängige, leistungsstarke, sichere und flexible Verständigung sowohl innerhalb der Shopfloor-Ebene als auch mit übergeordneten Leitsystemen, wie MES und ERP. Die OPC UA-Integration ist ein wichtiger Baustein der inject 4.0-Plattform von Engel und manifestiert sich zudem in den Gremien des Dachverbands der europäischen Kunststoff- und Gummimaschinenbauer Euromap, die sich in ihren Empfehlungen für den Datenaustausch über OPC UA aussprechen.

Für die Integration von Temperiergeräten hat Engel nun gemeinsam mit HB Therm – auf-bauend auf den vollen Funktionsumfang von OPC UA – ein Kommunikationsmodell definiert. Zukünftig möchte der Spritzgießmaschinenbauer dieses weiteren Temperiergeräteherstellern anbieten.

sl

Passend zu diesem Artikel

Energieeinsparung dank neuem System
Auf der diesjährigen Fakuma legt die IFW Mould Tec GmbH den Fokus auf die Verarbeitung von Hochtemperaturwerkstoffen. Es ist dem Unternehmen gelungen, das bestehende Werkzeugsystem für Hochtemperaturwerkstoffe grundlegend weiterzuentwickeln.